Wenn Weltkonzerne wie McDonald’s oder Meta ihre Diversity-, Equity- und Inclusion-Programme (DEI) einstellen, hat das nichts mit Zufall zu tun. Es ist eine Reaktion auf den politischen Wind in den USA: Donald Trump kehrt zurück, und mit ihm ein Klima, in dem „Wokeness“ und Diversität zu Feindbildern stilisiert werden. Für viele Menschen mag es wie eine pragmatische Anpassung wirken – eine Maßnahme, um wirtschaftliche Einbußen zu vermeiden. Doch diese Entscheidungen gehen weit über kurzfristige Strategien hinaus. Sie haben Konsequenzen, die uns alle betreffen: die Gesellschaft, Marken und die Kommunikationsbranche.
Die Angst vor dem „Woke“-Stempel
Dass viele US-Unternehmen aus Angst vor dem „Woke“-Stigma Diversitätsbemühungen aufgeben, zeugt von einer gefährlichen Kurzsichtigkeit. McDonald’s beendet DEI-Trainings, Meta streicht dazu noch seine Faktenprüfungen und Banken wie JP Morgan treten aus Klimabündnissen aus. Auch Toyota, Ford, Harley-Davidson und John Deere haben ihre Regeln geändert. Walmart hatte bereits Ende November seine DEI-Regeln zurückgefahren. Diese Entwicklungen sind weniger strategisch als opportunistisch: ein kurzfristiges Einlenken gegenüber politischen und gesellschaftlichen Strömungen. Dieses Vorgehen jedoch schadet dem Vertrauen, das Marken über Jahre aufgebaut haben, und rüttelt an den Grundfesten ihrer Glaubwürdigkeit.
„Woke“ – einst Synonym für das Bewusstsein sozialer Ungerechtigkeiten – ist zum Reizthema geworden. Konservative Kräfte karikieren es als moralischen Absolutismus, der spaltet. Das Problem: Diese Verzerrung führt dazu, dass Unternehmen aus Angst lieber auf Diversität verzichten, statt sich ihr aktiv zu widmen. Dabei geht es bei Diversität um etwas völlig anderes: um Chancengleichheit, um Respekt und um die Freiheit, unterschiedlich zu sein.
Diversität als Grundpfeiler der Freiheit
Gerade jene, die Freiheit als höchsten Wert verteidigen – viele Konservative in den USA eingeschlossen – sollten Diversität eigentlich feiern. Denn was ist Freiheit, wenn nicht die Möglichkeit, man selbst zu sein, unabhängig von Herkunft, Geschlecht oder Glauben? Eine pluralistische Gesellschaft lebt davon, dass alle Menschen ihren Platz finden können – nicht nur die, die in ein bestimmtes Schema passen.
Diversität ist kein Gegensatz zu liberalen Grundwerten, sondern ihr natürlicher Begleiter. Marken, die Vielfalt authentisch fördern, schaffen nicht nur Chancengleichheit, sondern auch Loyalität und Vertrauen bei Konsument*innen. In einer Zeit, in der Gesellschaften zunehmend auf Werte achten, ist Diversität ein wesentlicher Bestandteil von Corporate Social Responsibility (CSR). Und sie macht Unternehmen langfristig erfolgreicher. Studien von McKinsey und Harvard zeigen das immer wieder: Diverse Teams sind kreativer, produktiver und profitabler. Kurz: Vielfalt ist keine Bürde, sondern eine Chance.
Die Rolle der Kommunikationsbranche
Die Kommunikationsbranche steht nun vor einer wichtigen Entscheidung: Folgt sie den Unternehmen, die aus Angst vor Kritik auf Diversität verzichten, oder zeigt sie Haltung? Es ist an der Zeit klarzumachen, dass Diversität nicht mit „Wokeness“ gleichzusetzen ist. Es geht nicht um moralische Überheblichkeit oder symbolische Gesten, sondern um echte, praktische Maßnahmen, die etwas bewirken.
Marken haben die Macht, den öffentlichen Diskurs mitzugestalten. Sie können zeigen, dass Diversität nicht nur gesellschaftlich wichtig, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll ist. Konsument*innen erwarten heute mehr von Unternehmen als gute Produkte – sie wollen Werte sehen, die gelebt werden. Wer hier einknickt, riskiert mehr als nur ein schlechtes Image.
Diversitäts-Rückzug: Ein Fehler mit Folgen
Der Rückzug von US-Unternehmen aus Diversity-Initiativen ist ein Fehler. Er signalisiert, dass kurzfristige politische Opportunität wichtiger ist als langfristige Werte und Fortschritt. Doch Diversität ist kein ideologisches Schlachtfeld – sie ist eine Grundlage für Freiheit, Innovation und Gerechtigkeit. Marken, die diesen Wert erkennen und konsequent vertreten, schaffen nicht nur eine gerechtere Zukunft, sondern sichern auch ihre eigene Glaubwürdigkeit und Relevanz.
Diversität verdient keine Lippenbekenntnisse, sondern mutige Taten – gerade in Zeiten, in denen sie angegriffen wird.