Dmexco-Fazit: Kein optimales WLAN, keine perfekten Vorträge, aber Top-Moderatoren und weniger Buzzwords

Zwei Tage Dmexco liegen hinter uns. Eine Zeit mit vielen Eindrücken, tollen Vorträgen, kreativen Ausstellern. Über 1.000 Aussteller aus 40 Ländern, mehr als 550 Speaker und insgesamt rund 41.000 Fachbesucher waren an beiden Tagen in Köln. Was nimmt man mit von dieser Messe? Was gab es für Kritikpunkte? Ein Rückblick
Die absatwirtschaft schaut auf zwei Tage Dmexco

Von Linda Gondorf und Thomas Borgböhmer

Gesellschaftliche Verantwortung der Technologie-Riesen

Die Ereignisse in Chemnitz und Köthen waren auch bei der in Köln versammelten Digitalwirtschaft ein großes Thema. Schließlich wird die Digitalisierung als eine von vielen Ursachen für die Ängste der Bürger angeführt. Am ersten Tag thematisierte dies der Telekom-CEO Timotheus Höttges, als er in seiner Brandrede fragte: “Was zur Hölle ist los in unserer Gesellschaft?” Sein gesellschaftskritischer Vortrag war ein Appell an Firmen, sich in politisch unruhigen Zeiten zu positionieren. Sein Arbeitgeber stelle sich beispielsweise mit dem Spruch “Life is for sharing” klar gegen Rassismus und Spaltung.

Höttges ist nicht der erste Dax-CEO, der sich gegen Fremdenhass ausspricht. Bereits im Juli hatte Joe Kaeser, der Siemens-Chef, die AfD mit den Worten kritisiert: “Lieber Kopftuch-Mädel als Bund Deutscher Mädel.“

Sex sells! – oder: die Pornhub-Banane

Ein eher abseitiges Gesprächs-Thema der Messe war der Stand von Pornhub. Eine Dmexco-Besucherin twitterte dazu ganz passend: “Der Pornhub-Stand funktioniert übrigens genauso wie im Web. Etliche Leute tummeln sich wie zufällig in dessen Nähe, man hört Kichern und unauffälliges Husten. Direkt darauf zu geht niemand.” Und auch die Plakate des kanadischen Unternehmens in den Toiletten sorgten für Gesprächsstoff.

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Nicht zu vergessen: Es gibt auch noch das Wiener Würstchen im Hotdog.

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Bye bye Buzzword-Bingo

Das Ziel von Dmexco-Macher Dominik Matyka war es, die Diskursqualität auf der Messe zu erhöhen. Die Buzzword-Frequenz im Dmexco-Verzeichnis und in den Titeln der Sessions wurde zwar nicht auf Null zurückgefahren. Bei den Diskussionen an den Ständen und bei den Sessions gab es gab es aber durchaus positives Feedback der Besucher, dass sie einiges lernen konnten.

Knackpunkt WLAN-Empfang

Wer nicht mehrere Stunden des Tages im Pressezentrum das WLAN-Netz nutzen konnte, musste wohl auf seine mobilen Daten vertrauen. Bei der Dmexco geht es zwar um digitale Themen wie Breitbandausbau – ein konstant funktionierendes WLAN in den Messehallen war jedoch Fehlanzeige.

https://twitter.com/missgamingnerd/status/1039830827088130048

Immerhin: Wer sich genau an den richtigen Stellen auf dem Gelände aufhielt, hatte vielleicht das Glück in einen der verfügbaren WLAN-Spots zu kommen. Trotzdem peinlich.

Barista-Kaffee-Overkill

Schön, dass man sich auf der Dmexco weiterhin mit Kaffee betrinken kann. An fast jedem zweiten Stand gab den „besten Barista-Kaffee“, natürlich. Ein Tipp an die Aussteller: Vielleicht für das nächste Jahr mal auf Smoothies, Bio-Limos oder anderes neumodisches Zeug setzen. Immerhin gab es keinen Massenandrang in der Food-Corner. Man kennt es ja sonst von anderen Events wie den Online Marketing Rockstars: Wenn die Mittagszeit naht, ist kein Halten mehr. Ellenlange Schlangen, vor zu wenigen Food-Trucks. Bei der Dmexco konnte man verschiedene Spots zum Essen wählen, sodass es zwar Schlangen gab, diese sich aber ziemlich schnell wieder auflösten. Gut organisiert.

Manches kratzt doch nur an der Oberfläche

Seminare, die nur 15 Minuten dauern, bringen den Zuhörern nichts. Ehe man im Thema ist, erklingt bereits die Musik für das Ende des Vortrags. Weniger ist manchmal mehr, und dann dafür länger. Manche Unternehmen benutzten die großen Bühnen nur, um ihr Produkt in den Mittelpunkt zu rücken. Wie andere Unternehmen aber mit der Marke arbeiten, sich selbst positionieren oder Marketingmaßnahmen gestalten können, das erfuhr man eher an den Ständen von den Experten, als bei den Vorträgen auf der Congress Stage.

Beispiel Snapchat: Wie man dort eine Zielgruppe für das eigene Unternehmen erschließen kann – so war der Vortrag im Programm angekündigt – blieb völlig offen. Dafür wurde dem zahlreich anwesenden Publikum die schöne Welt des Dienstes erklärt. Dass die Rede von Peter Sellis, immerhin Director Product Management für Monetization, eher uninspirierend wirkte, kann auch mit den neuesten Meldungen aus dem Unternehmens zusammenhängen: Strategiechef Imran Khan verlässt nach drei Jahren Snap. Er hatte eine zentrale Rolle während des Börsengangs gespielt. Ob sich das nun auf den Vortrag ausgewirkt hat, sei mal dahingestellt. Dennoch gilt: Mehr Tiefe bei den Vorträgen ist wünschenswert.

Beste Moderatorin auf der Congress Stage

Dort Kritik, hier Lob: Die britische TV-Journalistin Louise Houghton hat die Congress Bühne gerockt. Professionell, charmant, witzig, immer den Überblick behaltend. Houghton merkte man ihre journalistische Ader an. Sie kennt sich mit vielen Themen aus, wie Sport, Ernährung, Musik, Kunst aber auch autonomen Fahren. Sie war top vorbereitet bis ins kleinste Detail. Auf den anderen Bühnen glänzten, wie auch schon in den Vorjahren, Cherno Jobatey, Susan Bäthge und Martin Meyer-Gossner.

https://www.instagram.com/p/BnpCCM9ntBY/?utm_source=ig_twitter_share&igshid=qm9m3vhl7yh5

Als KI-Experte Chris Boos und Dorothee Bär, Staatsministerin für Digitalisierung, über den Stand der Digitalisierung in Deutschland sprachen, mangelte es an konkreten Zwischenfragen eines erfahrenen Moderators. Die Rolle konnte Boos nicht ausfüllen, und so blieb die vielversprechend klingende Debatte viel zu vage.

Neue Ausstellerformate

Laut Dmexco-Team gab es sehr positive Resonanz bei Publikum und Ausstellern zur neu entwickelten World of Agencies, in der in diesem Jahr 16 Unternehmen – darunter Collabary by Zalando, Echte Liebe, Madvertise und Nayoki – ausstellten. 2019 soll das Format ausgebaut werden. Gut so! Schade wiederum, dass das Startup-Village in der letzten Halle zu finden war. Mehr Integration in eine der großen Hallen würde den kleinen Ausstellern und Newcomern mehr Aufmerksamkeit bringen.