Meine erste Begegnung mit einem Handy fand Anfang der 90er Jahre in der tiefsten Einöde statt. Im winterlichen Finnland irgendwo am Polarkreis zauberte ein Motorschlittenfahrer so ein Ding aus einem Fellhandschuh. Einigermaßen perplex stellte ich fest, dass ich damit in wenigen Sekunden eine Telefonverbindung in die tausend Kilometer entfernte Heimat herstellen konnte.
Unsere Vorlieben und geheimen Schwächen
Heute sind Handys, oder besser: Smartphones, aus unserem Leben kaum wegzudenken. Sie sind allgegenwärtiges Kommunikations- und Informationstool und für ganze Industrien lukrative Geschäftsgrundlage. Während wir Menschen noch dabei sind, für uns selbst zu definieren, wie viel Einfluss des digitalen Alltagshelfers auf unser Leben eigentlich gut für uns ist, geht die Entwicklung weiter: Die gigantische Daten-Schneise, die wir jeden Tag ziehen, durchläuft eine marktwirtschaftliche Verwertungskette. Aus der Flut von Informationen lesen Maschinen unsere Vorlieben und geheimen Schwächen ab. AI, die künstliche Intelligenz, ist im modernen Marketing bereits allgegenwärtig und unserem Denken täglich auf der Spur, inspiriert von unserem digitalen Fingerabdruck. Nun lernen die Programme, auch unsere Gefühle auszulesen und darauf zu reagieren. Was für viele wie das Drehbuch zu einem Science-Fiction aus Hollywood klingt, wird – im Guten wie im Schlechten – nicht aufzuhalten sein. Längst gilt die Synthese aus artifizieller und emotionaler Intelligenz unter den globalen Software-Genies als das nächste Milliarden-Euro-Los der Marketing-Welt. Das Unternehmen, das diese Aufgabe löst und zu marktreifen Produktlösungen verdichtet, könnte die Erfolgsgeschichten von Microsoft, Apple oder Facebook in den Schatten stellen.
Roboter und Emotionen
Erste Auswirkungen sind bereits zu erkennen: Von der neuen Mathematik der Kreativität und datengetriebenen Innovationen handelt unsere Titelgeschichte über Programmatic Creation. Für Marketer eine riesige Chance sowie eine noch größere Verantwortung bei Markenführung und Kundenbindung. Wer noch glaubt, dass Roboter und Emotionen auch in Zukunft nichts miteinander zu tun haben, könnte sich gewaltig irren, auch wenn ein Durchbruch einer solchen revolutionären Technologie noch weit entfernt scheint. Aber von der Vision zur Wirklichkeit ist es manchmal nur ein kleiner Schritt, dessen Bedeutung uns erst später bewusst wird – so wie mir nach meinem ersten Handytelefonat fernab der Zivilisation.