Fast jeder Zweite im internationalen Expertenpanel der Messe Druck und Papier (drupa), die jährlich in Düsseldorf stattfindet, hat für den Zeitraum der letzten fünf Jahre einen Rückgang der Nachfrage nach konventionellen, nicht-digital gedruckten Produkten festgestellt, nur 21 Prozent berichten von einem Nachfrageanstieg.
Massiver Einbruch bei gedruckten Werbemitteln
Den größten Teil der Ausgaben für Druckerzeugnisse generiert die Werbung, daher hat die stetige Verlagerung von Print zu digitalen Kommunikationsformen besonders drastische Folgen. Der relative Rückgang von Print trifft dabei nicht alle Märkte gleichermaßen, einige Bereiche sind besonders stark betroffen. Beispielsweise Zeitungen: Sie mussten in den USA zwischen 1999 und 2012 einen Rückgang von 62 Prozent verbuchen. In derselben Zeit sank der Bedarf nach gedruckter Werbung um 60 Prozent, denn die Werbebranche setzte zunehmend auf digitale Kommunikation. Dagegen wird der Verpackungsbranche bis 2018 ein jährliches Wachstum von vier Prozent vorausgesagt.
Nur eine Minderheit erhöht die IT-Ausgaben
Print ist Teil einer vielschichtigen Kommunikationsindustrie, daher müssen sich laut drupa-Report die Druckdienstleister zunehmend IT-basierten Technologien zuwenden. Doch die Realität sieht – noch – anders aus: Lediglich 23 Prozent des drupa-Expertenpanels verzeichnete in den letzten fünf Jahren einen Anstieg seiner IT-Ausgaben. Und praktisch alle befragten Entscheidungsträger konstatieren einen Mangel an IT-Fachkräften.
Bei Multichannel-Kampagnen kann Print einen immensen Vorteil verbuchen: Die durchschnittliche Responsequote auf postalische Mailings liegt laut Angaben bei 3,4 Prozent, auf E-Mails hingegen nur bei 0,12 Prozent. Eine attraktive, viel versprechende Lösung ist daher die postalische Kommunikation, die den Verbraucher über interaktive Elemente auf digitale Kanäle führt.
Druckereien für Zeitungen, Zeitschriften und Bücher sehen sich einem ähnlich dramatischen Wettbewerb mit dem Internet ausgesetzt. So lag 2012 der Umsatz der Onlinewerbung in den USA höher als der Gesamtumsatz von gedruckter Werbung in Zeitungen und Zeitschriften zusammen. Auch die Vertriebsstruktur für Buchverlage sieht sich drastischen Veränderungen ausgesetzt, ausgelöst von den aktuellen Trends des E-Commerce und dem rasant wachsenden digitalen Print-on-Demand (PoD). Die Verbreitung von E-Books nimmt zwar zu, ist aber eher Ergänzung zu gedruckten Büchern und weniger eine Alternative.
An E-Commerce-Prozessschritte angepasst
Die Mitglieder des drupa-Expertenpanels aus dem Verlagsdruck haben sich diesen Herausforderungen gestellt, indem sie Print on-Demand oder kleinauflagigen Digitaldruck anbieten, sich an E-Commerce-Prozessschritte anpassen und eine Vielzahl neuer Dienstleistungen anbieten, dazu zählen Kundendatenmanagement oder Dateien an alternative Ausgabegeräte anpassen. Und während sinkende oder bestenfalls stagnierende Umsatzzahlen bei der Buchherstellung gemeldet werden, vermeldet der kleinauflagige Digitaldruck ein Wachstum von 59 Prozent und der Bereich der digitalen on-Demand-Produkte einen Anstieg von 51 Prozent.
Die Studie unterstreicht die bereits erkennbaren, weit reichenden Folgen des Onlinehandels für die Musikbranche, Verlage, Großhandel und Banken. Doch die Printbranche hat sich bisher nicht ausreichend bemüht, das große Potenzial dieser Entwicklung für sich zu nutzen. Während 51 Prozent der Panel-Mitglieder über Web-to-Print verfügen, geben nur 14 Prozent an, diesen Dienst für mehr als 25 Prozent ihrer Aufträge zu nutzen.
