von Ralph Clemens Martin
Welche Gefahren ein Gewinnspiel mit sich bringen kann, zeigt die Werbekampagne einer Tankstellenkette: Im Jahr 2003 führte der Großkonzern eine deutschlandweite Ball-Prämienaktion durch, deren hohe Resonanz weder interne noch externe Fachleute voraussehen konnten. Die Promotion war so erfolgreich, dass der Bedarf an Bällen innerhalb kürzester Zeit explodierte und akute Lieferschwierigkeiten auftraten. Die ursprüngliche Kalkulation wurde um ein Vielfaches überschritten, die Kosten/Nutzen-Rechnung ging nicht auf. Die Aktion, die eigentlich das Geschäft ankurbeln sollte, entwickelte sich zum Fiasko.
Mit der Durchführung von Gewinnspielen sind zahlreiche Risiken verbunden, die oftmals nicht bekannt sind. Mangelnde Information im Vorfeld kann daher im Ernstfall viel Geld kosten. Grundsätzlich gilt als Faustformel: Unternehmen sollten bei der Entwicklung von Kampagnen möglichst frühzeitig das länderspezifische Gewinnspielrecht beachten. Dies reicht aber nicht immer aus, um vollständig auf der sicheren Seite zu sein. Um nicht vom rechten Marketingweg abzukommen, sollten daher verschiedene Aspekte bei der Planung einer Kampagne berücksichtigt werden.
Damit sich Unternehmen bei der Durchführung einer Gewinnspiel-Aktion in sicherem Fahrwasser bewegen, sind vorab einige rechtliche Richtlinien zu prüfen und umzusetzen. Ein zentraler Part sind die Teilnahmebestimmungen. Beispielsweise darf die Partizipation an einem Gewinnspiel nicht vom Erwerb eines Produkts abhängig gemacht werden. Sie muss immer auch unabhängig vom Kauf möglich sein. So wäre es zum Beispiel unzulässig, ein Gewinnspiel anzubieten, an dem nur teilgenommen werden kann, wenn gleichzeitig ein kostenpflichtiges Zeitschriftenabonnement abgeschlossen wird.
Der Veranstalter hat hier Handlungsspielraum. Bietet er der Zielgruppe alternative Teilnahmeoptionen an, zum Beispie die Einsendung einer Postkarte – ohne dass dabei der Kauf eines Produktes erforderlich ist – liegt keine unzulässige Kopplung vor. Ein Beispiel für eine solche „Ent-Kopplung“ ist das McDonald’s Monopoly. Der Gast erhält dabei beim Kauf eines Hamburgers einige Lose für ein Gewinnspiel. Der Erwerb des Produktes ist jedoch nicht zwingende Voraussetzung für die Teilnahme an dem Gewinnspiel, da diese alternativ und ohne Kaufzwang auch durch einen Anruf bei einer 0180-Telefonnummer möglich ist. Bei einer alternativen Mitmach-Möglichkeit nur über das Internet ist jedoch Vorsicht geboten: Einige Gerichte gehen nach wie vor davon aus, dass das World Wide Web noch nicht weit genug verbreitet ist, um eine für die Allgemeinheit zumutbare Teilnahme zu ermöglichen.
Ein weiteres wichtiges Kriterium ist die Tatsache, dass die Partizipation grundsätzlich kostenfrei sein sollte. Bei Gewinnspielen, die einen nicht unerheblichen Einsatz (mehr als 50 Cent) fordern, befindet sich der Veranstalter sehr schnell im strafbaren Bereich des unerlaubten Glücksspiels. Außerdem müssen die Bedingungen klar und deutlich angegeben werden. Der Teilnehmer darf nicht über den Wert des Gewinns oder über seine Chancen getäuscht werden. So ist zum Beispiel bei einer ausgelobten Reise die Angabe „2 Wochen Mallorca“ nicht ausreichend, wenn der Gewinner die Anreise selbst tragen muss. Auch die Gewinnchance ist detailliert anzugeben. Wenn etwa jemand den Hauptpreis erhält, dessen Geburtsdatum einer zuvor festgelegten Nummernfolge entspricht, so ist dies in den Teilnahmebedingungen deutlich zu machen.
Dies muss insbesondere bei Gewinnspielen beachtet werden, die über mathematische Wahrscheinlichkeiten berechnet und abgesichert sind. Wenn die Gewinner nach Ende der Aktion öffentlich genannt werden sollen, ist dafür deren Einverständnis erforderlich. Dieses kann unter bestimmten Voraussetzungen auch bereits vorab bei der Teilnahme eingeholt werden.
Weitere rechtliche Fragen ergeben sich oftmals im Rahmen von Aktionen, die der Generierung von Adressmaterial dienen – wenn zum Beispiel die bei einem Gewinnspiel gewonnenen Teilnehmerdaten für zukünftige Werbemaßnahmen genutzt werden sollen. So schreibt das Datenschutzrecht vor, dass lediglich jene Angaben verpflichtend erhoben werden dürfen, die für die Teilnahme an dem Gewinnspiel zwingend erforderlich sind. Zusätzliche Informationen dürfen nur auf freiwilliger Basis abgefragt werden.
