So klappt B2B Sales

Folgt der Vertrieb nur einem bestimmten Prozess oder läuft er nach einer übergeordneten Verkaufsmethode ab? Um langfristig erfolgreich zu sein, ist es wichtig, beide Komponenten zu haben und diese vor allem nicht miteinander zu verwechseln. Der folgende Überblick stellt fünf gängige Verkaufsmethoden im B-to-B-Geschäft vor.

Von Gastautor Alexander Shashin, Deutschlandchef von Oro

Der reine Verkaufsprozess umfasst die Schritte von der Lead-Akquise über das sogenannte Lead Nurturing bis hin zur Conversion. In fast jedem erfolgreichen Unternehmen läuft er formalisiert ab. Eine Verkaufsmethodik ist die zugrundeliegende Philosophie, die bestimmt, wie die einzelnen Schritte im Verkaufsprozess ausgeführt werden. Die Definition einer Methodik steht also in der Regel vor der Strukturierung des tatsächlichen Vertriebs. Der folgende Überblick stellt Verkaufsmethoden im B-to-B-Geschäft vor. Eine der fünf ist für jedes Unternehmen die Richtige und gibt die weitere Organisation und Ausrichtung des Vertriebsprozesses vor.

1. SNAP Vertrieb

Niemand möchte sich manipuliert fühlen und die Kunden von heute sind durch Informationsüberflutung und knappe Deadlines erschöpfter als je zuvor. Der von Jill Konrath eingeführte SNAP Selling-Prozess zielt darauf ab, den Verkaufsprozess zu beschleunigen, indem er einen reibungslosen Ablauf für den Start der Transaktion bietet. Vertriebsmitarbeiter müssen den Prozess möglichst unkompliziert gestalten und Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung sollte einfach zu übernehmen sein. Der Verkäufer wird als vertrauenswürdiger Experte auf seinem Gebiet angesehen und repräsentiert ein Unternehmen mit leicht erkennbaren Grundüberzeugungen. Anstelle einer ganzen Produktlinie wird nur eine Auswahl von ein oder zwei Produkten angeboten. Werden schriftliche Angebote aufgesetzt, ist die Leistung darin klar und prägnant formuliert und die kurze Zusammenfassung der Transaktion wird durch praktische Fallstudien untermauert. Alle Details wie Referenzen oder Analysen sind im Anhang enthalten. Für hochkomplexe Transaktionen mit mehreren Genehmigungsebenen ist die SNAP-Methode weniger geeignet.

2. SPIN Selling

Das sogenannte SPIN Selling wurde 1989 von dem britischen Consultant Neil Rackham erstmals beschrieben. Noch heute erfreut sich die Methode großer Beliebtheit. SPIN Selling legt den Fokus auf die Kommunikation im Verkaufsgespräch. Der Name ist eine Gedächtnishilfe, um sich an die 4 Arten von Fragen zu erinnern, welche die Verkaufsinteraktion strukturieren: Situation, Problem, Implikation und Needs-Payoff (Bedürfnisse). SPIN-Verkäufer räumen ihrem Gegenüber den größeren Gesprächsanteil ein und konzentrieren sich auf das Zuhören. Die Methode erfordert große Sorgfalt bei der Vorbereitung.

Vor dem Erstkontakt sollten Informationen zu jedem potenziellen Neukunden eingeholt und die jeweils nächsten Schritte gründlich geplant werden. SPIN-Selling eignet sich gut für Situationen, in denen die endgültige Kaufentscheidung auf C-Level-Ebene getroffen wird. Die Kommunikation konzentriert sich auf die Auswirkungen des Produkt- oder Dienstleistungserwerbs auf das Unternehmen und verfolgt das Ziel, implizite in explizite Bedürfnisse umzuwandeln. Aus diesem Grund ist SPIN-Selling gut anwendbar in komplexen Transaktionen wie Verkäufen von Software, Beratungsleistungen oder erweiterten Verkaufsprozessen, in denen C-Level-Vertreter schlussendlich die Entscheidung fällen.

3. Sandler Verkaufssystem

Auf den Verkauf von Waren mit einem kurzen Verkaufszyklus ausgerichtet ist das Sandler Selling System. Es kommt besonders für Unternehmen infrage, die große Mengen an Kleinaufträgen annehmen und vorrangig Einzelverkauf nutzen.

