Donald Trump ist ein erfolgreicher Unternehmer – in der amerikanischen Lesart: Er ist auch bankrotterprobt. Seine wirtschaftlichen Krisenerfahrungen in den 90er Jahren hat er in den Folgejahren produktiv umgesetzt und sich umorientiert: weg vom Verkauf von Immobilien, hin zur Mutation seiner selbst zur Marke und zum Verkauf derselben. Jetzt feiert er den ersten großen Erfolg: „Trump is the first brand to run for president“ (Elizabeth Drew, New York Review of Books).
Macht als Markenkern
Als Marke ist Trump eine Konstruktion, ein Präsidentschaftskandidat als Mischung aus „reality television star and wealthy businessman“. Für die relevante Zielgruppe – bisher lediglich die aktiven republikanischen Vorwähler – ist die Marke sehr attraktiv. Ihr Markenkern: mächtig. Ansteckend mächtig. Trump muss Macht noch gar nicht innehaben, um bereits erfolgreich den Eindruck zu vermitteln, sie auszuüben.
Trumps Markenattribute:
- Erfahren – auf die Art, auf die es ankommt, also im wirklichen Leben, nicht in der Politik: „I know the Chinese. I’ve made a lot of money with the Chinese.“
- Selbstbewusst – völlig unbekümmert selbstbewusst: „Show me someone without an ego, and I’ll show you a loser.“
- Eigenständig – nicht gefangen in den Zwängen des politischen Systems und nicht eingezwängt in das Korsett der political correctness: nur „hypocrites argue that a man who loves and appreciates beautiful women … shouldn`t become a national leader“.
- Erfolgreich – unwiderlegbar für seine Landsleute: „I’m really rich.”
Er kommt ohne komplexe politische Programmatik aus. Für seine Mission genügen wenige Worte eines eingängigen Slogans: „Make America Great Again.“ Sein Auftritt ist „exciting and funny“: vom eigenem Flugzeug über immer wieder unterhaltsame verbale Ausfälle bis zur baseball cap. Stets freut sich das Publikum erregt auf Neues, auf den nächsten destruktiven Schachzug oder eigentlich unverzeihlichen Fehltritt. Hierauf basiert seine Medienstrategie und setzt auf unbezahlte Kommunikation, unbeauftragte Berichterstattung. Die Medienwelt hat erwartbar und verlässlich geliefert. Und Wettbewerb? In der Partei, die er (dieses Mal) für seine Kandidatur als Plattform auserwählt hat: Fehlanzeige. „Morons.“ „Dummies.“ „Lightweights.“
Die Marke als Beleidigung und Provokation
Den gesunden Menschenverstand beleidigt diese Marke ganz unbekümmert. Für den weltoffenen Zeitgenossen stellt sie gezielt eine angsterregende Provokation dar. Für den verantwortungsbewussten Politiker ist sie beabsichtigt kaum verdaubar. In der politischen Welt ist es so eigentlich nicht denkbar und vermeintlich nicht erfolgversprechend.
Aber wie sieht es in der Marketingwelt auf Basis der dort herrschenden ökonomischen Rationalität aus? Diese ist „ihrem Wesen nach eine Zweck-Mittel-Rationalität“ (Otfried Höffe), sie zielt auf „Nutzenmaximierung, die sich nicht um die Frage kümmert: Nutzen wofür?“. Es geht um den geringstmöglichen Einsatz, um ein Ziel zu erreichen. Nur Mittel und Wege interessieren. Zugrunde liegt unter dem Deckmantel der ethischen Neutralität eine krude „Erfolgsethik“. Erfolg heiligt jedes Mittel und jeden Weg. Die ökonomische Rationalität ist „nicht unvernünftig, aber vernunftlos. … Aus sich heraus ist die ökonomische Rationalität zur wahren Vernunft nicht fähig“.
Dies kann man der Marke Trump nicht vorwerfen. In unserer vermarkteten Welt, also in der Welt, in der die Ökonomisierung und damit die Deutungshoheit der Marketinglogik immer weitere gesellschaftliche Bereiche erfasst, gibt ihr der bisherige Erfolg Recht.
Ein Scheitern ist möglich
Und wie geht es weiter? Marketing ist ein zunehmend beliebtes Erfolgsrezept. Aber die Geschichte des Marketings ist auch eine Geschichte der Flops. Noch kann die Marke Trump im Chaos des Wahlkongresses der Republikaner untergehen. Noch kann sie an der Angst, der Vernunft oder am Mitgefühl von Wählerinnen und Wählern scheitern – erfahrungsgemäß sind nur geringe Stimmenzahlen nötig, um Präsidentschaftswahlen zwischen den zwei Parteiblöcken zu entscheiden. Und im schlimmsten Fall kann die erfolgreiche Marke Trump als Präsident noch ins Räderwerk des politischen Systems in den USA geraten. Zuletzt erging es Obama ja auch so.
Über den Autor: Jürgen Häusler war Chairman von Interbrand Central and Eastern Europe. Der Markenexperte betreute zahlreiche renommierte Unternehmen in der strategischen Markenführung. Er ist Honorarprofessor für Strategische Unternehmenskommunikation an der Universität Leipzig.