Für die Studie „What Do Mature Consumers Want“ der Unternehmensberatung A.T. Kearney wurden 3 000 Personen über 60 Jahre in 23 Ländern nach ihren Wünschen und Ansprüchen an Einzelhandel und Konsumgüterhersteller befragt. Die Zielgruppe der Älteren steht für ein Marktsegment, in dem im Jahr 2010 weltweit ein Umsatz von knapp sechs Billionen Euro erzielt wurde. Bis zum Ende des Jahrzehnts wird ihre Kaufkraft auf elf Billionen Euro jährlich anwachsen. Schon im Jahr 1998 war in den Industrienationen der G7 die Gruppe der über 60-Jährigen erstmals größer als die der unter 15-Jährigen. Nach aktuellen Prognosen zur weltweiten demografischen Entwicklung wird es in fünf Jahren mehr Menschen über 60 als unter fünf Jahren geben und in 30 Jahren mehr Menschen über 60 als unter 16.
„Für uns war es sehr erstaunlich zu sehen, was für ein enormes Potenzial mit der Zielgruppe ‚ältere Verbraucher‘ brach liegt“, sagt Mirko Warschun, Partner bei A.T. Kearney und Leiter des Beratungsbereiches Konsumgüterindustrie und Handel in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Er nennt ein weiteres interessantes Detail: „Vor allem die über 80-Jährigen vertrauen mehr auf bekannte Marken und kaufen weniger Produkte, die besonders preisgünstig oder umweltfreundlich sind. Die Befragten über 80 Jahren zeigen zudem ein sehr ausgeprägtes Interesse an altersgerechten Produkten und Einkaufsmöglichkeiten. Für Unternehmen wird es höchste Zeit, auf diesen kulturellen und demografischen Wandel zu reagieren.“ In den letzten 60 Jahren waren Marketing- und Werbestrategien sowie weite Teile der Alltagskultur stark vom Jugendkult geprägt – heißt es in der Studie. Das Wesen und das Image des Älterwerdens veränderten sich jedoch, denn heute seien die Menschen bis weit in das siebte oder achte Lebensjahrzehnt aktiv und gesund – und damit sehr aktive Konsumenten. Sie wollten nicht wie Senioren behandelt werden.
Die Umfrageergebnisse belegen, dass sich das Einkaufsverhalten älterer Kunden von dem der jüngeren deutlich unterscheidet. Während die meisten Einzelhändler günstige Preise und eine schnelle Bedienung als kaufentscheidend ansehen, legen ältere Kunden weniger Wert auf niedrige Preise und mehr Wert auf die Qualität der Produkte und Dienstleistungen. In der Vergangenheit war das zentrale Ziel für den modernen Einzelhandel die Verbesserung der Effizienz für den Käufer. Größere Märkte außerhalb der Stadtzentren, große Parkplätze und kurze Warteschlangen – all das zielt auf den schnellen Einkauf größerer Mengen ab. Die älteren Kunden dagegen, die mittlerweile bis zu 30 Prozent der Kaufkraft repräsentieren, sind durchaus bereit, auch mehr Zeit beim Einkaufen zu verbringen. So sehen ältere Verbraucher das Einkaufen nicht nur als Notwendigkeit an, sondern auch als soziales Erlebnis und Freizeitbeschäftigung. Zwei Drittel der 70- bis 80-Jährigen gaben an, zwei Mal oder häufiger pro Woche einzukaufen. Dazu sind sie zu unterschiedlichen Zeiten unterwegs, vorzugsweise unter der Woche und vergleichsweise früh am Morgen, wenn in den Geschäften weniger los ist.
Je älter die Verbraucher sind, desto lieber kaufen sie in kleineren Geschäften ein, die in der Nachbarschaft liegen und gehen zu Fuß anstatt zu fahren oder gefahren zu werden. Die Umfrage zeigt auch, dass unter den älteren Verbrauchern auch die Nutzung von Mobiltelefonen und Internet bereits weit verbreitet ist. So verfügen 69 Prozent der Befragten sowohl über ein Festnetz- als auch Mobiltelefon. 22 Prozent nutzen nur ein Festnetz-Telefon und elf Prozent nur ein Handy. Die Nutzung von Mobiltelefonen sinkt zwar mit zunehmendem Alter, dennoch gab die Hälfte der Befragten über 80 Jahre an, ein Mobiltelefon zu benutzen, bei den 60- bis 64-Jährigen sind es 87 Prozent. 68 Prozent der 60- bis 64-Jährigen gaben an, regelmäßig online zu sein, bei der Gruppe der über 80-Jährigen sind es 19 Prozent. Davon kaufen 49 Prozent (60- bis 64-Jährige), 41 Prozent (65- bis 79-Jährigen) bzw. 29 Prozent (80+) auch online ein.
„Der Einzelhandel sollte den Wandel in der Altersstruktur bei der Planung von Ladengeschäften und Einzelhandelsmärkten berücksichtigen“, sagt Warschun. Ältere Menschen wünschten eine persönliche Bedienung durch freundliche und auskunftsfreudige Mitarbeiter und ein klar strukturiertes und übersichtliches Produktsortiment mit hoher Qualität. Nicht beliebt seien eine ausufernde Auswahl preisgünstiger Produkte in mittlerer Preislage oder Mengenrabatt für Großpackungen. Eine sinnvolle Reaktion der Hersteller auf den wachsenden Anteil älterer Menschen ist laut Studie auch ein weit reichendes Umdenken beim Produktdesign – besonders im Hinblick auf Etikettierung. Denn über die Hälfte der Befragten 60- bis 80-Jährigen gab an, Etiketten nicht immer genau lesen zu können. Ältere Kunden nehmen sich aber mehr Zeit, um sich während des Einkaufs etwa über die Inhaltsstoffe von Lebensmitteln zu informieren. Daher benötigen sie gut lesbare Informationen. Vor allem müssten die Hersteller in Zukunft eng mit dem Einzelhandel zusammenarbeiten, wenn sie eine strategische Neuausrichtung auf die Zielgruppe der Älteren erreichen wollen.
Die vollständige Studie steht zum Download im Internet zur Verfügung.