EM auf allen Kanälen

Am Thema Fußball führt in den kommenden Wochen kein Weg vorbei. Die EM wird zum Katalysator für Medien, Marken, Händler und – so die Hoffnung – auch die Stimmung und die Konjunktur im Land. Kann sein, muss aber nicht.
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Die Heim-EM steht an und lässt die Euphoriekurve steigen. (© DFB)

Nun also auch noch der öffentliche Raum. Die Marketingmaschinerie der Fußball-Heim-EM nimmt eine gute Woche vor Turnierbeginn richtig Fahrt auf. Nach dem ersten Anstoß am kommenden Freitag wird das Land allem Anschein nach in eine riesige Fußball-Blase eingehüllt und erst einen Monat später wieder freigegeben.

Damit wirklich niemand ein Tor verpassen muss, haben die Telekom und der Außenwerbevermarkter Ströer am Montag angekündigt, jeden EM-Treffer mit maximal drei Minuten Verzug (also quasi live) und in vierfacher Wiederholungsschleife auf mehr als 5500 Video-Screens quer durch die Republik zu zeigen. Bei der vergangenen EM wurden 142 Tore erzielt. Mal vier macht das 568. 

Buhlen um öffentliche Wahrnehmung

Die Telekom hat mit ihrem Streaming-Kanal MagentaTV erstmals die Übertragungsrechte aller Spiele einer Europameisterschaft ergattert, zeigt die 51 Spiele auf seinem Portal und steht dennoch im harten Wettbewerb mit der Konkurrenz aus Öffentlich-Rechtlichen, RTL und weiteren privaten Kanälen. Daher ist es nachvollziehbar, dass der Konzern seine Möglichkeiten der Bilderverwertung maximal ausschöpft, um am großen Rad der öffentlichen Wahrnehmung zu drehen. 

Doch man muss nicht Exklusivvermarkter oder Großsponsor sein, um am Mega-Event zu partizipieren. Schon im Kleinen ist am runden Leder längst kein Vorbeikommen mehr. Auch hier geht es vor allem um die Aufmerksamkeit der Konsument*innen.

Nehmen wir den Point of Sale, wo das Lizenzgeschäft von Marken in Schwarz-Rot-Gold dieser Tage floriert. Die Supermarktkette Edeka hat sich mit Playmobil verbündet und bietet kleine Spielfiguren der deutschen Nationalkicker an. Coca-Cola bedruckt limitierte Dosen mit den Konterfeis von Kroos, Füllkrug & Co., bei den Ferrero-Marken Hanuta und Duplo sind sie wieder als Sticker zu haben.

Milliardengeschäft vor und während des Turniers

Auch der Handel schwenkt in den Turniermodus ein: Die deutschen Einzelhändler rechnen laut einer vom Handelsverband Deutschland (HDE) beauftragten Studie während der EM mit zusätzlichen Umsätzen in Höhe von 3,8 Milliarden Euro. Besonders gefragt sind demnach neben Lebensmitteln Fanartikel. Fast jede*r dritte Befragte interessiert sich für Fanartikel wie Schals, Fahnen und Dekoartikel. Beliebt sind auch Sportartikel sowie Produkte aus dem Bereich Wohnen und Garten, Spielwaren und Elektronik. 60 Prozent der Befragten planen Einkäufe in Höhe von 51 bis 200 Euro, jeder Fünfte sogar mehr.  

Das alles zeigt: Medien, Marken und Händler investieren Millionen, mit dem Ziel, Milliarden zu verdienen. Damit gehen sie eine Wette mit hohem Risiko ein. Niemand vermag heute zu sagen, ob wir ein neues Sommermärchen erleben. Durch kluges Marketing und geschicktes Timing könnten kleine wie große Unternehmen am Erfolg des Events teilhaben. Zwei Dinge, die am Ende maßgeblich darüber mitentscheiden, liegen jedoch außerhalb ihres Einflusses: Dafür geht der (bange) Blick auf den grünen Rasen und gen Himmel.

Stimmt beides, steht der Party nichts mehr im Weg. Und die Kasse klingelt.

(tht, Jahrgang 1980) ist seit 2019 Redakteur bei der absatzwirtschaft. Davor war er zehn Jahre lang Politik- bzw. Wirtschaftsredakteur bei der Stuttgarter Zeitung. Der Familienvater hat eine Leidenschaft für Krimis aller Art, vom Tatort über den True-Crime-Podcast bis zum Pokalfinale.