Mit dem Geschäftskonto von Kontist erhalten Freiberufler nun dieselben Finanzdienstleistungen wie Angestellte. Dabei übernimmt die an das Konto gekoppelte Banking-App die Rolle des Arbeitgebers: Steuern und jegliche Abgaben (Rente, Krankenversicherung etc.) werden bei Zahlungseingängen automatisch verrechnet und zurückgelegt bzw. auf ein Unterkonto bewegt.
Herr Plantener, selbst schon Probleme mit der Finanzdienstleistung als Freiberufler gehabt?
Da ich in meinem bisherigen Berufsleben noch nie fest angestellt war, sondern immer als Selbstständiger gearbeitet habe, habe ich über die Jahre viele verschiedene Erfahrungen mit Finanzdienstleistern gemacht: Die meisten Banken haben kein bzw. wenig Verständnis für die Bedürfnisse von Selbstständigen und verstehen diese auch gar nicht. Deshalb gibt es speziell für diese Zielgruppe so gut wie keine Angebote.
Um ein konkretes Beispiel zu nennen: Ich habe im Laufe meiner 15-jährigen Selbstständigkeit bei meiner Bank bis heute keine Kreditkarte für mein Geschäftskonto bekommen und es hat mehr als zehn Jahre gedauert, bis sie mir einen Dispo eingeräumt haben und das, obwohl sie ja meine Finanzen kannten und wussten, dass ich seit Jahren regelmäßig sehr gut verdiene. Es geht also nicht um den Einzelfall, sondern ums Prinzip. Wenn Banken Selbstständige grundsätzlich als Risikokandidaten einschätzen, liegen sie falsch. Wer wird wohl eher in finanzielle Bedrängnis geraten: ein Selbstständiger, der seit Jahren beweist, dass er neue Kunden und Projekte akquirieren kann oder ein Angestellter, dem nach 20 Jahren gekündigt wird und der sich neu orientieren muss? Die Zeiten haben sich geändert.
Was sind die deutlichsten Nachteile zum Angestelltenverhältnis?
Der hohe zusätzliche, administrative Aufwand von Buchhaltung über Steuern bis zu Themen wie Versicherung und Rente. Mindestens einmal im Quartal muss ich mich einen Sonntag lang um die Dinge kümmern, die einen Angestellten nie beschäftigen. Das ist äußerst schmerzhaft und man ist ganz auf sich allein gestellt, wenn etwas schief läuft. Selbstständige müssen von ihren Einnahmen alle Abzüge wie Umsatzsteuer, Krankenversicherung, Altersvorsorge, Vorauszahlungen, Werbekosten, Risikorücklagen, Kirchensteuer, etc. selbst abführen. Das ist im Vergleich zum Angestellten, dem alle Abgaben automatisch vom Bruttogehalt abgezogen werden, schon ein erheblicher Mehraufwand.
Wie kamen Sie auf die Business-Idee?
Schon bei der Gründung meiner letzten Firma Debitoor, die ein Rechnungs- und Buchhaltungsprogramm für Selbstständige entwickelt hat, war mir die Problematik von Freiberuflern bewusst. Und natürlich habe ich die Schwierigkeiten der Zielgruppe als Selbstständiger selbst hautnah mitbekommen. So entstand die Idee, für Freiberufler und Selbstständige ein spezielles Geschäftskonto mit verschiedenen Zusatzfunktionen anzubieten – quasi ein Konto das eigenständig mitdenkt und wirklich auf die Bedürfnisse von uns Selbstständigen zugeschnitten ist. Im Gegensatz zu den Privatkonten anderer Banken, auf die man einfach “Business” draufschreibt, die aber – außer zusätzlichen Gebühren – nichts Neues bieten. Bei Debitoor habe ich auch gesehen, dass die Automatisierung aller Admin-Prozesse für Selbständige nur gelingen kann, wenn man Zugang zu allen relevanten Daten hat. Und natürlich sind die Bankdaten die wichtigsten, denn so gut wie alle Transaktionen werden ja direkt oder indirekt über die Bank abgewickelt. Bei der Bank laufen alle wichtigen Daten zusammen.
Was kann die App Kontist? Eine kurze Einführung?
Über die App bieten wir unser kostenloses, mobiles Geschäftskonto an. Allerdings ist Kontist nicht nur ein Standardkonto, sondern es bietet spezielle Funktionen wie die automatische Rücklage für Umsatz- und Einkommensteuer und eine kluge Kategorisierung von Transaktionen an. Die Anmeldung bei Kontist über die App ist unkompliziert und die Kontoführung ist komplett papierlos.
Keine Angst, dass große Fintechs diese Idee auch schon längst in der Hinterhand haben?
Große Fintechs sind bei uns weniger die Herausforderung und auch traditionelle Banken, die unsere eigentlichen Mitbewerber sind, haben sich in der Vergangenheit kaum um diese Zielgruppe gekümmert. Ich sehe nicht, wie und warum sie jetzt auf einmal die großen Selbstständigen-Versteher werden sollten. Sicher gibt es auf europäischer Ebene ein paar Anbieter, die diesen Markt spannend finden – dann allerdings mit grundsätzlich anderen Ansätzen als Kontist. Und wie gesagt, ob nun Fintech oder herkömmliche Bank: Wer denkt, man könnte ein Privatkonto nehmen und es einfach Geschäftskonto nennen, der schießt meiner Meinung nach komplett an der Zielgruppe vorbei. Wir Selbständigen haben andere Anforderungen und Bedürfnisse und es ist an der Zeit, dass wir uns endlich zusammentun, um das zu bekommen, was wir brauchen.
Was ist Ihr Ziel für 2017?
Nach unserem Beta-Launch Ende des letzten Jahres können wir ab Februar 2017 ein Konto für alle nicht im Handelsregister gelisteten Selbstständigen eröffnen. GmbHs, UGs und KGs usw. werden wir erst im Frühjahr ein Konto anbieten können. Außerdem arbeiten wir gerade mit Hochdruck an einer Android-App und an der Integration von verschiedenen Rechnungs- und Buchhaltungsprogrammen wie Debitoor. Unser Ziel ist es, in den nächsten Jahren 80 Prozent aller regelmäßigen Admin-Aufgaben für unsere Kunden zu automatisieren und somit abzuschaffen. Letztlich sorgen wir dafür, dass es genauso einfach ist als Selbstständiger zu arbeiten wie als Angestellter – d.h. mit genauso wenig administrativen Aufwand und gleichem Zugang zu Finanzprodukten. In Zukunft werden wir uns auch Themen wie Dispo und Krediten generell widmen aber auch Versicherungen und Rente. Wir wollen quasi die Rolle des Arbeitgebers für Selbstständige einnehmen, der vom Nettogehalt über Steuern und Versicherungen bis hin zum Thema Rente alles für seine Angestellten übernimmt. Das wollen wir zukünftig für unsere Kontisten auch übernehmen.