Von Gastautor Benjamin Tange, Director Marketing & Sales bei Picalike
Schon 2005 prägte Barry Schwartz den Begriff des „Paradox of Choice“: Zu viel Auswahl kann Konsumenten auch verunsichern und sie in ihrer Kaufentscheidung behindern. E-Commerce-Anbieter reagieren deshalb oft damit, Nutzer mit Recommendation Engines zu führen. Die meisten Produktempfehlungstools setzen dabei auf historische Daten wie alte Warenkörbe oder Informationen aus den Produktbeschreibungen. Dabei bleibt die Kundenorientierung oftmals auf der Strecke. Der Erfolgsdruck der Systemanbieter führt häufig dazu, dass die Topseller und bestkonvertierenden Produkte angezeigt werden, was einen selbstverstärkenden Effekt hat und große Teile des Sortiments ins Abseits stellt.
Analyse der Produktfotos
Ein gänzlich neuer Ansatz auf Basis visueller Technologie und künstlicher Intelligenz berücksichtigt, dass in den bedeutendsten E-Commerce Branchen wie Mode, Schmuck, Accessoires, Sport, aber auch Möbel und Dekoration die Optik des Artikels ein maßgebliches Kriterium der Kaufentscheidung ist. Picalike‘s visuelle Technologie analysiert die Produktfotos und ist in der Lage, aus dem Gesamtsortiment die optisch ähnlichsten Artikel herauszufinden. Gefiltert durch Merkmale wie Preis, Marke oder auch Marge lassen sich die relevantesten Produkte präsentieren. Dies wird in Zeiten von zunehmend kleineren Bildschirmen durch mobile Nutzung immer wichtiger.
Durch die Analyse der Clickpfade des jeweiligen Onlineshop-Besuchers in Echtzeit wird die Produktempfehlung sogar kundenindividuell. Selbstlernende Algorithmen erkennen, für welche Art von Produkten der Kunde sich derzeit interessiert. Die bestimmenden Kriterien wie Farbe, Schnitt oder Muster werden in die folgenden Recommendations einbezogen. Dies erhöht die Conversionrate erheblich, denn je persönlicher die Produktempfehlung, desto besser.
Kundenindividuelle Inspiration
Mit der Einführung von inspirativen Galerien und Lookbooks versucht der Onlinehandel, die Beratungskompetenz des Verkaufsberaters aus dem stationären Einzelhandel zu übertragen und höhere Warenkorbwerte zu realisieren. Bis heute geschieht das entweder händisch durch Stylisten und Merchandiser in stilprägender Qualität, allerdings nur in eng begrenztem Umfang für einen Bruchteil des Sortiments oder datengetrieben durch Kombination von Artikeln komplementärer Kategorien, in großer Breite, aber mit stilistisch schwacher Ausprägung.
Auch diese Herausforderung lässt sich mit der von Picalike entwickelten Technologie meistern. „Shop the Look“™ sorgt für kundenindividuelle, persönliche Inspiration und verkürzt den Weg zur Transaktion. In einer einfach zu bedienenden Web-Oberfläche lassen sich Styles mit bis zu sechs Artikeln kuratieren. Die als Software as a Service (SaaS) angebotene Technologie durchsucht das Gesamtsortiment und stellt eine Vielzahl von Outfits beziehungsweise Looks zusammen, die alle den ursprünglich kuratierten Style repräsentieren.
Die stilprägende Modekompetenz wird sichergestellt, indem ein Ähnlichkeitsmaß in Abhängigkeit der gewählten Designs, Farben und Preisspannen festgelegt wird. Mit wenigen Clicks lässt sich so der Großteil des Sortiments in das Cross-Selling involvieren. Der Kunde erlebt dabei eine völlig neue Art der Entdeckungsreise durch das Sortiment, denn auch hier werden die individuellen Vorlieben des Kunden in den Recommendations berücksichtigt. Der Kunde fühlt sich verstanden. Dies resultiert in erheblichen Steigerungen der Conversionrate und des Warenkorbwertes.
Über den Autor: Benjamin Tange zeichnet seit Herbst 2015 bei Picalike als Direktor Marketing und Vertrieb verantwortlich. Zuvor hat er bereits zwei technologisch innovative Start-ups selbst gegründet und als Geschäftsführer die Online Media Agentur Uniquedigital zu einem Online Marketing Dienstleister mit über 70 Mitarbeitern ausgebaut. Berufliche Stationen zuvor waren die E-Commerce Plattform Ricardo.de und der Pay TV Sender Premiere (heute Sky).
Fünf Fragen an den Autor:
Hatten Sie schon einmal ein Problem mit der Wahl der richtigen Jeans und haben sich gewünscht, der Onlineshop hätte Picalike?
BENJAMIN TANGE: Bei fast jedem Besuch in Onlineshops ärgere ich mich über unpassende Produktvorschläge, die weder zum „Objekt der Begierde“ noch zu meinem Stil passen.
Wie kam es zu der Idee zu Picalike?
Picalike basiert auf der Neugierde, dem Computer das „Sehen“ und vor allem das intelligente „Sehverständnis“ beizubringen. Das tun wir nie abstrakt, sondern immer mit einem messbaren Usecase dahinter. Unsere neueste Innovation „Shop the Look“ ist in Zusammenarbeit mit einem Kunden entstanden, der seine besten Stylisten „klonen“ möchte.
Wer nutzt Picalike und wie viele Produktempfehlungen liefern Sie aus?
Etwa 40 Kunden in 20 Ländern nutzen Picalike (Bilder sind sprachunabhängig). Wir liefern derzeit etwa 150 Millionen Produktempfehlungen monatlich aus und rechnen damit, im vierten Quartal dieses Jahres 200 Millionen Recommendation Requests pro Monat zu beantworten.
Kann man das Produkt auf andere Branchen erweitern? Welche wären das? Und gibt es bereits konkrete potenzielle Partner?
Im E-Commerce eignen sich neben Mode auch Accessoires, Schmuck und Sport sowie Möbel, Lampen und Dekoration besonders gut. Darüber hinaus kommen immer wieder interessante Anfragen aus ganz anderen Branchen, zuletzt aus den Bereichen Security und Rohstoffexploration, die unsere visuelle Technologie verwenden wollen. Prinzipiell ist mit der entwickelten künstlichen Intelligenz vieles möglich, es ist eine Frage der Trainingsdaten für die selbstlernenden Algorithmen.
Welches Ziel hat sich das Unternehmen für dieses Jahr gesetzt?
Wir wollen unsere führende Marktposition in Deutschland und Europa weiter ausbauen und erste größere Kunden im arabischen, asiatischen und US-amerikanischen Markt gewinnen.