Immerhin werden Kundenzeitschriften mit den übrigen Marketingaktivitäten zu mehr als 80 Prozent koordiniert und ergänzen diese. Zwischen 20 und 46 Prozent der 500 Top-Unternehmen sehen sie allerdings auch als Ersatz für Werbung.
Die Akzeptanz professionell erstellter Business-to-Business-Medien belegen von Leserseite auch Studien des Instituts für Demoskopie Allensbach. Demnach gaben vier Fünftel der Befragten an, Kundenmagazine generell zu lesen. Die Hälfte erklärte sogar, dort „viele nützliche Tipps und Hinweise“ erhalten zu haben. Fazit: Gut gemachte Kundenzeitschriften kommen in Bezug auf Lesemenge und Leserbindung nahe an die Durchschnittswerte von Publikumszeitschriften heran.
Fakten zum Markt der Kundenmagazine
Denn je größer ein Unternehmen oder je schwieriger seine kommunikative Aufgabenstellung ist, umso häufiger greifen Unternehmen auf ein Kundenmagazin zurück. Die Top 500 der deutschen Unternehmen verfügen zu 46,6 Prozent über ein oder gar mehrere Kundenmagazine. Zwei Drittel der Kundenzeitschriften erscheinen vierteljährlich oder öfter. Erstaunlich ist die hohe Auflage vieler Kundenmagazine. 39 Prozent haben eine Auflage von über 50.000 und weitere 36 Prozent über 10.000 Exemplare wie eine aktuelle Studie der Initiative Industriekultur belegt. Kundenmagazine sind in der Regel nicht besonders umfangreich, 16 Prozent haben über 48 Seiten, 30 Prozent über 24 Seiten und 54 Prozent bis 24 Seiten. Dafür sind sie in der Produktion teuer und werden deswegen mittlerweile häufig auch über Werbung mit finanziert. Honorare für eine Print-Ausgabe beginnen bei 20.000 Euro und enden im sechsstelligen Eurobereich.
Eine langfristig günstigere Alternative bieten hier Online-Kundenmagazine. Allerdings lassen sich Offline-Konzepte der Kundenmagazine nur begrenzt auf den Online-Bereich übertragen. Online ist ein schnelles und vor allem integratives Medium. Diesem Anspruch müssen die Online-Ableger gerecht werden. Sicher, mit gezieltem Seitenblick auf die Print-Brüder können sie sich dort einiges abschauen; die Spezifika des Internets müssen jedoch unbedingt berücksichtigt werden: Leseverhalten, Schnelligkeit, 1-1-Ansprache mit Personalisierung, interaktive Benefits und die Bildung von Communities sollten neben äußerlich wie innerlich straffen Texten, in das Online-Konzept eines jeden Online-Kundenmagazins integriert werden.
Offline-Konzepte nicht auf Online übertragbar
Vielleicht stecken deshalb Online-Kundenmagazine noch in den Kinderschuhen.
Michael Konitzer, Geschäftsführer von Amaze Deutschland führt aus: „Die Inhalte der Printobjekte können natürlich nicht eins zu eins ins Web gestellt werden.“ Der Berliner Internet-Dienstleister produziert maßgeschneiderten Content für Unternehmen. Dazu zählt www.zoon.de, ein Web-Magazin für Jugendliche, das Amaze für den Kunden Volkswagen redaktionell betreut. „Lange Texte und große Bilder sind im Netz nicht gefragt. Was zählt ist Aktualität und Interaktion,“ betont Konitzer.
Auch die Erscheinungsweise lässt sich nicht mit der eines Kundenmagazins im Print vergleichen. „Neue Inhalte einmal im Monat oder gar vierteljährlich, wie Kundenmagazine in der Regel erscheinen, würde kein User akzeptieren. Datenbanken müssen außerdem relevante Inhalte in ausreichendem Maße vorhalten“, so Dr. Jörg Wurzer. Für den freien Journalisten der Financial Times Deutschland und der Süddeutschen Zeitung, ist das Gelingen einer Online- wie Offline Kundenzeitschrift immer auch abhängig von Variablen wie dem zur Verfügung gestellten Budget verknüpft mit der Frage, ob das Magazin von einer journalistischen Redaktion mit Redaktionsstatut gestemmt wird: „Unternehmensmagazine müssen sich an Verlagsobjekten messen. Sie müssen relevant für die Zielgruppe aufbereitet sein, regelmäßig mit journalistischer Berichterstattung erscheinen, professionell layoutet sein – eben alle Erfolgsfaktoren abdecken, die auch für Zeitungs- und Magazinmacher gelten.“ Auch Gero Wilhelm, Geschäftsführer von Publikom Z. unterstreicht die manchmal schwierige Geburt der digitalen Kundenmagazine: „Viele Firmen haben bei ihrem Internetkonzept das Thema Inhalte völlig vergessen haben. Erst jetzt merken sie, dass Internetangebote professionellen Content erfordern und suchen die Kooperation mit Verlagen und Dienstleistern.“
Online-Magazine kommen
Dennoch sind Experten davon überzeugt, dass Online-Kundenmagazine kommen werden, denn sie haben einige Vorteile zu bieten. So lassen sich meist um einiges günstiger produzieren oder einkaufen als ihre Offline-Pendants, wobei die Kosten von Dienstleister zu Dienstleister naturgemäß stark variieren, entsprechend der eingekauften Qualität.
