Ein Kommentar von Christian Thunig

Wurde Customer Relationship Management (CRM) als Buzzword oder Schlagwort bisher weitgehend hingenommen, regt sich derzeit Widerstand. Das beginnt bereits bei der Auslegung der Abkürzung: Heißt es Customer Relationship Management wie es weitenteils ausgeschrieben wird oder steht das „M“ vielleicht für Marketing.

Wie dem auch sei, CRM sei letztlich nicht anderes als Direct Marketing, so war erst kürzlich einem Beitrag der Marketing-Zeitschrift „Advertising Age“ zu entnehmen. CRM markiere vor allen Dingen die technischen Entwicklungen, die im Zusammenhang mit Direkt Marketing gemacht wurden. Dabei spielt die Technik, insofern ist die Aussage richtig, eine immer größere Rolle. Allerdings gilt dies generell für das Marketing.

CRM – ein alter Hut?
Weiter heißt es: CRM beinhalte keine eigene Philosophie, sondern stelle ein Tool im Kampf um den Kunden dar. „Wir wissen seit jeher, dass wir dann Profit machen, wenn wir das machen was wir heute Beziehungsmanagement nennen“ zeigt sich Lester Wunderman Chairman von Young & Rubicam Impiric Worldwide, New York, über die CRM-Euphorie verwundert. Auch Experte und Brater Rick Barlow, Chef eines Unternehmens, dass Treueprogramme entwickelt und betreibt, betont, dass das CRM-Konzept bereits vor 20 Jahren mit den Treueprogrammen wie dem des Airlines Advantage Programm begann. Kurz: CRM-Fanatiker haben den Begriff ganz einfach überdehnt und damit auch unpräzise werden lassen, so Wunderman. So wurden Produkte und Services zunehmend in den Mittelpunkt des Beziehungsmanagements gestellt und damit vermenschlicht, aber so Wunderman: „Ich bin nicht loyal zu meiner Zahnbürste. Ich kann loyal zu meinem Vaterland sein. Aber ich kann nicht glauben, dass ich in der gleichen Weise bei Seife, Tütensuppen oder sogar Autos involviert sein kann.“

CRM – ein Konstrukt von Beratern
So wird im Artikel gemutmaßt, dass CRM in aller erster Linie ein Begriff der Berater und der Software-Industrie ist. Dies ist durchaus nicht ganz abwegig, korrespondiert dies doch mit der Beobachtung, dass sich Berater wie Unternehmen heute ihre eigenen Nischen schaffen und entsprechende Begriffe prägen oder besetzen, um an der Front beim Kunden möglichst mit spitzen Waffen kämpfen zu können. Dies hat in letzter Zeit ein ganze Reihe von Begriffen hervorgebracht wie Viral Marketing, Interessen-Marketing oder Newsletter-Marketing, die sich übrigens allesamt mit der Entwicklung vom Massen- zum Individual-Marketing beschäftigen. Wie einfach sich diese Begriffe erklären lassen, zeigt das Beispiel von Permission Marketing: Der Kunde gibt einem Unternehmen sein Einverständnis gibt, dass dieses ihn bewerben darf.

CRM – die wahre Bedeutung
Was heißt dagegen CRM? Customer Relationship Management oder Marketing – zu deutsch: „Kundenbeziehungs-Management“ – ist letztlich eine Umschreibung des Prozesses zur Pflege der Kundenbeziehung. In diesem Begriff verbirgt sich Interaktion auf mehreren Ebenen, denn Beziehungen sind nie nur eindimensional oder um mit Max Weber zu sprechen: Eine (soziale) Beziehung ist ein aufeinander (gegenseitig) eingestelltes, aneinander orientiertes Sichverhalten mehrerer Personen.
CRM ist also ein wesentlich umfassenderer Begriff als beispielsweise Permission Marketing. Vielmehr noch ist Permission Marketing ohne CRM nicht machbar. Dennoch wird selten CRM mit Permission Marketing in einem Atemzug genannt, müssen doch die Daten, wie gegebene Erlaubnis, Vorlieben und nicht zuletzt die Adresse gemanagt werden. Ganz im Gegenteil: Verfechter des Permission Marketing umgehen häufig den Begriff des Customer Relationship Marketing und sprechen lediglich von einer Permission Data Base.

CRM – auf dem Weg zur eigenständigen Disziplin
Dass CRM mehr als ein Buzzword ist, zeigen auch die Reaktionen der Agenturen und Berater: CRM hat das Zeug zu einer eigenständigen Disziplin. Ob Grey, die eine eigene CRM-Unit namens Dynamic CRM gegründet hat oder BBDO, die alle Aktivitäten ihrer Beratertätigkeit an CRM ausrichten. Alle stellen sich auf CRM als Philosophie ein. CRM hat im Gegensatz zu den neuen Erscheinungen auf dem Marketing-Markt durchaus mehr Substanz zu bieten und bildet vielmehr das Dach, unter denen sich viele der neuen Trends einordnen lassen:
Damit wird CRM zu einer Klammer und auch aussagekräftiger als der Terminus „Direct Marketing“. Einzig das Konzept ist nicht so neu, wie manche glauben. Tante Emma kannte es schon. Aber das sollte nicht stören. Wir bleiben dabei: Unser Competence Center heißt weiterhin CRM 2000 und wir wollen auch zukünftig – wie wir es bereits seit Bestehen des Competence Centers tun – Themen wie Permission-, Direkt, oder Interessens-Marketing hierunter subsumieren.

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Autor: Christian Thunig
eingestellt am 20. Juni 2001