Die Weihnachtsfeier in der Krise

Die wirtschaftliche Lage in Deutschland sah schonmal besser aus als kurz vor Weihnachten 2024. Brauchen Mitarbeitende in der Krise gerade eine fette Weihnachtsfeier? Oder sollte in schwierigen Zeiten der Glühwein besser kalt bleiben?
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Braucht es in Krisenzeiten überhaupt noch eine Weihnachtsfeier? (© Unsplash/Ful Foods)

Ho, ho, ho, liebe Marketing-Elfen und Sales-Wichtel! Noch verkatert von der Weihnachtsfeier? Oder gab es dieses Mal gar nix zu feiern? In Zeiten wirtschaftlicher Herausforderungen, in denen jeder Cent dreimal umgedreht wird, scheinen ausgelassene Feiern fehl am Platz. Doch so einfach ist es nicht. Denn es gilt, die richtige Balance zwischen Sparzwang und Mitarbeitermotivation zu finden.

Denn: In Zeiten von Homeoffice ist für viele die Weihnachtsfeier eine der wenigen Gelegenheiten, zu denen Mitarbeitende wirklich zusammenkommen. Und hoffentlich auch über die Arbeit hinaus Verbindungen knüpfen. Dafür muss es ja nicht gleich frivol oder gar übergriffig werden. 

Was darf die Weihnachtsfeier kosten?

Klar ist aber auch: So eine Weihnachtsfeier verschlingt Budget. Budget, das man in Krisenzeiten auch an anderer Stelle gebrauchen könnte. Vor allem, wenn Mitarbeitende standortübergreifend zusammengebracht werden sollen. Steuerlich absetzbar sind gerade 110 Euro für eine Weihnachtsfeier. Und das auch nur dann, wenn ausnahmslos alle Mitarbeitenden eingeladen sind – und es sich maximal um die zweite Betriebsfeier des Jahres handelt. Wenn viele Menschen von weit her anreisen, sind diese Kosten schnell überschritten. Aber selbst wenn Firmen unter der Grenze bleiben: Bei diesen Ausgaben für 100 Mitarbeitende sind die Gesamtkosten locker fünfstellig.

Aber seien wir ehrlich: Niemand möchte der Grinch sein, der den Angestellten den Glühwein verbietet. Bevor wir also die Weihnachtsfeier in die Ecke der unnötigen Ausgaben verbannen, sollten wir eins nicht vergessen: Die Mitarbeitenden.

Spannend wäre es vor allem gewesen, von den Konzernen erfahren, wie sie mit dem Thema Weihnachtsfeiern umgehen, die gerade mit Krise und großflächigen Entlassungen Schlagzeilen machen: ThyssenKrupp, Volkswagen, Continental. Sie alle äußerten sich nicht dazu. Bosch hat zwar reagiert – hat aber offenbar selbst keinen Überblick. Jede Abteilung handhabe das Thema unterschiedlich und individuell. Ob und wie gefeiert werde, konnte die Öffentlichkeitsarbeit also nicht sagen.

Bei einer Firma wird ordentlich gefeiert

Allein Schaeffler antwortet ausführlicher. Und sagt, dass auch dort die Entscheidung bei den einzelnen Abteilungen liege. Ein Sprecher erklärt: „Man macht das in keinem üppigen Rahmen und oft auch in den Büroräumen, aber es ist wichtig, zum Jahresende die Teams zusammenzubringen.” Eine nennenswerte Veränderung sei das nicht: „Unsere Branche ist seit Jahren von der Transformation, aber auch Krisen wie der Pandemie oder dem Krieg in der Ukraine betroffen, daher gibt es ein ausgeprägtes Kostenbewusstsein, das ist nicht neu.”

Auch die fürs Feiern nicht unbekannte Agenturszene hält sich zum Thema eher bedeckt. Von der Hirschen Group oder Fischer Appelt gab es kein Statement. Bei Scholz & Friends Family sieht man das Ganze ähnlich wie bei Schaeffler, wie Nele Schnieder, Chief People Officer mitteilt. Sie sagt, dass in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten jede interne Feier ein kleiner Balanceakt sei. Es sei aber auch wichtig, gemeinsame Leistungen, Ergebnisse und Erfolge zu feiern und Danke zu sagen: „Um Wertschätzung auszudrücken, braucht es nicht immer das aufwändige Fest, vielmehr kommt es auf die kleinen, kreativen und persönlichen Details an – und die lassen sich in jedem Budgetrahmen umsetzen.”

Einen Ausreißer gibt es aber doch noch: Das wie so oft wenig zurückhaltende Jung von Matt, ist auch diesmal wenig dezent. Denn, so erklärt eine Sprecherin: Es sei der Agenturgruppe gelungen, gegen den Wirtschaftstrend zu wachsen: „Daher finden in all unseren Agenturen, in denen Weihnachten eine kulturelle Rolle spielt, Weihnachtsfeiern statt. Gerade in herausfordernden Zeiten ist es wichtig, das Gefühl von Zusammenhalt zu erleben – um zu spüren, dass wir gemeinsam nicht nur Großes leisten, sondern auch freudvoll und friedlich feiern können.”

Bei Jung von Matt wird also – aus verständlichen Gründen – der Glühwein mit der großen Kelle ausgeschenkt. Während fast überall sonst der kleine Löffel genügen muss.

Egal ob die Leser*innen dieser Kolumne aber nun die wild zu „Last Christmas” zappelnde Designchefin oder den nach dem fünften Getränk nicht mehr ganz so schüchternen ITler erleben durften oder nicht: Jetzt genießen sie hoffentlich die Feiertage. Denn anders als auf der Firmenweihnachtsfeier gilt im Privaten: Was beim Weihnachtsfest passiert, bleibt beim Weihnachtsfest.

Auf eine besinnliche Woche!

(fms, Jahrgang 1993) ist UX-Berater, Medien- und Wirtschaftsjournalist und Medien-Junkie. Er arbeitet als Content-Stratege für den Public Sector bei der Digitalagentur Digitas. Als freier Autor schreibt er über Medien und Marken und sehr unregelmäßig auch in seinem Blog weicher-tobak.de. Er hat Wirtschafts- und Technikjournalismus studiert, seinen dualen Bachelor im Verlag der F.A.Z. absolviert und seit mindestens 2011 keine 20-Uhr-Tagesschau verpasst.