Gastbeitrag von Sascha Martini
In den kommenden Jahren wird dies auf unterschiedlichen Ebenen Veränderungen mit sich ziehen. Zum Beispiel im Bereich der Produkte: Schon bald wird die Mehrzahl der Fahrzeuge mit dem Internet verbunden sein. Daraus ergeben sich enorme Möglichkeiten in den Bereichen Car-to-Car und Car-to-Infrastructure Kommunikation. Außerdem lassen sich insbesondere in Kombination mit den Daten, die ein Fahrzeug generiert, eine Vielzahl neuer Services entwickeln.
Antreiber des allgemeinen Fortschritts
Zum anderen wird sich einiges auf kultureller Ebene ändern: Anstelle der etablierte Automarken übernehmen Unternehmen wie Apple, Google und Facebook in der öffentlichen Wahrnehmung auch hier die Rolle der Antreiber des allgemeinen Fortschritts. Die Automobilindustrie trägt daran insofern eine große Mitverantwortung, weil sie es bisher verpasst hat, sich selbst neu zu erfinden. Der Bereich der alternativen Antriebe ist dafür nur ein Beispiel. Zu guter Letzt werden die Änderungen auch in der Ebene Vertrieb/Marketing deutlich: Schon jetzt gilt es nicht mehr als besonders, ein Fahrzeug online zu kaufen. Markenunabhängige Gebraucht- und Neuwagenplattformen sind mittlerweile ernsthafte Wettbewerber für die Autohersteller und ihr Händlernetz. Die Rolle der Händler wird sich dadurch in den nächsten Jahren deutlich verändern. Gleichzeitig steigen die Erwartungen der Kunden an Service- und Dialogqualität der Hersteller. Social Media wird hier eine wichtige Rolle spielen.
Die genutzte Marktlücke von Tesla
Betrachtet man diese drei Ebenen, wird das Erfolgsrezept von Tesla sofort deutlich. Das Unternehmen hat eine Marktlücke genutzt, die entstand, weil sich die etablierten Hersteller weigerten, das Thema Elektromobilität ernsthaft zu verfolgen. Außerdem setzte Tesla von Beginn an auf die digitale Welt als Vertriebs- und Marketingkanal. Es ist viel einfacher, Entwicklungen zu überspringen als bestehende Strukturen zu verändern. Die Idee, ihre Batterietechnologie völlig unabhängig vom Fahrzeug für private Haushalte anzubieten, erscheint vor diesem Hintergrund einfach und naheliegend. Wichtiger als der Verkauf dieser Technologie, ist jedoch die Positionierung, die das Unternehmen damit erzielt: Tesla wird zur Fortschrittsmarke, die bei der Lösung von Umweltproblemen hilft. Mit anderen Worten: Hier ist das Produkt das Marketing.
Aktuell besteht für die etablierte Automobilbranche noch eine reelle Chance, mit Tesla mitzuhalten. Zum einen, ganz simpel, da es noch keine nennenswerten Durchbrüche bei den Batterietechnologien gibt. Mit dem entsprechenden Innovationsdruck ist hier mit gezielter Forschung und Entwicklung noch einiges zu holen. Zum anderen hat Tesla zurzeit eher noch den Status eines Versprechens als eines echten Gamechangers wie es beispielsweise das iPhone für den Mobiltelefonmarkt war. Viele etablierte Automobilhersteller verfügen ebenfalls über ausgezeichnetes Knowhow und hohe Qualitätsstandards. Aber: Sie müssen sich bewegen. Denn Teslas Elektrofahrzeuge sind bereits konkurrenzfähig. Das gleiche ist auch von seinen selbstfahrenden Autos zu erwarten.
Zum Autor: Sascha Martini ist Chief Executive Officer von Razorfish Deutschland. Martini verantwortet damit das Geschäft der Standorte Frankfurt, Berlin und München berichtet direkt an Dr. Michael Karg, CEO von Razorfish International. Der designierte CEO der Publicis-Tochter, die hierzulande 200 Mitarbeiter in Frankfurt und Berlin beschäftigt, ist bereits seit sieben Jahren für Razorfish Deutschland tätig – zuletzt als Executive Client Partner und Mitglied der Geschäftsleitung.