Ein Team von Forschern rund um Akshay Rao von der Carlson School of Management untersuchte die Wirkung unterschiedlicher Arten von Discounts auf unsere Shopper-Präferenzen und unser Kaufverhalten. Es zeigte sich in der Studie, dass Shopper eine deutliche Präferenz haben, zum regulären Preis mehr von einem Produkt zu erhalten, als es in der Standardmenge zu einem rabattierten Preis angeboten zu bekommen. In einem Feld-Experiment in einem realen Supermarkt verkauften die Forscher 73 Prozent mehr von einer Handlotion mit Bonus-Pack (zum regulären Preis) als ohne Bonus-Pack aber zu einem Preis-Discount. Mit überwältigender Mehrheit bevorzugen Shopper die Möglichkeit, 50 Prozent mehr von einem Produkt zu erwerben, als es zu einem – äquivalenten (!) – 33 Prozent günstigeren Preis offeriert zu bekommen. Diese Präferenz zum Bonus-Pack hatte sogar Bestand, als das Preis-Discount-Angebot objektiv deutlich besser war. So wurden Kaffeebohnen einerseits mit 33 Prozent mehr (Gratis-) Bohnen, andererseits zu einem um 33 Prozent reduzierten Preis angeboten. Obwohl der Discount das objektiv bessere Angebot ist, sahen die Konsumenten beide Angebote als gleichwertig an.
Der Grund dafür ist: Es ist kognitiv aufwendig, die objektive bessere Wahl zu treffen, da wir hierfür bruchrechnen müssen. Insbesondere in einer Einkaufssituation überfordert uns dies und wir realisieren nicht, dass ein Anstieg der Menge des Produktes um 50 Prozent (beispielsweise Overfill) und ein Preis-Discount um 33 Prozent im Wert identisch sind. Wir achten auf die absolute Höhe der Prozentzahl und lassen uns von ihr (ver-) führen. Wir ziehen das Angebot, 50 Prozent mehr von einem Produkt zu erhalten, einem äquivalenten 33prozentigen Discount vor, weil 50 Prozent absolut die größere Zahl ist. Wenn die Prozentzahl gleich hoch ist, sehen wir die Angebote als gleich an – auch wenn dies objektiv nicht der Fall ist.
Es ist effektiver, dem Kunden Vorteile zu geben, statt Kosten oder Schwächen zu reduzieren
Die Implikationen für das Marketing sind klar: Mehr vom Produkt zum gleichen Preis sollte die bevorzugte Promotion-Art sein – so lange die Zusatzkosten für Produktion, Transport, Regalplatz und so weiter den Vorteil nicht aufheben. Hinzu kommt: Das Prinzip, dem Kunden mehr Wert statt weniger Kosten zu offerieren, gilt nicht nur für Promotions. Wenn es zum Beispiel darum geht, die Effizienz eines Neuwagens zu bewerben, ist es überzeugender die Zusatzkilometer pro Liter Benzin zu bewerben, statt den äquivalenten, prozentualen Rückgang im Benzinverbrauch. Wenn es darum geht, die Geschwindigkeit von Datenübertragung (etwa USB Drive, Internet), Lieferservice (zum Beispiel Packet wird in zwei Tagen geliefert), Serviceleistungen (beispielsweise Problem wird in 24 Stunden behoben) zu bewerben, kann es effektiver sein, die Verbesserungen in der Geschwindigkeit zu betonen (etwa 25 Prozent schneller), statt den äquivalenten Rückgang im Zeitaufwand (beispielsweise 20 Prozent). All diese Beispiele zeigen das gleiche Prinzip: Es ist effektiver, dem Kunden Vorteile zu geben, statt Kosten oder Schwächen zu reduzieren.
Rabatte reduzieren die Wirkung von Produkten
Zudem erinnert uns die erwähnte Studie einmal mehr daran, dass ein Preis mehr kommuniziert als nur die Kosten. In Produktkategorien, in denen es große Preisunterschiede gibt – aber nur dort – dient der Preis auch als Qualitätsmerkmal. Ein Discount kann also die erwartete beziehungsweise erlebte Qualität reduzieren. Mehr noch: Preise und Discounts verändern auch das tatsächliche Produkterleben. Forschungen aus dem Bereich der Marketing-Placebos zeigen, dass der gleiche Wein, je nach Preis, anders beurteilt wird. Ist der Preis hoch, schmeckt der Wein besser. Rabatte wirken umgekehrt: Sie reduzieren die Wirkung von Produkten. Energy-Drinks etwa steigern den Blutdruck. Dieser Effekt fällt jedoch deutlich geringer aus, wenn der Energy-Drink rabattiert wird.
Über den Autor: Dr. Christian Scheier ist weltweit einer der wenigen Neuropsychologen, der Forschungs- und Praxiskompetenz in der Marketingberatung kombiniert. Nach einer wissenschaftlichen Karriere am renommierten California Institute of Technology, und dem erfolgreichen Aufbau einer Agentur für Marketingforschung gründete er zusammen mit Dirk Held die decode Marketingberatung GmbH. Er ist Autor diverser Publikationen und zudem gefragter Referent im In- und Ausland.