In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass für Werbung per E-Mail und Telefon die ausdrückliche Einwilligung des Empfängers eingeholt werden muss. Diese kann bereits bei der Gewinnspielteilnahme abgefragt werden, darf sich aber nicht kleingedruckt in den Bedingungen verstecken. Die Einwilligung muss stets „aktiv“ erfolgen. Ein Kästchen, das angekreuzt werden kann, wenn man keine Telefon- oder E-Mail-Werbung wünscht, ist nicht ausreichend. Nach der derzeit diskutierten Neufassung des Bundesdatenschutzgesetzes wird voraussichtlich zukünftig auch die – derzeit noch generell zulässige – postalische Werbung von der Einwilligung des Adressaten abhängig sein.
Bei einer bestimmten Größenordnung kommen häufig so genannte Risiko-Management-Spezialisten ins Spiel. Diese übernehmen sowohl die Konzeption als auch die gleichzeitige finanzielle Absicherung von aufmerksamkeitsstarken Gewinnspielen. Durch die enge Zusammenarbeit mit spezialisierten Rechtsanwälten schaffen sie die Voraussetzung dafür, dass sich Kunden auf der sicheren Seite bewegen.
Eine solche Absicherung empfiehlt sich insbesondere dann, wenn das Risiko einer Werbemaßnahme für das Unternehmen nicht mehr einschätzbar ist oder die auszulobende Summe das Budget übersteigt und man dennoch einen attraktiven, hochwertigen Preis zu einem kalkulierbaren Betrag verlosen möchte. Das Prinzip: Der Risiko-Management-Spezialist konzipiert die Aktion, trägt das finanzielle Gesamtrisiko und garantiert die Auszahlung des Preisgeldes.
Durch die Absicherung einer Promotion ist es Unternehmen möglich, einen Gewinn mit vielfachem Wert zu verlosen. So können sie beispielsweise 10 000 Euro absichern (eine Versicherung lohnt sich auf Grund der Mindestprämien erst ab diesem Betrag) oder mehr – die Grenze nach oben ist offen. Durch eine einmalige Prämie übernimmt der Gewinnspielabsicherer alle finanziellen Risiken der Kampagne. Die Minimumprämie liegt in der Regel bei circa vier bis sechs Prozent des eingesetzten Gewinnes.
Hohe Gewinnsummen und Sachpreise werden für den Veranstalter risikolos finanzier- und kalkulierbar, im Gewinnfall zahlt der Risikoversicherer. Für Agenturen und Unternehmen ergibt sich somit der Vorteil, ihr Werbebudget nicht in die Preise stecken zu müssen. Abgesichert werden können alle Maßnahmen, denen Wahrscheinlichkeiten zu Grunde liegen. Dazu zählen Aktionen in den Kategorien „mathematische Spiele“ wie Tresor oder Rubbelkarten, „fähigkeitsbasierte Gewinnspiele“ wie zum Beispiel Hole in One, „Over Redemption“ wie Rücklauf- und Couponaktionen und „Prediction Coverage“.
Letzteres bezieht sich auf Ereignisse, die in der Zukunft stattfinden und sich nicht beeinflussen lassen wie zum Beispiel Börsenspiele, Fußballtipps und Wetterpromotions. Diese vier Bereiche lassen sich teilweise auch miteinander kombinieren. Die Laufzeiten variieren in der Regel zwischen einem und zwölf Monaten. Bei Aktionen wie Tresorspielen, Torwandschießen oder Hole in One sind auch Eintages-Promotions möglich.
So könnte eine Aktion im Golfbereich aussehen: ein Par-3 oder Par-4-Loch wird mit einem hohen Preisgeld oder Sachpreis versehen, etwa einer Golfausrüstung oder einer Premium-Mitgliedschaft im Golf Club. Die Spieler gewinnen mit nur einem Schlag den Preis, wenn sie auf der Golfrunde an dem jeweiligen Loch ein Hole-in-One erzielen. Ein anderes Motto könnte lauten: „Dreimal einlochen und den Hauptpreis von 100 000,- € gewinnen!“
Zufällig ausgewählte Teilnehmer müssen aus ca. 2,5 m Entfernung auf drei unterschiedlichen Puttmatten einlochen und erhalten so die Chance, das Preisgeld zu erspielen. Die Durchführung einer derartigen Hole-in-One-Aktion kann ein Turnier zum Akquise-Tool machen. Ein Risiko-Management-Konzept in Kombination mit Rechtsberatung ermöglicht Unternehmen Planungs- sowie Budgetsicherheit und eröffnet neue Werbepotenziale.
Ralph Clemens Martin ist Vorstand bei dem Risiko-Management-Dienstleister Emirat. Er verfasste den Beitrag mit Unterstützung von Christian Schmoll, Justiziar bei eCircle.