Eberles grüne Revolution in der Werbewelt 

Vom Familienunternehmen zu Deutschlands erster klimapositiver Agentur: In einer Branche, die für mehr Konsum wirbt, setzt Eberle neue Maßstäbe in Sachen Nachhaltigkeit. Folge 3 unserer Serie zu Spezialagenturen. 
Spezialagenturen Folge 3: Nachhaltigkeit und Agentur - Eberle
Die Eberle Agenturgruppe will Nachhaltigkeit ins Marketing tragen und selbst nachhaltig handeln. (© Olaf Heß)

In den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts sehnen sich die Deutschen nach Behagen. Die Folgen des Zweiten Weltkriegs sind noch sichtbar, Häuser werden wieder aufgebaut, Straßenzüge erneuert. Der Restart einer Nation hat begonnen – ebenso wie die Blütezeit der Heimatfilme. Nicht nur die Bilder auf den Leinwänden und auf Rollfilm, auch die Illustrationen der Werbemittel werden bunter. Im weißen Kittel sitzt damals Karl Eberle in seiner Werkstatt und zeichnet Werbemittel im Auftrag seiner Kund*innen aus Schwäbisch Gmünd und der Umgebung. Er hätte gern damit weitergemacht, doch sein Sohn will den Familienbetrieb gemäß dem Zeitgeist expandieren. „Mein Vater hat oft mit meinem Großvater gestritten, weil er gern mehr Leute eingestellt hätte“, erinnert sich Bernd Eberle, Enkel von Karl Eberle und der heute Inhaber der Agentur Eberle in dritter Generation. 

Die Eberle Agenturgruppe mit Sitz in Schwäbisch Gmünd will nicht nur Nachhaltigkeit ins Marketing tragen, sie will selbst nachhaltig handeln. So ist Eberle heute nicht nur CO₂-neutral, sondern sogar die erste klimapositive Agentur in Deutschland. Sie kompensiert nach eigenen Angaben 10 Prozent mehr Emissionen als sie verursacht, und reduziert Emissionen durch Insetting-Projekte, also der Einbeziehung von ganzheitlichen Klima-Faktoren wie Biodiversität, Recyclingfähigkeit oder Wassereinsparung. Dafür wurde der Agentur der Deutsche Nachhaltigkeitspreis verliehen.  

Bernd Eberle - CEO von Eberle
Nach Stationen in internationalen Netzwerk-Agenturen hat Bernd Eberle in den 90er Jahren die Geschäftsführung der Werbeagentur Eberle in dritter Generation übernommen. (©Eberle)

Dass Bernd Eberle einmal die Werbeagentur Eberle übernehmen würde, war jedoch nicht der Wunsch der Familie – im Gegenteil. Diese hielt ihn wegen mangelnden Zeichentalents für ungeeignet. Nach dem Abitur studiert Eberle in Nürnberg BWL. „Was man eben so macht, wenn man nicht zeichnen kann“, schmunzelt der Schwabe.  

Der Weg in die Nachhaltigkeit wird geebnet 

In dieser Zeit beginnt Eberle, sich für das Marketing zu interessieren, jobbt in den Semesterferien. Natürlich in einer Agentur. Nach dem Studium zieht er nach Hamburg und beginnt 1989 bei Wilkens Ayer. Zwei Jahre später zieht es ihn mit Ende Zwanzig zu DDB nach Düsseldorf, dort wird er Assistent der Geschäftsführung. Eines Tages will sein Vater wissen, ob er nicht doch ins Familienunternehmen einsteigen möchte. Er will. Seit Februar 1992 ist Bernd Eberle Geschäftsführer der Eberle GmbH. Aus heutiger Sicht ein Glück, findet er. 
 
„Ich wäre gern ein paar Jahre länger in der internationalen Agenturbranche geblieben. Aber ich habe mich damals schon gefragt: Will ich als angestellter Manager alt werden?“ Damals sei die Agenturbranche noch toxischer gewesen, der Druck sehr hoch, der Umgang ruppig. Das habe sich zwar geändert. „Aber für mich kam nur die Eigenständigkeit in Frage.“ 
 
Von Düsseldorf geht es also zurück nach Schwäbisch Gmünd. In der Heimat legt der frisch gebackene Geschäftsführer den Grundstein für das Thema Nachhaltigkeit. Und das gleich in seiner ersten Woche. Weleda sucht nach einer neuen Agentur – ein Heimspiel für Eberle. „Weleda hatte damals noch Berührungsängste mit Marketing“, erinnert er sich. Mit Eberle findet die Marke ihren Weg in die Werbung. „Und wir sind so in den Bio-Nahrungsergänzungsmittel-Bereich hereingewachsen. Der Begriff Nachhaltigkeit war damals noch nicht so konkret“, erinnert sich Eberle.  

Von Ideologie keine Spur 

Mit wenig Budget bringt Eberle Weleda nach vorn. So wird Alnatura auf Eberle aufmerksam. „Wir haben für sie dann ein paar Tees gestaltet, seitdem arbeiten wir zusammen.“ Auch das ein Erfolg. Alnatura erwirtschaftet damals circa 14 Millionen Euro Umsatz, heute sind es über eine Milliarde Euro. 

Wichtig sei Eberle, dass die KMUs, mit denen seine Agentur vor allem zusammenarbeitet, Werte vertreten und „deren Produkte ein bissle Substanz haben“, schwäbelt Eberle. Die Agentur erwirtschaftet 80 bis 90 Prozent ihres Umsatzes durch die Zusammenarbeit mit solchen Marken. Doch Geld muss auch mit Unternehmen verdient werden, die nicht ausgewiesen auf Bio, Diversität oder Nachhaltigkeit setzen. „Ich bin kein Ideologe“, sagt Eberle.  

Kund*innen achten doch eher auf den Preis 

Doch wer bestimmt eigentlich, wie sehr Nachhaltigkeit im Markt gefordert wird? Für die Hersteller spiele der Handel eine große Rolle, sagt Eberle. „Der verlangt gerade die Einhaltung hoher Standards, weil sich der Handel nach seinen Kunden richtet.“ Die Energiekrise und der Ukraine-Krieg hätten die Situation verändert. „Derzeit schauen Kund*innen doch eher auf den Preis.“  

Kritisch sieht Eberle auch die Vorgaben durch die Regierung.  “Derzeit stürzen sich alle auf das Thema Nachhaltigkeit. Durch die neuen Richtlinien zur Berichterstattungspflicht habe ich das Gefühl, dass Nachhaltigkeit derzeit in einem Verwaltungswulst an Vorschriften untergeht und zur lästigen Pflicht wird.“  

Trotzdem sei es wichtig, dass man versuche, den Klimawandel zu bremsen. “Dazu müssen wir alle mitnehmen. Es lässt sich nicht alles mir Vorschriften regeln.” Europa sei da nur ein kleiner Teil, entscheidend sei der “internationale Blick und der gesunde Menschenverstand”. 

(amx, Jahrgang 1989) ist seit Juli 2022 Redakteur bei der absatzwirtschaft. Er ist weder Native noch Immigrant, doch auf jeden Fall Digital. Der Wahlberliner mit einem Faible für Nischenthemen verfügt über ein breites Interessenspektrum, was sich bei ihm auch beruflich niederschlägt: So hat er bereits beim Playboy, in der Agentur C3 sowie beim Branchendienst Meedia gearbeitet.