„Wachsen mit Weitsicht.“ Wissen Sie, welches Bundesland sich mit diesem Spruch schmückt? Nein? Damit sind Sie nicht allein. Laut einer Online-Befragung der Universität Hohenheim kannten von 1.247 Teilnehmenden nur rund zwölf Prozent das Motto des Stadtstaats Hamburg. So richtig gezündet hat der in Eigenregie entwickelte Slogan der Hanseaten wohl nicht.
Von „Wir können alles. Außer Hochdeutsch“ zu „The Länd“
Das geht allerdings auch anders. Als in den 1990ern Sebastian Turner im Auftrag der Agentur Scholz & Friends den Werbespruch „Wir können alles. Außer Hochdeutsch“ an Baden-Württemberg verkaufte, war das Bonmot schnell in aller Munde. Ursprünglich war der Slogan für Sachsen entwickelt worden, der Freistaat lehnte aber ab.
Zwar gab es einige Kritiker*innen, die negative Stereotypen reproduziert sahen, dennoch gewann der Slogan Preise, wurde zitiert und satirisch umgedichtet. Auch die oben genannte Studie zeigt: Immerhin fast 70 Prozent der Befragten kannten den Spruch, obwohl nur ein bisschen mehr als 50 Prozent wussten, für welches Bundesland er werben sollte. Trotzdem: Die Popularität des Spruches sorgte dafür, dass auch andere Bundesländer nachzogen und mit frischen Slogans für sich werben wollten.
Allerdings ist „Alles außer Hochdeutsch“ gar nicht der aktuelle Slogan von Baden-Württemberg. Der stammt nämlich aus der Feder der Agentur Jung von Matt, die 2021 den schmissigen Titel „The Länd“ entwickelt hat. Wie auch der dazugehörige Spot zeigt, vereint die englische Verballhornung Tradition und Fortschritt im Schwabenländle. „Tannenspitzen und Spitzenunternehmen“ – das soll „The Länd“ kurz und knackig aussagen. Konzeptuell funktioniert das zumindest sehr gut und auch die Kritiker*innen des alten Spruchs dürften nun zufrieden sein.
„Es kann so einfach sein“ – zu einfach aber auch nicht
Baden-Württemberg ist nicht das einzige Bundesland, das Jung von Matt mit der Entwicklung eines Slogans beauftragt hat. Auch für Berlin hat die Werbeagentur den Ausspruch „Wir sind ein Berlin“ entwickelt. Nach den früheren Slogans „Berlin tut gut“ und „Mir geht’s Berlin“ gelingt es mit der Abwandlung des bekannten Kennedy-Zitats, die kulturelle Vielfalt des Hauptstadtstaates auf einen Nenner zu bringen.
Dem Saarland schrieb die Agentur das Motto „Großes entsteht immer im Kleinen“ auf den Leib. Ein erfrischender Akt der Selbstbehauptung für das (von den Stadtstaaten abgesehen) kleinste Bundesland.
Niedersachsen warb 1993 noch mit dem ältesten bekannten Werbespruch „Land mit Weitsicht“. Ab 2007 erfanden dann ebenfalls Jung-von-Matt-Autoren den Slogan: „Sie kennen unsere Pferde. Erleben Sie unsere Stärken“ – eine Anspielung auf das Wappen des Landes und den ansässigen Autohersteller Volkswagen. Ob der aktuelle, eher puristische Slogan „Niedersachsen. Klar.“ von Hansen Kommunikation wirklich eine Verbesserung darstellt, darüber kann man sicher streiten. Bei zu viel Klarheit bleibt leider manchmal wenig übrig.
Im Beliebtheitsranking der Slogan-Studie belegte der Spruch auf jeden Fall den letzten Platz. Im Falle des aktuellen Thüringen-Slogans „Das ist Thüringen“, wäre man vielleicht auch besser beim alten „Willkommen in der Denkfabrik“ geblieben. Hat man versucht, sich ein Beispiel an Brandenburg zu nehmen? „Es kann so einfach sein“, heißt es dort. Scholz & Friends hat hier trotz Reduktion mehr Raum für Assoziation gelassen.
Nicht alle Bundesländer-Slogans machen gute Werbung
Manche Slogans hingegen repräsentieren teils eher fragwürdige Inhalte. So wird Schleswig-Holsteins „Der echte Norden“ von anderen nördlichen Bundesländern eher mit gemischten Gefühlen aufgenommen. Dass die Karnevalshochburg Nordrhein-Westfalen (NRW) vollmundig behauptet, „Germany at its best“ zu sein, dürfte zumindest auf geteilte Meinungen stoßen. Das Wirtschaftsministerium NRW erklärte hierzu, dass der Slogan das Bundesland auch international bewerben und ausländische Investoren ansprechen solle.
Sachsen-Anhalt hat von Herburg Weiland 2019 das zeitgemäße „#moderndenken“ erhalten, womit auf die Bauhaus-Geburtsstadt Dessau Bezug genommen wird, von wo aus die Moderne einst maßgeblich geprägt wurde.
Bis 2016 lautete der Werbespruch des Bundeslandes noch: „Land der Frühaufsteher“. Dies bezog sich darauf, dass in Sachsen-Anhalt statistisch gesehen morgens um neun Minuten früher der Wecker klingelte als im gesamtdeutschen Durchschnitt. Grund dafür waren allerdings die mangelnden Arbeitsplätze in der Region, weshalb die Bewohner*innen in andere Bundesländer pendeln mussten – eine Tatsache, die als Werbeargument eher wenig taugt.
Dass Bayern – der Freistaat der Weiß- und Extrawürste – das Spiel mit den Slogans in gewohnter Selbstsicherheit überhaupt nicht mitspielt, das ist an Aussagekraft mit Worten ohnehin kaum zu überbieten.
Länderslogans: Viel Geld für wenig Resonanz?
Egal wie man zu den unterschiedlichen Slogans steht, Spaß machen sie auf jeden Fall. Sicher führt die Frage danach, wie passend ein Werbespruch ist, auch zu einer Auseinandersetzung mit den Eigenheiten des jeweiligen Landes. Kritiker*innen bemängeln hingegen, dass die Bundesländer viel Geld in diese Kampagnen investieren, obwohl sie kaum Resonanz in der Bevölkerung finden.