Betrachten wir in Hinblick darauf zunächst einmal die Fakten: Online-Werbung wird heute primär geschaltet, um Sales-Marketing zu machen – das heißt, der Besucher einer Webseite wird mit dem Ziel umworben, direkten Online-Umsatz zu generieren. Unterschiedliche Studien, wie etwa vom renommierten Marktforscher Forrester, belegen jedoch, dass die Konversionsraten aus Werbeschaltungen im Social-Media-Umfeld deutlich geringer sind als aus allen bisherigen Kanälen. Das hat nicht zuletzt mit der Intention zu tun, mit der ein Internetnutzer eine Seite besucht. Wer sich in einem sozialen Netzwerk aufhält, der möchte mit seinen Freunden kommunizieren – Werbung wird daher seltener angeklickt. Und noch weniger lassen sich die Nutzer aus ihrem „sozialen Wohnzimmer“ heraus in einen Shop locken, um dort einzukaufen.
Warum also wird dennoch mit viel Aufwand und Geld auf das Thema Social Media eingezahlt? Warum steigen die Investitionen stetig, während der Output in Form von Sales-Konversionen niedrig bleibt und einer Return-on-Investment(ROI)-Betrachtung nicht stand hält? Ich denke, hier lässt sich ein Vergleich mit dem Internethype 1.0 Ende der 90er-Jahre ziehen. Damals gab es beim Run auf – oder besser in – das Internet kein Halten mehr. Jeder wollte dabei sein, mitmachen, mitverdienen – bis die Blase platzte. Dann wurde das Online-Engagement konsolidiert, Investments wurden besser geplant und kontrolliert und so ließen sich nachhaltige Erfolge erzielen. Heute ist das Internet als Informationsmedium und als Vertriebskanal nicht mehr wegzudenken, und Social Media ist als Thema Nr. 1 in aller Munde. Natürlich möchte keiner den Trend-Zug verpassen. Doch auch heute tut jeder gut daran, sein Investment sorgfältig zu planen und vor allem zu überlegen, welche Ziele damit erreicht werden sollen.
Damit kein Missverständnis aufkommt: Für den Kunden-Dialog und das Brandmarketing ist ein durchdachtes Social-Media-Engagement eine sinnvolle Maßnahme und trägt somit indirekt auch zum Erfolg bei. Ebenfalls lässt sich feststellen, dass das Empfehlungsmarketing über soziale Medien gut funktioniert. Dieses generiert sowohl kurzfristigen sowie langfristigen Traffic auf die eigene Website. Kurzfristig direkt über die Weiterempfehlungen im Netzwerk und langfristig auf das Ranking der eigenen Seite in den Suchmaschinen. Was jedoch das Sales-Marketing und die Steigerung des Abverkaufs angeht, sollten sich E-Commerce-Händler nicht durch den umfassenden Hype täuschen lassen – ihre Werbedisplays erzielen auf anderen Webseiten einen höheren ROI.
Auch beim Thema Mobile Commerce besteht kein Grund für hektischen Aktionismus: Es besitzen zwar immer mehr Menschen Smartphones – aber noch die wenigsten kaufen darüber tatsächlich etwas. Eher wird das Gerät genutzt, um zum Beispiel unterwegs Preise zu vergleichen. Vom Mobile Commerce profitieren daher in erster Linie große Vollsortimenter, die über mobile Applikationen ihre Stammkunden am Point of Sale (PoS) ansprechen. Für kleinere Shops lohnt sich dagegen ein Investment im Bereich Mobile bisher nicht. Zudem werden beim Hype um das Mobile Marketing fast immer falsche Kennzahlen zugrunde gelegt, da Tablets zu den mobilen Endgeräten gezählt werden. Tablet PCs wie iPad und Co. verändern jedoch eher das häusliche Nutzungsverhalten. Wurde bisher der PC oder das Notebook zum heimischen Surfen und Shoppen genutzt, kommt heute der Tablet-PC zum Einsatz. Zieht man Smartphones und Tablets bei Erhebungen zum Mobile Marketing zusammen, verfälscht dies die Kennzahlen erheblich und stellt den mobilen Markt attraktiver dar als er tatsächlich noch ist.
Als Fazit lässt sich feststellen: Auf Social Media als Instrument für Dialog- und Brandmarketing zu setzen ist sinnvoll. Und: Mobile Marketing kann sich für bestimmte Anbieter lohnen. Wer mit seinem Online-Werbebudget jedoch den Abverkauf steigern möchte, muss sich auch im Jahr 2012 nicht dem Hype unterwerfen und sollte auf bewährte Onlinemarketing-Instrumente setzen.
Über den Autor: Christian Bennefeld ist Geschäftsführer der Etracker GmbH.