Der Mehrwert
Das Webinar ist keine schwache Alternative oder Notlösung. Es hat seine eigenen Qualitäten und sollte als vollwertiges Weiterbildungsangebot inszeniert werden. Online-Marketing-Profi Felix Beilharz nennt in seiner Einladung die Abwesenheit von Reisekosten, das gesundheitssichere Umfeld und die Möglichkeit, sich selektiv einzelne Inhalte herauszusuchen, als positive Merkmale. Weitere sind der Zugriff „on demand“ auf eventuelle Aufzeichnungen, die Kompatibilität mit dem Alltagsgeschäft, der Abend zuhause bei den Liebsten oder die Gruppen-Teilnahme – freilich nicht zu Zeiten eines Kontaktverbots.
Die Exklusivität
Wie man einen Nachteil eines Webinars in einen Vorteil umwandelt, zeigte Trendforscher Nils Müller: Die Begrenzung auf 40 Teilnehmer – die eventuell von der Software vorgegeben war – inszenierte er als exklusiven Zugang. Ein solcher Neuro-Trigger beschleunigt auch die Anmeldung, vor allem dann, wenn das Webinar sehr preiswert angeboten wird.
Der Handlungsaufruf
Don’t make me think, sagte einst Steve Krug und die Website-Optimierer von Konversionskraft haben genau das beherzigt. Sie verwenden auf der Registrierungsseite den Call-to-action „Jetzt Seminarplatz sichern“. Auch das suggeriert die begrenzte Verfügbarkeit an Plätzen. Darüber hinaus fordern sie aber Teilnehmer auf, sich auf jeden Fall zu registrieren, weil sie dann im Nachgang die Aufzeichnungen bekommen.
Die Einladung
Eine hübsch gemachte Einladung kann man sich bei Paperlesspost kaufen und die Macher zählen sogar mit, wie gut diese Einladung konvertiert. Wichtiger ist allerdings der Inhalt. Als die Fitnessmesse FIBO abgesagt wurde, entschied sich der Anbieter Smilodox einen eigenen Livestream auf Instagram anzubieten. Neben der gut gemachten Inszenierung der teilnehmenden Sportler ist auch ein Gewinnspiel integriert und es gibt Rabattcodes vom Anbieter. Simpel aber effektiv.
Der Countdown
Amazon bewirbt eigene Webinare zu den Funktionsweisen der Web Services immer mit einem Countdown, der nicht nur auf einer Website steht, sondern auch per E-Mail zugeschickt wird. Noch griffiger werden solche Mails, wenn echte Inhalte transportiert werden, wie zum Beispiel spannende Thesen, die es dann im Webinar zu diskutieren gilt.
Der Warteraum
Es wird bisher leider noch von den meisten Veranstaltern übersehen, dass die User sich schon früher einloggen, weil sie zum Beispiel die Sorge haben, dass es technische Probleme geben könnte. Das sollte man unbedingt nutzen. Audi zeigt im Warteraum zu den Live-Werksführungen ein Video, in dem die technischen Rahmenbedingungen, die Interaktionsmöglichkeiten und weitere Services erklärt werden.
Das Format
Natürlich folgt das zu verwendende Format und auch das Tool, welches ausgewählt wird, der inhaltlichen Konzeption. Bei den aktuell häufig zu sehenden Schnellschüssen ist das meistens das klassische Webinar: Speaker erzählt zu Folien. Wo hat dieses Format eigentlich einen Mehrwert gegenüber einem Video? Es hat keinen. Der Mehrwert entsteht durch Interaktion, entweder mit dem Publikum durch Umfragen und Q&A oder mit einem Moderator. Marketing-Profi Patrick Klingberg pflegt die schöne Einrichtung der Homeofficebattle. Das ist eine Art Kanzlerduell. Beide Streithähne fragen und provozieren sich gegenseitig.
Gruppendiskussionen, Kurformate á la Petcha Kucha oder ein reines Interaktionsformat wie AMA (Ask me Anything), wo die Teilnehmer das gesamte Programm machen, funktionieren auch digital.
Der Nebenraum
Einen sehr coolen Move machte Handelskraft aus Jena, in dem es nach dem jeweiligen Speakerslot einen Nebenraum öffnete, in dem der Speaker den interessierten Teilnehmern Rede und Antwort stand. Ein solches Zusatzformat lässt sich auch verkaufen.
Der Live Act
Noch wagen sich die Veranstalter nicht ran, aber es dauert nicht mehr lange. Die Corona-Krise zeigt, dass Künstler, Comedians und Musiker in ihrem kleinen Kämmerlein extrem kreativ werden. Was sollte den Event-Veranstalter eines Webinars daran hindern, einem Musiker für eine halbe Stunde die digitale Bühne zu überlassen? Entweder als Act im Programm oder als Stimmungsmacher in der Pause.
Für eine kleinere Teilnehmerschar (je nach Tool unterschiedlich) könnte es sogar nach dem eigentlichen Event noch ein digitales Get Together geben. In Tools wie Zoom lassen sich 50 Menschen gleichzeitig mit Kamera und Ton abbilden. Das hat echtes Upselling-Potential. Die Softwarefirma Yext lud jüngst ihre besten Kunden und ein paar Journalisten zu einem virtuellen Gin-Tasting ein. Die Boxen mit dem Gin wurden den Teilnehmern vorab geschickt.
Die Aufzeichnung
Einen sehr cleveren Ansatz für die Weiterverwendung der Aufzeichnungen hat OnlineMarketing.de für ihren Digital Bash gefunden. Sobald das Event vorbei ist, wird die Anmeldeseite automatisch zur Registrierungsseite für das Abrufen der Aufzeichnungen. Das ist sehr einfach gelöst, und sorgt dafür, dass alle externen Links und die SEO-Bemühungen weiter Wirkung entfalten.
Die Videos selbst liegen offen auf Youtube. Es hätte also gar keiner Registrierung bedurft. Aber hey – wir sprechen hier von Marketing.