Die Zukunft der Radio-Werbung ist programmatisch

Marketing-Technologien können auch im linearen Hörfunkprogramm Audio-Spots automatisiert einbuchen und zielgenau in Echtzeit ausspielen.
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Anhand von Parametern kann definiert werden, ob, wann, wo und in welcher Intensität Radiospots laufen sollen. (© Imago)

Die erste Radiowerbung wurde im Jahr 1922 in New York ausgestrahlt – und damit ein neuer Werbekanal geboren. Mittlerweile ist sie im digitalen Zeitalter angekommen. Programmatic Advertising könnte der Radiowerbung einen neuen Schub verleihen, weil sie Buchung und Aussteuerung weitgehend automatisiert. Anstatt Radiospots zu festen Zeiten an bestimmten Tagen zu buchen, kann anhand von Parametern definiert werden, ob, wann, wo und in welcher Intensität Spots laufen sollen.  

Bereits im Jahr 2017 buchte Mediaplus gemeinsam mit dem Tech-Spezialisten Audio CC (heute AllMediaDesk) und der Radio Group vollautomatisiert und programmatisch eine Radiokampagne für Apollo-Optik im klassischen UKW-Radio ein. In Echtzeit wurden dazu die Besucherzahlen der einzelnen Apollo-Filialen ausgewertet und an weniger frequentierten Standorten automatisiert Spots in lokalen Radiosendern geschaltet. 

Immer wieder loten Marketer*innen die Möglichkeiten aus: Im Sommer dieses Jahres realisierte der nationale Radio-Vermarkter Studio Gong in Zusammenarbeit mit Virtual Minds, Aprile Consulting, dem Technologie-Plattform-Betreiber Raudio.Biz sowie der One Tech Group einen Testlauf, bei dem durch das Mediaagenturnetzwerk GroupM Radio-Kampagnen für Galeria Karstadt Kaufhof und Kentucky Fried Chicken programmatisch in das Inventar der Radiogruppe eingebucht wurden.  

Kompletter Programmatic Radio-Case in Real-Time

In diesen Tagen vermeldet nun der Audio-Vermarkter RMS einen programmatischen Radio-Case der nicht nur die Buchung betrifft, sondern den gesamten Weg der Prozesskette einbezogen hat: Von der Anfrage und dem Angebot eines Werbeplatzes bis hin zur Ausspielung eines passenden Spots in Real-Time auf linearem UKW-Inventar. 

Die Decathlon Testkampagne, ein sogenannter Programmatic Guaranteed Deal (Einkauf zu fixen Konditionen), wurde vom 16. bis 21. Oktober über den Radiosender BigFM ausgestrahlt und erreichte vier Millionen Kontakte in der Zielgruppe der 14 bis 49-jährigen. Als Supply Side Platform (SSP) nutzte man den Media Manager von Virtual Minds, zur Einbuchung und Aussteuerung des Spots auf dem linearen Inventar kam die Active Agent DSP desselben Technologie-Unternehmens zum Einsatz. Der Audio-Tech-Anbieters Aireal stellte mit seinen Software-Lösungen sicher, dass auch terrestrische Inventar-Informationen, Daten und Sendebestätigungen vollautomatisiert und in Echtzeit zwischen Supply- und Demand-Side übermittelt werden konnten. 

Alle Beteiligten zeigten sich hochzufrieden mit dem Case, der neue Maßstäbe im Audio-Markt setzen könnte. Der Echtzeitzugriff auf die linearen Radio-Reichweiten ermöglicht es Marketern, jetzt auch Radio-Kampagnen so zu optimieren und auszusteuern, wie sie es aus der digitalen Mediaplanung gewohnt sind. 

Schon gehört? 

Hamburg ist die Hauptstadt der digitalen Außenwerbung. Zu diesem Ergebnis kommt eine Auswertung der It Works Group. Die Agentur hat dafür Faktoren wie DOOH-Werbemöglichkeiten, Screen-Dichte, Flächenabdeckung, Option auf großformatige Inszenierungen, die Kontakte in Abhängigkeit zur Einwohnerzahl und die Genehmigungspolitik der Städte herangezogen. Auf den Plätzen zwei und drei folgen Berlin und München. 

Ganz nach oben möchte auch die Blogging-Plattform X (ehemals Twitter). Da es an Werbeeinnahmen mangelt, hat X-Chef Elon Musk jetzt ein komplett werbefreies Abo für 19 Euro im Monat eingeführt. Zwei weitere Abo-Modelle mit reduzierter Anzeigenanzahl existieren bereits. Auch Meta bietet jetzt für Facebook und Instagram werbefreie Abonnements an: Das Basis-Abo kostet 13 Euro pro Monat für alle verknüpften Konten. Ab 1. März 2024 kommen pro Konto 8 Euro on top dazu, wenn sie auf dem Smartphone genutzt werden; 6 Euro extra kostet dann jedes Konto, dass im Web werbefrei genutzt werden soll. Damit gehen die Social-Media-Netzwerke aktuell den entgegengesetzten Weg wie ihn viele Streamingdienste eingeschlagen haben: Dort werden immer mehr Dienste kostenfrei und werbefinanziert angeboten. Welche Strategie sich am Ende wohl durchsetzt? Die Verbraucher*innen werden es entscheiden. 

Übrigens: Nur weil Technik aus einem anderen Jahrhundert stammt, ist sie noch lange nicht nutzlos. Heben Sie mindestens ein Faxgerät auf, wenn Sie mit öffentlichen Verwaltungen zu tun haben! In einer repräsentativen Befragung des Digitalverbands Bitkom erklärten alle Firmen, dass sie gezwungen sind, immer wieder per Brief oder Fax mit Behörden zu kommunizieren. Keines (!) der 604 befragten Unternehmen kommuniziert ausschließlich digital mit Behörden.  

In diesem Sinne. Bleiben Sie inspiriert! 

(kaz) ist Fachjournalist für digitales Marketing. Seit Mitte der Nullerjahre begleitet er mit seinen Artikeln die rasanten Entwicklungen der Online-Werbebranche. Der Maschinenraum der Marketing-Technologien fasziniert ihn dabei ebenso wie kreativ umgesetzte Kampagnen. Der freie Autor lebt und arbeitet in Berlin.