„Menschliche Kreativität bleibt bei Klarna zentral“

Im Mai verkündete Klarna, 11 Prozent der Marketingkosten durch KI eingespart zu haben. Droht Kreativen und Marketern nun der Jobverlust? Wir haben mit Dominic Hoffmann, Head of Northern & Central Europe von Klarna gesprochen.
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Dominic Hoffmann: "Die Partnerschaft mit OpenAI ist für uns von großer Bedeutung." (© Klarna)

Herr Hoffmann, KI hat es Klarna ermöglicht, die Agenturkosten weltweit um 25 Prozent zu senken. Können Sie genauer erläutern, wie diese Einsparungen durch den Einsatz von KI erzielt wurden?

Klarna hat sich im Zuge der Einführung von KI quer durch das gesamte Unternehmen zu einem der effizientesten Unternehmen weltweit entwickelt. Mittlerweile nutzen neun von zehn unserer Mitarbeiter*innen KI aktiv in ihrem täglichen Arbeitsprozess. Dabei sehen wir den größten Effekt im Marketingbereich. Dort konnten wir Kosten einsparen, indem wir weniger auf externe Agenturen zurückgreifen müssen und die Bildproduktion durch KI automatisiert haben. Wo früher teure Shootings notwendig waren, können wir nun hochwertige Bilder mithilfe von KI generieren.

10 Mio. US-Dollar soll Ihr Unternehmen damit nach eigenen Angaben gespart haben. Inwieweit sehen Sie durch den zunehmenden Einsatz von KI bei Klarna Arbeitsplätze, insbesondere im kreativen Bereich, gefährdet?

Bei Klarna sehen wir KI als ein unterstützendes Werkzeug, das die menschliche Kreativität ergänzt, anstatt sie zu ersetzen. Wir haben durch den Einsatz von KI keine Entlassungen vorgenommen, und im Gegenteil, Klarna wächst weiter. Die Effizienzsteigerungen, die wir durch KI erzielen, ermöglichen es uns, dieses Wachstum zu unterstützen, ohne dass wir unser Team vergrößern müssen. Die menschliche Kreativität bleibt zentral, und KI hilft uns dabei, diese effizienter zu nutzen.

Klarna hat zwar keine Stellen direkt abgebaut, aber Stellen wurden nicht nachbesetzt, was einen impliziten Stellenabbau bedeutet…

Wir haben eine normale Fluktuation von etwa 20 Prozent pro Jahr, die typisch für die Branche ist. Diese natürlichen Abgänge werden nicht immer eins zu eins nachbesetzt. Stattdessen schauen wir, wo wir die Effizienz steigern können, sodass wir das Wachstum von Klarna unterstützen können, ohne zusätzliche Mitarbeiter einstellen zu müssen.

Welche Qualifikationen müssen die Menschen mitbringen, die zukünftig im Marketingbereich arbeiten, insbesondere im Hinblick auf die zunehmende Bedeutung von KI?

Der Markt für KI-Expertise ist noch sehr jung, und es gibt kaum formale Ausbildung in diesem Bereich. Deshalb setzen wir bei Klarna auf On-the-Job-Training und interne Zertifizierungsprogramme. Wir erwarten von unseren Mitarbeiter*innen, dass sie sich kontinuierlich weiterbilden und die sich schnell entwickelnden KI-Tools erlernen. In den nächsten Jahren wird sich dieser Bereich sicherlich weiter professionalisieren, und wir werden zunehmend auf bereits erfahrene KI-Spezialist*innen zurückgreifen können.

Es ist bekannt, dass Klarna eng mit OpenAI zusammenarbeitet und als eines der ersten Unternehmen KI in großem Maßstab nutzt. Was bedeutet diese Partnerschaft für Klarna und welche Vorteile bringt sie?

