Zum Beispiel möchte ich in meinem Hotelzimmer nicht von einem Fernseher mit „Guten Tag Herr Everths“ begrüßt werden. Genauer gesagt möchte ich überhaupt nicht von einem Fernseher begrüßt werden. Und weil wir schon dabei sind: Warum hat eigentlich jede Fernbedienung Knöpfe, die kein Mensch kennt? Zum Beispiel zwei entgegengesetzt zeigende Pfeile, einen gelben und einen blauen Knopf. Was passiert, wenn ich die drücke? Diese Vorstellung macht mir Angst.
„Ich brauche nicht viel, um glücklich zu sein“
Es ist wirklich einfach, mich als Hotelgast zufriedenzustellen. Ich brauche nicht viel, um glücklich zu sein. Ein sauberes, schnörkelloses Zimmer, ein ordentliches Club-Sandwich und einen Hauptschalter für’s Licht, den man nicht eine Stunde lang suchen muss. Doch was bekomme ich? Ein Upgrade. In eine Design-Junior-Suite. Für die computergesteuerte Lichtinstallation benötigt man ein abgeschlossenes Informatikstudium, für das unberuhigte Wasserbett muss man vorher eine Reisetablette einwerfen, und das mannshohe Blumenarrangement aus asiatischen Wurzelhölzern sieht aus, als habe es ein Florist gemacht, der sich von einem Ecstasy-Trip erholt. Überhaupt habe ich den Eindruck, dass wir sehr viel Energie aufwenden, um technische Dinge zu lösen, aber nur sehr wenig für die psychologischen. Welche Zahl muss ich drücken, um aus dem Hotel rauszutelefonieren? Wie funktioniert bei der 2.900 Euro teuren Philippe-Starck -Badarmatur der Umschaltmechanismus von Wannenhahn auf Duschfunktion? Warum fährt mitten in der Nacht das elektrische Rollo hoch? Und wo ist an der Bang-&-Olufsen-Anlage dieser verdammte Ausschaltknopf?
Wie die Bahn ihren Fahrgästen ständig in den Ohren liegt
Auch beim Bahnfahren wäre es relativ einfach, mich glücklich zu machen. Zum Beispiel, indem man mir nicht ständig in den Ohren liegt, dass der
mobile Brezelverkäufer zugestiegen ist. Oder dass mir das Team vom Bordrestaurant heute einen wunderbaren ligurischen Kalbskopf mit Speckböhnchen und einem frisch gezapften Bier empfiehlt. Und wenn mich der Zugchef auch noch quälend lange um Entschuldigung bittet, weil aufgrund eines Oberleitungsschadens in Kassel-Wilhelmshöhe der Zielbahnhof Hamburg-Altona voraussichtlich erst um 15.37 Uhr erreicht wird, drehe ich durch. Ich möchte das nicht hören. Wenn wir schon zu spät kommen, dann wenigstens in Ruhe! Ich bin mir sicher: Würde die Bahn ihre Durchsagen auf ’s Nötigste reduzieren, stiege die Kundenzufriedenheit auf ein Allzeithoch. Stattdessen geben sie Unsummen aus, um die Fahrtzeit von Frankfurt nach Köln um sieben Minuten zu verringern. Aber sind wir Bahnkunden deshalb zufriedener? Ich vermute mal, für einen Bruchteil des Geldes könnte man die besten männlichen und weiblichen Supermodels engagieren, damit sie zwischen Frankfurt und Köln auf und
ab gehen und den Passagieren kostenlos Schampus servieren. Spätestens dann würden viele Kunden sogar noch darum betteln, dass der Zug langsamer fährt. Und mit dem restlichen Geld könnte man jedem Zugbegleiter einen einjährigen Sprachkurs in England spendieren.
Kleine, anscheinend unbedeutende Verbesserungen steigern die Kundenzufriedenheit
Meist sind es nicht aufwendige und teure Maßnahmen, die die Kundenzufriedenheit teigern, sondern kleine, anscheinend unbedeutende Verbesserungen. Warum in aller Welt wird jeder Fluggast bei Start und Landung vom Bordpersonal terrorisiert, die Rückenlehne seines Sitzes doch gefälligst in eine aufrechte Position zu bringen? Das macht schlechte Laune und ist darüber hinaus auch noch vollkommen absurd. Die Dinger haben sowieso nur drei Millimeter Spielraum. Macht es einen Unterschied, ob ein Flugzeug mit senkrechten oder minimal angewinkelten Sitzen abstürzt? Oft könnte es so einfach sein, seine Kunden zufriedenzustellen.
Über den Autor: Vince Ebert ist Physiker und Kabarettist und mit seinem Bühnenprogramm „Freiheit ist alles“ deutschlandweit auf Tournee. Er ist auch Kolumnist der absatzwirtschaft. Tourdaten unter www.vince-ebert.de.