Die Zukunft der Branche, Teil 1: „Die Regelbrecherin“

Das Marketing verändert sich, teilweise rasant und tief greifend. Und der Nachwuchs? Die absatzwirtschaft porträtiert* Marketingmenschen im Alter bis Mitte 30 und beschreibt, wie die neue Generation tickt, was junge Top-Leute auszeichnet, welche Aufgaben sie übernehmen und wie sie ihre Karriere planen. Heute: Marie Blume von der Drägerwerk AG
Marie Blume
Marie Blume, Digital Business Development Manager, Dräger (© Dräger)

Marie Blume – „Die Regelbrecherin: Von null auf hundert“

Das Leben in Neustadt-Glewe, einem Ort in Mecklenburg-Vorpommern mit rund 7000 Einwohnern, geht seinen Gang, meist ohne besondere Vorkommnisse. Einmal im Jahr allerdings passiert der kalkulierte Regelbruch: Wenn angesagte Bands beim Airbeat One Festival auftreten, strömen bis zu 70.000 Besucher ins Städtchen und machen es zum Nabel der elektronischen Musikwelt.

Ein Umfeld, in dem man die 1889 gegründete Drägerwerk AG nicht gerade erwartet. Dass es so kam, ist ein Verdienst von Marie Blume. Sie hat nach ihrem Wirtschaftsstudium mit Schwerpunkt E-Business und digitales Marketing an der dualen Hochschule HSBA Hamburg den Ausbau der digitalen Vertriebs- und Marketingkanäle von Dräger vorangetrieben und war zuständig für Growth Hacking. Typisch für diesen in Start-ups üblichen Marketingansatz sind kreative, unkonventionelle Herangehensweisen.

Und so kam die börsennotierte Traditionsfirma Dräger – Spezialist für Medizin- und Sicherheitstechnik, in 190 Ländern aktiv, Jahresumsatz 2,6 Milliarden Euro – als offizieller Dienstleister für Alkohol- und Drogentests zum Airbeat One Festival. Ohne eine Veränderung an dem etablierten Produktportfolio vorzunehmen, dessen Alkohol- und Drogentestgeräte sonst in Polizeibehörden zum Einsatz kommen, konnte Dräger eine neue Zielgruppe erschließen. „Einen 130 Jahre alten deutschen Konzern innerhalb weniger Monate dorthin zu bringen, war ein echter Erfolg für mich und das gesamte Team“, sagt Blume. Damit einher geht die Erkenntnis, dass „innovative Projekte auch in einem vermeintlich starren Umfeld realisiert werden können“. Für sie selbst war es eine wichtige Erfahrung, „ins kalte Berufswasser zu springen, mit Projektverantwortung von null auf hundert“. Für Dräger arbeitet Blume, inklusive der dualen Studienzeit, seit 2016. Sie widmete sich zunächst der digitalen Diagnostik und klinischen Analytik.

Aktuell arbeitet sie als Digital Business Development Managerin daran, neue Geschäftsmodelle und Verkaufskanäle für Dräger zu entwickeln. Zur Jahreswende wechselt sie zurück in die Medizintechnik. Dort ist sie künftig für die globale Entwicklung disruptiver digitaler Medizinprodukte verantwortlich.

Als Young Professional im zweiten Berufsjahr ist sie längst im realen Unternehmensleben angekommen und weiß, dass sich nicht immer die richtigen, nach vorne bringenden Ideen durchsetzen, weil sie an alten Denkweisen und Barrikaden abprallen. Ein Grund mehr für Marie Blume, „mit vernetztem, ganzheitlichem Denken auch weiterhin anzuecken und dadurch auch zukünftig Treiber für Veränderung in Unternehmen zu sein“.


Fragebogen an Marie Blume, Digital Business Development Manager, Dräger

Lieblingsmarke? Ich bin Teil der Generation, für die Marken an Bedeutung verlieren. Mich müssen das Produkt und der damit verbundene Wertgewinn überzeugen.

Tollste Werbung? Aktuell der „Like a Bosch“-Spot.

Vorbild? Mein verstorbener Großvater. Als ehemaliger Betriebsratsvorsitzender des Axel Springer Verlags in Ahrensburg hat er mich schon früh gelehrt, dass das Festhalten an den persönlichen Idealen stets über dem Streben nach Ruhm und Erfolg stehen sollte.

Bester Rat? Das berufliche und persönliche Netzwerk als hohes Gut zu verstehen und zu pflegen. Von Dr. Ralf Strauß, dem ich so vieles verdanke.

Was treibt Sie an? Das Wissen, dass etwas nicht geht, und der Wille, dies zu ändern.


*Die Auswahl beruht auf Empfehlungen aus der Branche und auf Recherchen der absatzwirtschaft-Redaktion. Das gute Dutzend aufstrebender Top-Leute im Marketing, das wir in dieser Serie vorstellen, stellt einen bunten Querschnitt aus verschiedenen Branchen und Firmengrößen dar.


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Roland Karle (rk, Jahrgang 1966) schreibt über Marken & Medien, Beruf & Sport. Hat BWL/Marketing an der Uni Mannheim studiert, bei einer Tageszeitung volontiert und arbeitet seit 1995 freiberuflich. Er porträtiert gerne Menschen in Zeilen und Märkte durch Zahlen. Hang zum Naschkater und Volltischler. Im früheren Leben ein fröhlicher Libero.