Zudem liegt die Zukunft des Kundendialogs im Internet. So prophezeit Alexander Czombera, ehemaliger Projektmanager Kundenzeitschriften bei Kat Marketing: „Das Printmedium wird in Zukunft unbedeutender, die schnelle und aktuelle Information aus dem Netz immer wichtiger. Die Kundenzeitschrift von morgen findet sich nicht nur im Briefkasten, sondern gleichzeitig auch im Internet“.
Auch für Beat Schmid, Professor für Kommunikation an der Universität St. Gallen, verliert die ’gemeine’ Kundenzeitschrift zu Gunsten des Internets an Bedeutung: „Künftig wird über das Image von Unternehmen an virtuellen Stammtischen und digitalen Dorfbrunnen entschieden“, ist Schmid überzeugt.
Beispiel Mercedes-Benz
Dass das Online-Kundenmagazin nicht theoretisch bleiben muss, zeigen erste Unternehmensbeispiele. Pionierarbeit in Sachen Online-Kundenmagazine hat die Clicktivities AG mit ihren beiden Projekten für Mercedes-Benz geleistet. Für den Stuttgarter Autobauer haben die Düsseldorfer gerade das Mercedes Online Magazin, www.mercedes-benz.com, realisiert und auch in der Sparte LKW, www.mercedes-benz.com/lkw, haben die digitalen Profis bereits mit einem Online-Magazin reüssiert. Dort werden Artikel sowie die Bilder und Grafiken onlinegerecht präsentiert. Ein weiterer Pluspunkt: der kostenlose Kleinanzeigenmarkt, der für alle User zugänglich ist. Online-Redakteurin, bei der Clicktivites AG und zuständig für Konzeptionsarbeiten Marie-Luise Nilges, meint über das journalistische Konzept von Online-Kundenmagazinen: „Generell halte ich User für ziemlich werbe-resistent, das heißt gerade im Online-Bereich zählen gut aufbereitete Informationen und Texte, Unterhaltung und Mehrwerte.“ Für Vorstandsmitglied der Clicktivites AG, Christoph Schmeink, kommt es bei der Umsetzung eines Online-Kundenmagazins auf den Zuschnitt der Inhalte an: „Ein gutes Online-Format spiegelt die Kenntnis und das Informationsbedürfnis der Kunden wider und ist ein hervorragendes Tool zur Kundenbindung.“
Gerade in der Autobranche ist die zielgruppengerechte Komplementärpublikation eines Onlinemagazins von Bedeutung, gilt doch unter Fachleuten das Internet als das Verkaufsanbahnungstool Nummer Eins im Neuwagen-Segment. „Kunden mit Kaufinteresse holen sich heute über die www-Seiten der verschieden Autobauer alle Erstinformationen für ihren Neuwagen,“ meint Schmeink. Via Fahrzeugkonfigurator informieren sich potenzielle Kunden nämlich über Serien- und Sonderausstattung, Preis und Händlerniederlassungen des fahrbaren Untersatzes und entwickeln dabei feste Kaufabsichten. Da ist es bei der Umsetzung eines Online-Magazins wichtig, das es als flankierende Maßnahme in der Lage ist Kaufimpulse freizusetzen.
Auch der Kommunikationsexperte Stefan Wichmann kennt die Chancen und Risiken der elektronischen Kundenmagazine: „Die Herausforderung liegt in der Überwindung des Spannungsfeldes zwischen redaktioneller Freiheit und dem legitimen Interesse der Verkaufsförderung.“ Will meinen, ein Kundentitel, Online oder Offline, braucht eine Daseinsberechtigung. Gleiches gilt für Mailings, Newsletter, Pressekonferenzen und Marketingmaßnahmen jeglicher Art. Eine Kundenbeziehungsmaßnahme ist nicht dann eine gutes Kundenbindungstool, wenn sie dem Absender das beruhigende Gefühl gibt, sich um seine Kunden bemüht zu haben, sondern wenn ein auf den Adressaten fein abgestimmtes und ebenso feindosiertes Informationserlebnis dabei herauskommt.
Autor: Andrea Dersch
eingestellt am 8. Juli 2002