Tesla ist heute nicht nur laut Interbrand (Stand: Oktober 2022) die wertvollste Elektroautomarke der Welt mit einem Markenwert von 48 Milliarden US-Dollar, sondern auch die drittwertvollste Automarke überhaupt. Nur Toyota (59,8 Milliarden US-Dollar) und Mercedes-Benz (56,1 Milliarden US-Dollar) liegen vor dem US-Elektroautopionier. Dazu kommt, dass Tesla als einzige westliche Marke bei verkauften E-Auto-Modellen 2022 sowohl in Europa als auch in den USA und in China unter den Top 10 zu finden war. In Europa und in den USA lag die Marke sogar auf Platz 1, in China als einzige nicht-chinesische Marke auf Platz 2 hinter BYD.
All dies erreichte Tesla-Gründer Elon Musk aus der Kommunikationsperspektive betrachtet allein mit Mundpropaganda und PR. Umso mehr stieß es auch global in den Medien auf Beachtung, als er kürzlich beim Aktionärsmeeting in Austin/Texas mit folgender Aussage aufhorchen ließ: „Wir werden ein bisschen Werbung ausprobieren und schauen, wie es läuft.“ Bemerkenswert auch hier: Er kündigte keine große hyperkreative Werbekampagne an, wie es bei anderen Konzernen üblich ist. Vielmehr wird er mit dieser Art der Ankündigung dafür sorgen, dass wahrscheinlich auch „wenig Werbung“ wieder überproportional viel Medieninteresse, PR und Mundpropaganda generieren wird. Zudem kann er so immer noch zu einem späteren Zeitpunkt die erste echte globale Kampagne ankündigen.
Drei zentrale Erfolgsfaktoren
Elon Musk ist nicht alleine. Dieses Muster „zuerst PR, dann Werbung“ half unzählige Marken wie Amazon, Dyson, Ebay, Facebook, iPhone, Netflix, Spotify, TikTok oder auch Ryanair aufzubauen. Erfolgsentscheidend sind dafür drei Punkte:
1. Neue Kategorie: Es genügt nicht, ein neues Produkt oder eine neue Marke zu lancieren. Es muss wirklich gelingen, in den Köpfen der Kunden eine neue erste Kategorie zu etablieren und dann zu besetzen. So steht etwa Amazon in der Wahrnehmung der Kunden stellvertretend für Online-Handel, Facebook für soziales Netzwerk, Spotify für Musik-Streaming, Ryanair für Billigfluglinie in Europa oder TikTok für Kurzvideos im Internet.
2. Kontroverse: Medien lieben Kontroversen, vor allem lieben es die Medien, wenn jemand den Status Quo in Frage stellt. Genau das machte Musk perfekt für die Marke Tesla. Dabei ist es auch kein Problem, wenn eine kontroverse Idee zu Anfang von Experten eher belächelt und kleingeredet wird. Ganz im Gegenteil: Genau das kann zusätzlich die Spannung erhöhen und damit die Basis für weitere PR und Mundpropaganda legen. Perfekt machte es auch Steve Jobs bei der ersten iPhone-Präsentation 2007, als er das Bild mit vier herkömmlichen Smartphones mit Tastarturen zeigte, um dann das iPhone als die Alternative ohne Tastatur, aber mit Touchscreen zu präsentieren.
3. Sprecherfunktion: Da man weder Produkte noch Dienstleistungen interviewen kann, steht im Idealfall eine Person dahinter, die aktiv diese Sprecherrolle für die Marke und die gesamte Kategorie dahinter übernimmt. Dabei kann und darf diese Person sehr wohl auch polarisieren. Niemand fasste dies besser zusammen als Ryanair-Chef Michael O’Leary, der einmal sagte: „Wenn ich abtrete, wird sicher unser Marketing-Etat wachsen, weil wir ohne meine Sprüche weniger Aufmerksamkeit bekommen – aber das sparen wir dann an Gerichtskosten, weil uns dann weniger Leute wegen meiner Sprüche verklagen.“ Damit traf er, wenn auch sicher etwas ironisch gemeint, den Nagel auf den Kopf.
Zuerst Mundpropanda und PR, dann Werbung
Fazit: Auf den ersten Blick klingt diese Formel „zuerst analoge und digitale Mundpropaganda und PR, dann Werbung“ einfach. Nur das vermeintliche Einfache ist oft das Schwierigste. Denn diese Formel erfordert ein Umdenken bei der Entwicklung der generellen Markenstrategie. Heißt: Man sollte die gesamte grundlegende Markenstrategie, vor allem aber die grundlegende Positionierung aus PR- und Mundpropaganda-Sicht entwickeln. Der beste Weg und die beste Basis dazu: eine neue Produkt- oder Dienstleistungskategorie, die man gegen den Status Quo positionieren kann.