Die Studie „Brands ahead“ zur Zukunftsfähigkeit der Marke von Grey Germany und TNS Infratest mit Unterstützung des Deutschen Marketing Verbandes kommt zur richtigen Zeit. Sie langweilt an keiner Stelle mit überflüssigen Fakten oder lenkt mit dem leider sonst so häufig verwendeten, abstrakten Marketinggeschwurbel ab.
Im Gegenteil: Diese Studie fasst kompakt zusammen, was uns Marketing- und Werbemenschen derzeit umtreibt: die Frage, wie wir unsere Kunden und ihre Marken heute und in Zukunft durch die teilweise ganz neuen Herangehensweisen und Herausforderungen der Marketingstrategien führen können.
Mir stellt sich laufend die Frage, ob wir das, was uns in der Fachpresse, den sozialen Medien und den Award-Shows der Szene verordnet wird, auch wirklich umsetzen müssen, ohne es weiter zu hinterfragen.
Individuelle Strategien entwickeln
Fakt ist, dass man sich natürlich mit den digitalen Medien, Kanälen, Ansprüchen und vor allem Zielgruppen beschäftigen muss. Und zwar immer gemeinsam mit dem Kunden. Der intensive Dialog, der absolut offene Austausch und die Überprüfung bestehender und ganz neu zu entwickelnder Strategien sind der richtige Weg. Als Dienstleister der Kommunikation sorgt man dafür, dass Kunden einem vertrauen, und das muss man sich zunächst verdienen. Man fällt auf die Nase, wenn man mit zu abstrakten, überteuerten Multichannel-Konzepten daherkommt, die das Gegenüber eher verwirren als inspirieren.
Wer den Auftrag haben will, muss mit klaren Inhalten und haltbaren Botschaften agieren. Nur so sorgt man dafür, dass die Marke erkennbar, erfahrbar und erlebbar ist. Und da die Zielgruppen heute grundsätzlich informierter, kritischer und anspruchsvoller sind, muss die Kommunikation daraufhin angepasst werden: Transparenz, Dialog, Beziehung sind hier die Schlüsselbegriffe.
Digital Overload
Es ist eminent wichtig, dass der Mix passt – klassische Kanäle mit neuen Wegen abstimmen, verknüpfen und nicht blind mitmachen, ohne zu wissen, wohin die Reise gehen könnte. Dabei muss die Kernbotschaft zur Markenstärkung auch auf allen Ebenen durchdekliniert werden. Und ebendiese Kanäle müssen wohlüberlegt ausgewählt werden. Denn nicht jeder passt zur Marke. Das bedeutet: das Medienkonsumverhalten der gewünschten Zielgruppe analysieren, Kundenbefragungen durchführen, die passenden Medien auswählen und vor allem beobachten. Das ist Handwerkszeug, was bei der Reichweite der digitalen Medien noch wichtiger geworden ist. Die Informationen gelangen zwar sehr schnell an die Zielgruppe, verpuffen aber genauso schnell. Wie heißt es in der Studie? Dialogqualität ist wichtiger als die Vielfalt der Dialogplattform.
Nur eine konsequente Markenführung auf klassischem und digitalem Weg bietet die Chance, eine bekannte Marke noch begehrter zu machen. Das Markenversprechen muss immer und überall erkennbar sein. Als Konsument muss ich es überall erfahren und erleben können, egal welche Medien oder Kanäle ich nutze. Auf lange Sicht hilft es nicht, nur einen einzigen guten viralen Spot zu machen oder eine aufmerksamkeitsstarke Facebook-Aktion zu fahren. In der Kommunikation müssen wir klarmachen, was das Unternehmen kann. Die faktische Überlegenheit gegenüber dem Wettbewerber (Brand Contest) ist gut, aber wir müssen auch wissen, was unsere Zielgruppe wissen will (Brand Content). Das bedeutet in der Praxis: aus der Gesamtheit der Marketingaktivitäten die wesentlichen zur richtigen Zeit einsetzen (Brand Context). Hier gibt die Studie erfreulicherweise Hinweise für eine angemessene und zielführende Vorgehensweise.
Reduktion als Strategie
Die Komplexität der vielen Möglichkeiten muss individuell aufgeschlüsselt und auf zielführende und vor allem machbare Strategien reduziert werden. Denn aus Erfahrung ist zu berichten, dass Kunden manchmal richtiggehend verschreckt sind, wenn es darum geht, an eine neue Kommunikationsstrategie heranzugehen. Einem mittelständischen Zulieferer nur mit digitaler Transformation, Benefit Letters, Brand Belief, Vision und Mission zu kommen, funktioniert nicht. Das Erklären, Herunterbrechen, Analysieren und Erforschen der individuellen Möglichkeiten klappt besser.
Die in der Studie aufgeführten ersten fünf Kerntreiber für die Zukunftsfähigkeit einer Marke sind Vertrauen/ Verlässlichkeit, Kundenorientierung, Relevanz, Leistungsversprechen und Haltung. Dabei ist die Erkenntnis der Studie zu beachten, dass diese klassischen Treiber nicht unveränderbar sind. Hier bedarf es in der Tat einer kontinuierlichen Anpassung oder Neuausrichtung. Allerdings sollten unnötig komplizierte und aufwendige Prozesse vermieden werden, die mit pseudowissenschaftlichen Methoden und großen Kosten verbunden sind. Warum nicht einfach und wesentlich an den Kunden herangehen? Die Frage ist doch, was der Kunde braucht und welche Anforderungen er hat. Damit hat man eine gute Basis für das geschaffen, was man als Kommunikationsdienstleister schaffen will: die Identität des Unternehmens stärken, das Image schärfen, kreative Ideen erzeugen, verkaufsfördernde Impulse kreieren und Kundenbeziehungen vitalisieren. Das ist immer ein gemeinsamer Prozess, denn der Kunde wird dabei nicht nur eingebunden, sondern auch laufend informiert, warum dies oder das nun gemacht wird.
Die Studie „Brands ahead“ ist auf den Punkt gebracht, auch wenn man nur die Big Player als Beispiele herangeholt hat. Die Message gilt aber trotzdem auch für die, die für den Mittelstand arbeiten: Denn die Komplexität der Marketingmöglichkeiten steigt und steigt. Man muss allerdings nicht jedes Tool sofort einbauen. Aber alle Möglichkeiten gut kennen heißt, aus der Fülle auf das Wesentliche konzentrieren. Denn am Ende des Tages gilt: Zukunftsfähigkeit beweist ein Unternehmen nur, wenn es verlässlich für dieselben Werte eintritt, das schafft Vertrauen.
Hier finden Sie weitere Informationen zur Studie: http://www.tns-infratest.com/Presse
Über den Autor: Claus Peter Claudy ist Geschäftsführer der CPC-Werbeberatung und Sprecher des Beirats des Deutschen Marketing Verbands.