Herr Prof. Esch, eine Erkenntnis Ihrer aktuellen Gemeinschaftsstudie mit absatzwirtschaft ist, dass nur 35 Prozent der Unternehmen das Customer Touchpoint Management (CTM) professionell gehandhabt wird. Woran liegt das?
Fest steht: Die Selbsteinschätzung der Manager ist erschreckend. Dabei sind diese sich der Wichtigkeit des CTM bewusst: Während 2012 nur 34 Prozent der Manager die Relevanz für das Kontaktpunktmanagement in ihrem Unternehmen als hoch einstuften, sind es heute satte 73Prozent. Die Digitalisierung verändert die Kommunikation und Interaktion mit Kunden fundamental und lässt die bisherige Zahl an Berührungspunkten schier explodieren. Die Komplexität stellt Manager vor neue Herausforderungen: Die Investments in die richtigen Kontaktpunkte lassen sich immer schwerer abschätzen. Aber ein erfolgreiches Managen von Touchpoints ist mit Hau-Ruck-Aktionen nicht möglich.
Knapp die Hälfte des Marketingbudgets wird in für Kunden irrelevante Kontaktpunkte investiert. Wie kann das sein?
Grundsätzlich ist die Performance-Messung der Kontaktpunkte in den Unternehmen schwach ausgeprägt. Nur knapp die Hälfte (47Prozent) der Unternehmen haben Maßnahmen zur Performance-Messung in die Wege geleitet. Fortschritte werden allerdings nicht konsequent reportet. 55 Prozent der Unternehmen fehlt es an definierten KPIs. Die Budgetallokation im CTM folgt oft gewohnheitsmäßig und wird zu wenig hinterfragt. Misst man hingegen den Erfolg wichtiger Kontaktpunkte, kann man diese optimieren und die Mittel dorthin investieren, wo sie wirklich gebraucht werden und Nutzen stiften.
Wie kann man den Erfolg denn messen?
Um leicht den Erfolg der eigenen Kontaktpunkte auf seinem Radar zu halten und rechtzeitig bei unliebsamen Veränderungen gegensteuern, sind drei wichtige Schritte von Bedeutung:
1.) Die Erfolgsindikatoren sind mit den zuständigen Abteilungen zu definieren und mit der Customer Journey abzugleichen.
2.) Die Performance der zentralen Kontaktpunkte ist mittels Marktforschung und des definierten KPI-Sets zu erheben und zu bewerten. So werden die Kontaktpunkte vergleichbar.
3.) Schließlich sind die einzelnen Touchpoints hinsichtlich ihrer Wirkung auf Verhalten, Präferenz oder Markenwahrnehmung zu priorisieren und für jeden Kontaktpunkt konkrete Maßnahmen zur Optimierung abzuleiten.
Alle reden von Customer Centricity. Wie sieht es hinsichtlich der Kundenorientierung in Unternehmen derzeit aus?
Die Customer Centricity wird hochgelobt, doch leider nicht gelebt. Den Kunden ins Zentrum des unternehmerischen Handelns zu stellen, ist noch nicht selbstverständlich. Es zeigt sich ein durchwachsenes Bild der Kundenorientierung. So macht sich mehr als ein Drittel der befragten Unternehmen in Bezug auf ihre Kontaktpunktausgestaltung keine oder wenige Gedanken über die Bedürfnisse der Kunden. Die Schwelle zu einer Top-Kundenorientierung wird von keiner Branche auch nur annähernd überschritten. Um Kunden halten zu können, darf man sie aber nicht nur zufrieden stellen, man muss sie begeistern.
Woran scheitert das?
Oft scheitert das allerdings schon an der Feststellung der Bedürfnisse. Ein erfolgreiches CTM richtet sich gerade an den Bedürfnissen der Kunden an den jeweiligen Kontaktpunkten aus. Die Auswahl, welche Kontaktpunkte bespielt werden sollen, darf nicht willkürlich getroffen werden. Beispielsweise bieten viele Unternehmen im Zuge der digitalen Möglichkeiten eine unzählige Vielfalt an Apps. Hier stellt sich die Frage: Ist wirklich jeder dieser Kontaktpunkte für den Kunden relevant? Doch wenn dieser für den Kunden nicht wichtig ist, sollte er es auch nicht für das Unternehmen sein – andernfalls bedeutet er nichts anderes als unnötige Kosten.
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