Die Methode geht von einem formalen Ablauf des Verkaufsprozesses aus. Jede Stufe des Verkaufsprozesses wird in einzelne Abschnitte aufgeteilt. Es folgt ein schrittweises Vorgehen bis zum Abschluss der Transaktion. Entscheidend ist die Fähigkeit des Vertriebsmitarbeiters, Kundenbeziehungen aufzubauen und die Ressourcen der Leads in den Verhandlungen korrekt einzuschätzen. David Sandler, der Namensgeber der Methode, lehrte Vetriebsmitarbeiter darin, Einwände und Hindernisse frühzeitig zu erkennen und den Verkaufsprozess abzubrechen, wenn ein Geschäftsabschluss unwahrscheinlich ist. Am Beginn der Verhandlung steht eine Besprechung der Kosten, um zu klären, ob der potenzielle Kunden qualifiziert ist. Die zielorientierte Methode steigert die Wirtschaftlichkeit des Vertriebs, indem sich die Mitarbeiter schnell aussichtsreicheren Interessenten zuwenden können. Erfolgreich wird das Sandler-Verkaufssystem von Bauunternehmern, Finanzplanern, Ingenieuren und anderen Firmen mit One-on-One Vertrieb eingesetzt.

4. Kundenzentrierter Vertrieb

Wenn Kunden wissen, dass man ihnen zuhört, sind diese auch eher bereit, ihrem Gegenüber Gehör schenken. Diese Philosophie steckt hinter Customer Centric Selling, einer Methodik, die versucht, den Verkauf neu auszurichten. Sie besteht aus detaillierten Prozessen und Tools, die es dem Verkäufer ermöglichen, sein Produkt oder seine Dienstleistung als Problemlösung zu visualisieren. Das herkömmliche Verkaufstelefonat wird dabei durch ein übergreifendes Projekt ersetzt, das dem Kunden dabei hilft, eine Reihe von Schritten im Entscheidungsprozess zu verfolgen. Am Ende steht der Kauf als Lösung für ein geschäftliches Problem. Statt formaler Präsentationen laufen dialogische Gespräche ab. Die Methode berücksichtigt, dass nicht jeder im Verkaufsprozess das gleiche Ziel hat und räumt den Käufern individuelle Absichten ein. Die Herausforderung besteht darin, die Bedürfnisse jeder im Verkaufsprozess beteiligten Person zu treffen. Kundenzentrierter Vertrieb eignet sich zwar gut geeignet für Software und Services, lässt sich aber weniger gut für den Verkauf von Waren oder physischen Produkten anwenden.

5. Konzeptioneller Vertrieb nach Miller-Heiman

Robert Miller und Stephen Heiman haben 1989 die Methode des konzeptionellen Vertriebs entwickelt, um in großen und komplexen Transaktionen eine Vielzahl von Stakeholdern zu managen. Diese Art des Vertriebs ist bei Verkäufen an sehr große Firmen oder bei Transaktionen mit hohen monetären Werten angebracht, die Zustimmung und Input von vielen Personen benötigen. Konzeptioneller Vertrieb stützt sich dementsprechend auf das Angebot eines umfassenden Konzepts zur Problemlösung, nicht nur auf das eines bestimmten Produkts oder einer Dienstleistung. Der Aufbau einer langfristigen Beziehung und die Erweiterung des eigenen Empfehlungsnetzwerks hat eine höhere Priorität als der rein absatzorientierte Verkauf. Das setzt eine intensive Vorab-Recherche und das Festlegen eines klar definierten Ziels vor dem Erstkontakt voraus, inklusive einer detaillierten Zeit- und Maßnahmenplanung.

Implementierung braucht Zeit

Ganz gleich, welche Methodik Unternehmen anwenden, im praktischen Training liegt der Schlüssel zu einer erfolgreichen Umsetzung. Jedem einzelnen Mitglied aus dem Sales-Teams sollte genügend Zeit eingeräumt werden, um an Workshops und Schulungen sowie an regelmäßigen internen Follow-up-Meetings teilzunehmen. Außerdem empfiehlt es sich, das Verkaufsverhalten Schritt für Schritt einzuüben und erste praktische Verkaufsgespräche sorgfältig zu planen. Nur durch die Definition von Qualitätskriterien und die konstante sowie detaillierte Nachbesprechung von Interaktionen mit Leads kann die Sales Performance perspektivisch verbessert werden.

Zum Autor: Alexander Shashin leitet als Country Manager bei Oro, Inc. die Marktentwicklung in der DACH-Region. Alexander Shashin ist seit über 17 Jahren als Gründer, Manager und Berater im E-Commerce tätig und begleitet B-to-B-Unternehmen bei der erfolgreichen digitalen Transformation.