Vor lauter digitaler Besoffenheit vergessen wir oft eine wichtige Zielgruppe: den Menschen. Der magische Raum der Möglichkeiten, der für viele Unternehmen in Artificial Intelligence, Data und Robotik steckt, gleicht in den Augen normaler Menschen eher einer Kammer des Schreckens. Nach der Frage der technischen Machbarkeit von Innovationen ist die eigentlich entscheidende Frage, die nach der menschlichen Machbarkeit: Wie können es Unternehmen der breiten Masse erleichtern, technologiebasierte Innovationen anzunehmen und in ihr Leben zu lassen?
In der Studie „Bridging the Death Valley of Innovation – Von der Kunst, Innovationen erfolgreich zu aktivieren“ haben wir untersucht, wie die Realität in deutschen Unternehmen aussieht, wenn es darum geht, Ideen nicht nur hervor-, sondern tatsächlich auf die Straße zu bringen. Die wichtigsten Insights lauten:
1. Blinder Aktionismus ohne Sinn und klaren Auftrag
Viele Innovationen werden nur geschaffen, weil es technisch geht. 63 Prozent der Entscheider beklagen, dass Technologien zu schnell als Allheilmittel angesehen werden. Mehr als 50 Prozent von ihnen fehlt der strategische Rahmen, kurz das ‚Warum‘ hinter einer Initiative, komplett. Ohne klares Ziel kann natürlich auch die Zielerreichung nicht beurteilt werden. Ein Drittel der Entscheider wissen folgerichtig nicht, wie sie den Erfolg von Tech-Initiativen bemessen sollten. Um Menschen für eine Innovation zu begeistern, muss man ihnen sagen können, warum man diese entwickelt hat. Das gilt für künftige Kunden genauso wie für alle anderen Stakeholder.
2. Nutzerorientierung als Plattitüde
Viele Unternehmen entwickeln jede Menge Fantasie bei der Erstellung des Business Cases. Anders sieht die Sache beim Use Case aus. Hier münden die Bemühungen in den immer gleichen Stereotypen. Über 30 Prozent der Entscheider ist die Frage nach der Kundenrelevanz von Innovationsprojekten völlig unklar. Als ob das nicht genug wäre, werden gleichzeitig 59 Prozent der Tech-Initiativen intern bereits gehypt, bevor überhaupt klar ist, wer der Nutzer sein soll.
Es ist entscheidend, sich in die Zielgruppe hineinzuversetzen und sich ernsthaft zu fragen, welches Problem man für sie löst. Denn das Lösen von Fake-Problemen führt zwangsläufig zu Fake-Innovationen.
3. Nutzerorientierung erodiert an Abteilungsgrenzen
Mit steigender Praxisreife geht auch die teamübergreifende Zusammenarbeit in den Sinkflug. Wenn es ans Eingemachte geht, verschanzen sich alle hinter ihren Abteilungsmauern. 50 Prozent der Entscheider klagen über mangelnde Kooperation der Fachbereiche auf dem Weg von der Idee zur Vermarktung.
Je weiter die Entwicklung eines neuen Produktes reift, desto geringer wird auch die Customer Centricity, beklagen 57 Prozent der Unternehmensentscheider.
Nur, wer sein Angebot vom ersten Prototypen bis zur Nach-Launch-Phase liebevoll zu Ende denkt, schafft ein außergewöhnliches Erlebnis.
4. Technik hui, Story „pfui“
Bei der Kommunikation von Innovationen werden immer wieder Standard-Rezepte durchexekutiert. Und das, obwohl 44 Prozent der Entscheider den alten Vermarktungskonzepten Versagen bei neuen Technologien bescheinigen.
Wenn Unternehmen eine Innovation vermarkten wollen, brauchen sie mehr als einfach nur die nächste Kampagne. Sie müssen zu echten Bewegungen werden. Komplexe Innovationen erfordern neue Formen des Storytellings, zu allererst nach innen. Doch die Hälfte der Entscheider gibt an, dass es nicht gelingt, die Mitarbeiter für neue Lösungen zu begeistern.
Aber erst, wenn die Mitarbeiter verstehen, dass sich der Aufwand lohnt, können sie zu Anwälten ihres Produktes werden und sich glaubhaft dafür vor Kunden einsetzen.
Von Anfang an statt hinten dran
Es ist Zeit, dass die Innovationskarawane weiter zieht: von der Ideation zur Implementation. Hier liegt die eigentliche Stunde der Wahrheit im Zeitalter der Kundenorientierung. Und der Schlüssel zu erfolgreichen Innovationen.