Die Partnerschaft mit OpenAI ist für uns von großer Bedeutung, da sie uns Zugang zu den fortschrittlichsten KI-Technologien verschafft. Klarna hat sich bewusst dazu entschieden, eine Vorreiterrolle einzunehmen und frühzeitig auf diese Technologien zu setzen. Diese Zusammenarbeit ermöglicht es uns, schneller als andere Unternehmen zu lernen und unsere Prozesse zu optimieren. Wir sehen dies als einen wesentlichen Wettbewerbsvorteil, der uns in die Lage versetzt, effizienter und agiler auf Marktveränderungen zu reagieren.

Wie gewährleistet Ihr Unternehmen eine Qualitätssicherung?

Das ist ein zentrales Thema für uns. Wir nutzen KI, um datenbasierte Entscheidungsgrundlagen zu schaffen, aber die finale Kontrolle liegt immer noch bei den Menschen. Ein Beispiel ist unsere Markenphilosophie und Tonalität. Alle durch KI generierten Marketingtexte werden durch eine zweite Prüfungsschleife geschickt, in der sichergestellt wird, dass sie mit unserer Markenbotschaft übereinstimmen. Diese Prozesse stellen sicher, dass trotz der Automatisierung die kreative Vision und der Markenwert von Klarna erhalten bleiben.

Manche Expert*innen sagen, dass sich Agenturen durch den zunehmenden Einsatz von KI neu positionieren müssen, etwa von der reinen Kreativleistung hin zu datengestützten Geschäftsmodellen. Wenn dies der Fall ist, wäre das ein Grund für Klarna, wieder stärker mit Agenturen zusammenzuarbeiten?

Eine Agentur müsste uns einen Mehrwert bieten, den wir intern nicht selbst oder mithilfe von KI erreichen können. Es ist eine Evolution der Agenturleistungen, die wir beobachten. Vor zehn Jahren boten Agenturen noch andere Services an als heute, und das wird sich weiterentwickeln. Wenn eine Agentur beispielsweise spezialisierte Services in einem Bereich anbieten kann, auf den wir intern keinen direkten Zugriff haben, wie etwa spezielle Influencer-Netzwerke, dann würden wir sicherlich wieder stärker auf externe Unterstützung setzen. Es hängt alles davon ab, wie gut eine Agentur uns dabei unterstützen kann, unsere Ziele effizienter zu erreichen.

Hat der Einsatz von KI Einfluss auf das Social-Media-Marketingbudget von Klarna? Wurde es reduziert oder sogar erhöht?

Das Social-Media-Budget wurde durch den Einsatz von KI nicht direkt beeinflusst. Was sich jedoch verändert hat, ist die Art und Weise, wie wir dieses Budget effizienter einsetzen. Durch die Nutzung von KI können wir schneller und zielgerichteter Kampagnen ausspielen. Ein Beispiel ist unsere Partnerschaft mit der deutschen Nationalmannschaft. Dank KI konnten wir diese Kampagne in kürzester Zeit umsetzen und optimal nutzen, was ohne diese Technologie nicht in diesem Umfang möglich gewesen wäre.

Wie plant Klarna, den Einsatz von KI in Zukunft weiter auszubauen?

Bei Klarna wird KI bereits in allen Abteilungen eingesetzt, vom Kundenservice bis zum Marketing. Zukünftig wollen wir den Einsatz von KI vor allem im Bereich des Kundenerlebnisses intensivieren. Unser Ziel ist es, maßgeschneiderte, personalisierte Erlebnisse zu schaffen, die das Einkaufserlebnis unserer Kunden verbessern. Ein Beispiel wäre die Empfehlung passender Produkte basierend auf dem Kaufverhalten des Kunden.

(amx, Jahrgang 1989) ist seit Juli 2022 Redakteur bei der absatzwirtschaft. Er ist weder Native noch Immigrant, doch auf jeden Fall Digital. Der Wahlberliner mit einem Faible für Nischenthemen verfügt über ein breites Interessenspektrum, was sich bei ihm auch beruflich niederschlägt: So hat er bereits beim Playboy, in der Agentur C3 sowie beim Branchendienst Meedia gearbeitet.