Von Gastautor Daniel Pannrucker, Managing Director von The Story Lab Deutschland.
Besonders in der Medienlandschaft hinterlässt die Digitalisierung derzeit sehr deutlich ihre Spuren. Das Echo aus der Branche ist gespalten, teils kritische Stimmen machen ihrem Unmut Luft. Die Schuldigen sind dabei oftmals schnell gefunden: facebook und Google als vermeintlich übermächtige Marktherrscher oder Netflix und Amazon, die renommierten Medienhäusern das Publikum streitig machen.
Dass etablierte Medienunternehmen vor großen Herausforderungen stehen, liegt auf der Hand: Im Zuge der digitalen Transformation hat sich das Mediennutzungsverhalten deutlich verändert. Außerdem tragen das Wegbrechen alter Werbemärkte und die steigende Ausdifferenzierung der Medienangebote zu einer einschneidenden Veränderung des Ökosystems bei. Umso wichtiger ist es also, Antworten auf diesen Wandel zu finden. Aber warum fällt genau das so schwer?
- Starke Abhängigkeit: Traditionelle Medien sitzen auf oft nur einem Portemonnaie. Die direkte und indirekte Haupteinnahmequelle bleibt die Werbung.
- Sinkende Wirkung: Nutzungsbeitrag und Preis-Leitungsverhältnis werden vermehrt in Frage gestellt.
- Fehlende Alleinstellung: Neben den Medien erstellen und verbreiten vermehrt auch Influencer immer mehr Inhalte auf den sozialen Kanälen.
- Selbstbestimmter Medienkonsum: Der Konsument wird zum Programmchef und sucht sich seine Inhalte aus.
- Gefährliches Desinteresse: Werbefinanzierte Medien verlieren kontinuierlich an Reichweite und die Akzeptanz von Werbung bei den Konsumenten sinkt weiterhin.
- Mehr Alternativen: Die Konkurrenz wächst unaufhaltsam, täglich schießen digitale Plattformen, Sender, Medien und Angebote wie Pilze aus dem Boden.
Gerade der letzte Punkt zeigt, dass sich die Informationsgesellschaft in einer global vernetzten Welt ihre eigenen Wege in die Gesellschaft bahnt. Junge, digitale Unternehmer bringen in immer höherer Geschwindigkeit disruptive Geschäftsmodelle hervor. Die meisten traditionellen Medienhäuser können hier, zumeist aus Strukturgründen, nur schwer mithalten.
Neue Modelle erfordern Klarheit, einen langen Atem und kreative Unternehmer
Dies heißt nicht, dass Verlage und TV-Sender tatenlos zuschauen. Sie weiten ihr Geschäft in vor- und nachgelagerte Stufen der Wertschöpfungskette oder gar in vollkommen neue Märkte aus. Ein Beispiel ist die Bündelung und Zentralisierung von Content-Produktion- und Distribution durch das Zusammenlegen von Redaktionen zu sogenannten Content Competence Centern.
Doch auch wenn es vereinzelt innovative Geschäftsmodelle aus Deutschland gibt, die den Medien-Konsumenten in den Mittelpunkt ihrer Mission stellen – nehmen wir den Streamingdienst Pantaflix von Mattias Schweighöfer, der achtmal so viele Filme anbietet wie Netflix in den USA – so kommen die wahren Zukunftstrends weiterhin aus den USA und Asien: Immersive Storytelling, Wearable Computing oder die zunehmende Bedeutung von Social Media-, Chat- und Messaging-Apps für mediale Inhalte – um nur ein paar zu nennen.
Ein entscheidender Faktor ist Offenheit für Wandel. Denn ohne eine digitale Transformation halten sich traditionelle Medienunternehmen mit ihren Geschäftsmodellen noch genau so lange, wie es traditionelle Kunden und Dienstleister gibt. Eine wirklich erfolgreiche Strategie braucht allerdings sehn bis zwanzig Jahre, bis sie greift – und scheitern sollte erlaubt sein. Zudem ist jedes Unternehmen anders, eine Standardlösung gibt es nicht.
Klar ist aber auch: Die Potenziale eines werbefinanzierten Medienunternehmens, egal ob aus der TV, Film-, Print- oder Digitalbranche, lassen sich durch eine Transformation deutlich besser nutzen. Und: Die Abhängigkeit von der werbetreibenden Branche kann auf diese Weise spürbar reduziert werden.
Über den Autor
Daniel Pannrucker ist seit Januar 2016 Mitglied im Management Board des Dentsu Aegis Network Germany und für den gesamten Content-Bereich der Gruppe verantwortlich. Seit Mai 2016 ist Pannrucker Geschäftsführer von The Story Lab, einem international tätigen Dienstleister für innovative Content-Lösungen. Davor war Pannrucker seit Oktober 2015 Interim-Geschäftsführer der Digitalagentur Isobar. Seine Karriere startete Pannrucker 2001 als Kommunikationsberater bei der Mediacom, wechselte 2003 zur Spezialagentur blöcher+partner platforming®, die er 2016 in die The Story Lab integrierte, und baute von 2004 bis 2007 als Geschäftsleiter die zur Publicis-Gruppe gehörenden Spezialagentur Newcast auf, eine Innovationsagentur für kreative Media- und Kommunikationslösungen.