Im Bereich des Katalogdrucks berichten 47 Prozent des Panels von sinkenden Absätzen für konventionelle Printprodukte, 15 Prozent verzeichneten einen Anstieg – damit bleibt als Gesamtergebnis ein Rückgang von 31 Prozent. Gute Nachrichten gibt es bei versionierten Katalogen: Hier meldeten 47 Prozent einen Anstieg, 60 Prozent verzeichneten einen Anstieg bei Kleinstauflagen. Der Grund: Die Werbung hat erkannt, dass gedruckte Kataloge den Onlinehandel ankurbeln, also ist Print ein wertvoller Verbündeter im E-Commerce-Geschäft, wenn es Teil einer integrierten Multichannel-Kampagne ist.
Rasant wachsender Markt für interaktiven Druck
Variabler Datendruck (VDP) ist die wichtigste Voraussetzung, um den veränderten Kundenwünschen optimal entsprechen zu können. Während bei statischen Druckprodukten ein leichter Rückgang prognostiziert wird, erwartet man beim Digitaldruck eine Verdoppelung des bestehenden digitalen Printvolumens auf ein Gesamtvolumen von 14 Prozent bis zum Jahr 2017.
72 Prozent der Akzidenzdruckereien im drupa-Panel bieten VDP an, davon berichten 56 Prozent über ein leichtes bis größeres Wachstum, das allerdings bei kleinem Ausgangsvolumen. Eine weitere bemerkenswerte Entwicklung ist der rasant wachsende Markt für interaktiven Druck (QR-Codes, Augmented Reality). Er eröffnet Print eine wichtige Rolle beim Onlinehandel. 32 Prozent der Panelmitglieder bieten mindestens eine solche Dienstleistung an.
Für die Verpackungsindustrie gilt, dass die Hälfte der befragten Experten mindestens eine Form von interaktiven Druck im Portfolio hat. Dabei realisieren 43 Prozent Variablen Datendruck und 41 Prozent bieten kundenindividuelle Druckdienstleistung.
Im ersten Schritt müsse sich die Druckindustrie jedoch noch stärker um Nähe zum Auftraggeber und seiner Kunden bemühen, heißt es in der Studie. Erst dann lasse sich das Potenzial von Personalisierung beziehungsweise Versionalisierung von Druckprodukten erschließen.
Kaum integrierte Kampagnen der Anbieter
Das Internet hilft der Branche, im Wettbewerb zu bestehen, hat die Vertriebs- und Marketingstrukturen aber grundlegend verändert. Das drupa-Expertenpanel räumt ein, sich nur unzureichend mit Neuerungen wie der Kundendatenverwaltung (lediglich 34 Prozent verwenden diese Technik), Webseitenanalyse (23 Prozent) und sozialen Medien (25 Prozent) auseinandergesetzt zu haben, und nur 17 Prozent nutzt diese Möglichkeiten bei integrierten Kampagnen, die erwiesenermaßen die beste Art darstellen, diese Kanäle zu nutzen.
Was die „Customer Journey“ über mehrere Kanäle und ihre Wirksamkeit betrifft, so hat ein Großteil der Mitglieder des drupa-Panels (84 Prozent) angegeben, FTP/Upload-Portale zu nutzen, aber nur 55 Prozent verwenden eine automatisierte Preflight-Prüfung und nur 44 Prozent verwenden DAM. Lediglich 47 Prozent arbeiten mit integrierter Kalkulation, Auftragsverwaltung und Jobtickets. 21 Prozent setzen ein automatisiertes System für die Auftragsabwicklung von der Anfrage bis zur Fakturierung ein.
68 Prozent des Panels tätigt seinen Einkauf zwar online, aber weniger als die Hälfte der Befragten verwendet das Internet zu Schulungszwecken, Personalsuche, Verbesserung der Business Intelligence oder zur Bonitätsprüfung. Das Ergebnis erstaunt die Studienverantwortlichen: Nur eine geringe Anzahl von Unternehmen nutzt das Potenzial dieser Online-Dienste zur Steigerung ihrer Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit, betonen sie.
(Messe Düsseldorf/asc)