Von Gastautor Tobias Phleps
edding kennt jeder. Und einen edding hat fast jeder. Die Marke steht seit nunmehr 55 Jahren für Marker und Stifte, entsprechend stabil sind die Markenwerte. Der Name selbst ist zum festen Bestandteil der Alltagssprache geworden. Ein von Markenstrategen selten erreichtes Ziel.
Eine neue Richtung
Alles bestens also. Und doch ging edding-Vorstandsvorsitzender und CEO Per Lederman 2010 einen forschen Schritt in eine neue Richtung, den er im Nachhinein als „wahrscheinlich unser größtes Abenteuer“ bezeichnet. Das weltweit agierende Unternehmen mit Hauptsitz in Ahrensburg bei Hamburg trat an Brand Union Germany mit einer Aufgabenstellung heran: Die Marke edding sollte in neue Segmente ausgedehnt werden. Neben Stiften sollten neue Produktfelder und Zielgruppen, insbesondere Frauen und junge Leute, erschlossen werden.
Um das solide Markenversprechen von edding authentisch weiterzuführen und die Marke behutsam zu dehnen, wurde mit einem mehrstufigen Innovationsprozess gearbeitet, der anstelle der gebräuchlichen Trends und Consumer Insights die Marke selbst in den Mittelpunkt der Neuentwicklung stellt. Dabei ging es auch immer um die Frage: Bis zu welchem Punkt ist eine Markenerweiterung möglich und wo mutet man ihr zu viel zu?
Hunderte von Ideen mussten gefiltert werden
Im ersten Schritt wurde ein Innovationsworkshop durchgeführt: Hunderte von Ideen, die edding im Vorfeld im Rahmen einer Strategienacht erarbeitet hatte, wurden gefiltert und im IdeaLab zusammen mit dem Kunden, Künstlern, Trendsportlern und einer Trendforscherin weiterentwickelt; mehr als 20 tragfähige Ideen kristallisierten sich dabei heraus. In einer Scribble-Session mit einem Produktdesigner entstanden anschließend fünf valide Konzepte, die von edding genauer betrachtet wurden.
Zwei Produktfelder machten das Rennen
Im Juni 2013 ging edding mit seinem Permanent Spray-Sortiment an den Markt. Sowohl in der Form – Dose und Deckel erinnern optisch an den Marker – als auch in Bezug auf seine Eigenschaften ist das Produkt im edding-Markenkern verankert und besetzt damit überzeugend ein neues Marktsegement. Noch mutiger war der Schritt in den Kosmetikmarkt mit edding L.A.Q.U.E.®, der im April dieses Jahres lanciert wurde. Der besonders haltbare Nagellack spricht mit dem Slogan „P.O.W.E.R. statt Püppchen“ vor allem starke Frauen an und differenziert sich dadurch passend zur Marke stark von der etablierten Konkurrenz.
Nach Angaben des Unternehmens wirkten sich beide Produkteinführungen bisher positiv auf den Gesamtumsatz aus. Ein Beleg dafür, dass sich Innovation auszahlt – wenn sie aus der Marke heraus erwächst.
Zum Autor: Tobias Phleps ist CEO der Branding- und Designagentur Brand Union Germany. Als Markenberater und CI-Experte mit internationaler Erfahrung verantwortete er große Projekte, u.a. für DHL, Lufthansa, Triumph, Siemens und Merck. Vor seiner Zeit bei Brand Union Germany war Phleps mehr als elf Jahre bei MetaDesign tätig, davon sieben Jahre als Vorstand.