Sie haben mitten im Lockdown eine Stelle als internationale Marketingleiterin angetreten. Wie fühlt sich das an?
DANIELA RÖMGENS: Es ist kaum möglich, Menschen über die fachliche Ebene hinaus kennenzulernen, da fehlt mir das Zwischenmenschliche. Etwa zwei Tage in der Woche bin ich in der Zentrale in Oberderdingen, ansonsten im Homeoffice. Aber immerhin gehöre ich mit Startdatum 1. Dezember 2020 zur zweiten Lockdown-Generation, die schon vorbereitet war auf die Welt von Zoom und MS Teams.
Sie wollen, wie Sie gesagt haben, Blanco „in allen Märkten zur Nummer eins am Wasserplatz machen“. Ganz schön ambitioniert.
Es geht dabei insbesondere um unsere Kernmärkte: Europa, Russland und Nordamerika, auch das Asien-Geschäft wird ausgebaut. Wir formulieren mit dem Wasserplatz ein Angebot an den Handel, das in seiner Klarheit einzigartig ist.
Den Ausdruck Wasserplatz kennt der Duden nicht. Was ist gemeint?
Die zentrale Einheit in der Küche: Spüle, Armatur und Abfallsystem. Man kann das getrennt voneinander kaufen, so wie man auch ein Messer, eine Gabel und einen Löffel separat erwerben kann. Der Mensch tickt aber so, dass er lieber das Besteck im Set kauft, weil er weiß, dass es dann perfekt zusammenpasst. Genau das bieten wir mit ganzheitlichen Lösungen für den perfekt auf die Bedürfnisse des Nutzers konfigurierten Wasserplatz. Und es ist doch so: Wenn der Wasserplatz manierlich ist, sieht die ganze Küche gut aus.
Die Konkurrenz ist groß: von Spezialisten wie Schock bis zu Konzernen wie Franke und Grohe.
Ja, das stimmt, aber wenn Sie heute ins Küchenstudio gehen, sucht der Berater mit Ihnen erst die Spüle aus, dann die Armatur und dann das Abfallsystem. Sie können hoffen, dass alle Teile miteinander harmonieren, aber Sie können es nicht wirklich wissen. Bei unseren Systemlösungen für den Wasserplatz ist alles aufeinander abgestimmt – hinsichtlich Gestaltung, Funktion, Material und Technik. Das ist ein Alleinstellungsmerkmal.
Wie bekannt ist Blanco eigentlich in Deutschland?
Im Handel liegt die Markenbekanntheit bei fast 100 Prozent, bei Konsumenten in der Kaufphase bei 35 Prozent. Ich vergleiche Blanco immer mit einer ungeküssten Prinzessin. Wenn ich in meinem Bekanntenkreis erzähle, dass ich bei Blanco angefangen habe, behaupten viele, die Marke nicht zu kennen. Wenn ich dann sage, guck‘ mal in deine Küche, kommen sie zurück und sagen, stimmt, meine Spüle ist ja von Blanco, ich bin total happy mit ihr.
Es fehlt also an Markenbewusstsein?
Positiv formuliert: Das ist ein Schatz, den man heben kann. Und definitiv besser als die Reaktion: Blanco? Bei denen hab‘ ich mich gestern noch beschwert.
Wofür steht die Marke heute?
Für wahnsinnige Zuverlässigkeit. Da verschwimmen Marken- und Unternehmenswerte. Wenn das passiert, muss man aufpassen, dass die Emotionalität nicht leidet. Hier sehe ich noch Potenzial: mehr Lebendigkeit, mehr Lebensfreude. An der Prinzessin ist nichts falsch, aber etwas mehr Puls wäre schön.
Sie waren zuvor beim Wasserfilter-Spezialisten Brita. Inwieweit können Sie Erfahrungen von dort bei Blanco einbringen?
Bei beiden Marken spielt Wasser eine zentrale Rolle: ein kulturübergreifendes Thema, das emotional – in manchen Ländern sogar spirituell – besetzt ist. Gleichzeitig gibt es eine starke rationale Komponente: Jeder Mensch will sicheres Wasser. Es geht also immer darum herauszufinden, was Menschen in der Küche mit ihrem Wasser tun. Ich weiß also nicht nur eine ganze Menge über die Materie Wasser per se, sondern auch über die Erwartungen der Konsumenten.
Man hört häufig, dass Verbraucher für Luxus im Bad mehr Geld auszugeben bereit sind als in der Küche. Ist das auch Ihre Einschätzung?
Ich sehe das nicht so. Die Küche ist den Menschen sehr wichtig, sie investieren in hochwertige Kaffeemaschinen, Messer oder Mixer. Warum sollten sie sich nicht auch mal eine innovative Silgranit-Spüle oder eine multifunktionale Blanco-Armatur gönnen? Man muss schließlich nicht gleich die ganze Küche austauschen, um mehr Komfort zu bekommen.
Ist Deutschland für Blanco der wichtigste Markt?
Es ist mit einem Umsatz von 142 Millionen Euro jedenfalls der größte Markt, bei einem Gesamtumsatz von 395 Millionen, bezogen auf das Geschäftsjahr 2019. Das darf aber nicht dazu führen, dass man andere Länder vernachlässigt. Insofern macht es großen Spaß, ein internationales Marketing aufzubauen.
Gab es das zuvor nicht?
Doch, es war aber stärker auf Deutschland und auf Kommunikation ausgerichtet. Ich sehe meinen Schwerpunkt im internationalen Brand Marketing und darin, unterschiedliche Zielgruppen gleichermaßen ernst zu nehmen. Der Bedarf ist da. Der internationale Vertrieb wünscht sich, dass wir seine Belange aufgreifen und das Interkulturelle in die Zentrale spielen. Deshalb freut es mich umso mehr, dass mein Team divers ist; so habe ich beispielsweise französische, argentinische und portugiesische Kolleginnen und Kollegen.
Sie wollen vor allem digitale Angebote ausbauen. Was heißt das konkret?
Content bereitstellen. Anspruchsvolle Kunden wollen heute wissen, was eine Silgranit-Spüle ist und wo der Granit abgebaut wurde. Weil das auch die Beratung am Point of Sale betrifft, müssen wir den Händlern mehr Information zur Verfügung stellen, etwa über einen B-to-B-Hub.
Und B-to-C?
Hier sind soziale Medien wie Instagram, Facebook und Pinterest für uns wichtig, aber auch Plattformen wie Houzz, auf denen sich Menschen Inspiration für ihr Interieur verschaffen. Ich setze auch auf das, was international Key Opinion Leader Marketing heißt. Wenn ein Wasser-Sommelier erklärt, warum der Geschmack von Wasser aus einer Blanco-Unit eine gute Qualität hat, ist das für unsere Konsumenten relevant.
Zu Ihren Themen gehört auch Employer Branding. Wie lautet Ihr Ziel?
Menschen, die sich in der Region nach einem Arbeitgeber umschauen, sollen wissen, dass Blanco eine coole Marke und ein guter Laden ist. Ich würde mich freuen, wenn ich mit meinem Team dazu beitragen kann, dass die Leute sagen: Blanco? Das ist doch die Prinzessin. Da gehen wir hin.