Effektives Customer Experience Management ist Chefsache

Mit der Messung der Kundenzufriedenheit haben sich schon mehrere Generationen von Marktforschern beschäftigt. Früher als Spezialdisziplin eher stiefmütterlich behandelt rückt aktives Kundenzufriedenheitsmanagement nun ins Zentrum strategischer Unternehmensführung. Laut einer aktuellen Umfrage von Oracle halten 81 Prozent der befragten Marketing-Chefs die Bindung von Stammkunden für ihre wichtigste Aufgabe
Auch wenn Hilfe über Telefon noch funktioniert: Call Center sind immer überlastet. Auswege gibt es genug

Von Gastautor Stephan Thun

Was sind die Grundvoraussetzungen, um nicht nur rückschauend zu messen, wie Kunden das Unternehmen wahrnehmen, sondern Kundenbeziehungen erfolgreich zu managen? Unternehmen müssen heute genau wissen, wie Kunden ihre Produkte und Marken erleben – zu jedem Zeitpunkt, an jedem relevanten Touchpoint, in Echtzeit. Und sie müssen Kundenfeedback aktiv, effektiv und zeitnah nutzen. Dies bedeutet laufende Prozessverbesserungen an jedem Touchpoint vorzunehmen, die allen Kunden zugutekommen genauso wie eine Nutzung des Feedbacks zur aktiven Steuerung der individuellen Kundenbeziehung. So wird aus der rückwärts gerichteten Kundenzufriedenheitsmessung ein Zukunft gerichtetes CX-Management mit messbaren Zielen: Stärkere Kundenbindung mit längerem Kundenlebenszyklus und höherer „share of wallet“ sowie höhere Neukundengewinnung durch steigende Weiterempfehlungsrate. Mit anderen Worten: Die wesentlichen Treiber profitablen Wachstums und damit des Shareholder Values werden durch erfolgreiches CX-Management entscheidend beeinflusst. Grund genug, unternehmensweite CX-Strategie und Ziele auf Vorstandsebene zu verankern.

Erfolgreiches CX Management – Marketing statt Marktforschung

Marktforscher im Bereich Kundenzufriedenheit messen und analysieren das Marken-, Produkt- und Serviceerlebnis, um Verbesserungspotenziale auf Prozessebene zu identifizieren. Dabei verarbeiten sie Kundenfeedback stets anonymisiert und ausschließlich in aggregierter Form. Erfolgreiches CX- Management geht darüber hinaus: Es versucht zusätzlich die individuellen Kundenbeziehungen zu intensivieren und zu verbessern und nutzt daher kundenindividuelle Erkenntnisse in der Steuerung der jeweiligen Beziehung.

Die wachsende Datenflut, die in Zukunft noch weiter zunehmen wird, ist dabei Herausforderung und Chance zugleich. Wie Kunden denken und was Kunden wollen, dazu liegt künftig nicht nur Umfrage basiertes Feedback, sondern auch immer mehr operative Daten und Verhaltensdaten entlang der Customer Journey vor. Zusätzlich wird das „Internet der Dinge“ uns immer mehr Informationen liefern: Angefangen bei Fitnessarmbändern über Thermostate und Kommunikationssysteme in Autos bis hin zum intelligenten Kühlschrank und vernetzten Einkaufskorb. Doch wie trennt man die „guten“ Daten von den „schlechten“ und wie lassen sich aus dem Datenrauschen relevante Handlungsempfehlungen ableiten? Hier kann modernste CX-Software helfen, strukturierte Syntheseprozesse relevanter Daten und automatisierte Analytik durchzuführen, „Datensilos“ aufzulösen, die vorhandenen Daten optimal zu nutzen, Prognosen über zukünftiges Verhalten zu stellen und abgeleitete Maßnahmen zu steuern (Praxisbeispiele erfolgreichen CX-Managements präsentieren Audi und Dräger im Rahmen des ersten CXForums (www.cxforum.info), das am 1. Juli 2015 in Frankfurt a.M. stattfindet).

 Omnichannel-Kommunikation effektiv nutzen

Kunden nutzen in immer größerem Maße verschiedene Kanäle zur Kommunikation – in fortschreitendem Maße mobil. Dank der „überall und jederzeit erreichbar“-Mentalität der Verbraucher können Unternehmen heute Feedback jederzeit, von unterschiedlichen Touchpoints und aus unterschiedlichen Quellen erhalten. Erfolgreiches CX-Management nutzt dies bereits heute: Es wertet unstrukturierte Daten wie offene Kommentare, Call-Center-Gespräche, Emails von Kunden oder Beiträge in Social Media aus und bringt sie zusammen und gewinnt aus dem Gesamtbild handlungsrelevante Erkenntnisse. Dabei werden die Kanäle nicht als Einbahnstraße gesehen, sondern als Dialogkanäle, d.h. es fließt nicht nur Feedback in eine Richtung, sondern Unternehmen geben unter Nutzung der Kanäle auch gezielt Informationen an den Kunden zurück.

Entsprechende CX-Technologie sorgt dabei dafür, dass dies alles in Echtzeit passieren kann und liefert allen Beteiligten genau die Information, die sie benötigen. Das schließt rollenbasierte Berichte, eine Differenzierung nach Zugriffsebene oder die Berücksichtigung von Hierarchien mit ein. So bringen Unternehmen Mitarbeiter in die Lage, persönlich und effektiv auf Kunden eingehen zu können.

Kundenzentrierung zahlt sich aus

CX-Praktiker sollten diese Möglichkeiten im Interesse des Kunden und im Interesse des Unternehmens nutzen. Sie sollten CX-Wissen allen zur Verfügung stellen, die es brauchen – von der Führungsmannschaft bis hin zum Kundendienst. Nur dann kann ein Unternehmen konsistent kundenzentriert agieren und Kundenbeziehungen optimal steuern. Das Ergebnis hoher Kundenzentrierung ist positiv für alle Beteiligten: Der Kunde erhält einen besseren individuellen Service und das Unternehmen maximiert sein Geschäftspotenzial – eine win-win Situation.

Vergleiche weiterführend auch:

Thun, Stephan: Transformation der Kundenzufriedenheitsforschung – Anforderung an das Kundenzufriedenheitsmanagement der Zukunft; in: B. Keller et al, Zukunft der Marktforschung, Wiesbaden, Springer Fachmedien, 2015

 

Zum Autor: 

Stephan Thun ist CEO Europe bei MaritzCX und Mitglied des globalen Management-Boards des Unternehmens. Neben seiner Verantwortung für EMEA ist Thun seit 2011 auch für den Raum Asien verantwortlich. Thun ist Diplom-Kaufmann und als regelmäßiger Sprecher und Autor zahlreicher Artikel zu den Themen internationale Expansion, Customer Experience, CRM, Marketing, Software und Marktforschung bekannt. Kontakt: stephan.thun@maritzcx.com; Twitter: @StephanThun