Herr Strauß, was ist denn zurzeit das heißeste Thema im Marketing?
RALF STRAUSS: Es gibt nicht nur ein Thema, es sind viele Themen. Das wichtigste Oberthema ist zurzeit die Umsetzung. Wie setze ich Datenstrategie, Customer Journey-Analyse und dergleichen um? Ein zweites Thema ist Marketingtech. Marketer müssen Plattformen aufsetzen. Es wird viel über Voice Commerce oder künstliche Intelligenz gesprochen – das ist ja auch alles toll, hat aber überhaupt keinen Sinn, wenn ich keine Plattform habe, auf der die Daten zusammenfließen.
Wie finden Marketingentscheiderinnen und -entscheider denn heraus, welches das richtige Tool ist?
In zwei Schritten: Sie müssen verstehen, wie viele verschiedene Arten von Tools es gibt und über ein einfaches Auditverfahren identifizieren, in welchen Feldern sie den größten Handlungsbedarf beziehungsweise den größten Benefit haben. Wenn das erledigt ist, geht es darum, einen sogenannten Bebauungsplan zu erstellen, mit dem je nach Geschäftsmodell und Bedarf schrittweise die nötigen Lösungen implementiert werden. Das sind langjährig etablierte Methoden aus der IT, die das Marketing übernehmen muss.
Für all das benötigen Marketingprofis zumindest ein Mindestmaß an IT-Expertise, die aber ja bislang nicht zum Berufsbild gehörte. Wie sollen sie denn entscheiden, welche Software-Lösung, welches Tool, welche Plattform für ihre Aufgabe die richtige ist?
Es gibt über 8000 Tools, die jeweils eigene Begriffswelten prägen und zum Teil schwer verständlich sind. Es ist schwierig, dranzubleiben und alles zu überblicken. Das hat auch der Marketing Tech Monitor 2019 gezeigt. Am besten, man holt sich Leute von außen ins Haus und macht Workshops, um das Thema strukturell und konzeptionell zu verorten und festzustellen, wo man steht, was man hat und wo man hinwill.
Ist es sinnvoll, intern speziell jemanden mit Marketingtech-Kompetenz aufzubauen?
Mittelfristig wird es ein neues Rollenprofil geben, den Marketing Technology Specialist, der die Schnittstelle zwischen dem Fachbereich und der IT besetzt.
Was müssen diese Spezialisten gelernt haben?
Entweder Marketing mit Vertiefung Wirtschaftsinformatik oder umgekehrt. Oder sie kommen aus der IT und haben schon Implementierungsprojekte im Marketing- oder Vertriebsumfeld mitgemacht.
Marketing ist momentan ungemein technikdominiert. Wird der Deutsche Marketing Tag Anfang Dezember auch so technisch?
Nein. Wenn Sie sich das Programm anschauen, werden Sie sehen, dass wir natürlich Marketingtech oder Big Data auf der Agenda haben, aber auch Markenführung, Social Media, Content Marketing, Führung und Organisation oder Lost Brands – wir besetzen alle Themen, die aus Sicht der Marketingleiter in Europa wichtig sind.
Hier eine ganz kurze Gelegenheit zur Werbung – warum sollte man denn hingehen?
Weil man nicht auf 3000 Meter Flughöhe beschallt wird oder mit stimmungsvollen Powerpoint-Präsentationen durch Dienstleister im Dauer-Pitch-Modus, sondern ganz handfest von Leuten, die in der Verantwortung stehen und aus der eigenen Verantwortungen beschreiben können, was funktioniert und was nicht – und was ihre eigenen Lessons Learned in der Umsetzung sind.
Der 46. Deutsche Marketing Tag findet am 4. und 5. Dezember 2019 in Düsseldorf statt. Die absatzwirtschaft ist Mitveranstalter des Events – sichern Sie sich hier jetzt noch Ihr Ticket!