Wenn man die amerikanische Präsidentschaftswahl und deren Analysen im Rückblick zusammenfasst, dann entsteht schnell das folgende Bild: Während Donald Trump mit einfachen populistischen Botschaften punktete, verlor sich Kamala Harris nach einer Anfangseuphorie in wichtigen, aber nicht mitreißenden Sachthemen.
Im Kern ist das mit Sicherheit richtig, nur geht bei dieser Kurzanalyse ein ganz wichtiger Punkt unter. Entscheidend ist nämlich nicht nur die einzelne Botschaft, sondern vor allem die Summe aller Botschaften. Doch gerade diese Summe aller Botschaften bleibt in der Ära des Performance Marketings immer öfter auf der Strecke. So wird die einzelne Botschaft, das einzelne Video, der einzelne Werbeclip überbewertet, während die Summe aller Botschaften zu wenig Beachtung findet.
BMW, Red Bull und Audi zeigen, wie es geht
Schauen wir uns dazu einmal die Werbe-Headlines einer Automarke an. Diese waren in den letzten Jahrzehnten so verschieden wie: „Hallo Zukunft“, „Die Eroberung der digitalen Welt“, „Action“, „Elektrisiert“, „Das Auto der Jahre“, „Der Leitwolf“, „Leistungsbilanz“, „Gebaut, um den Atem zu rauben“, „Adrnln“, „Nach Art des Hauses“ oder (und hier wird die Marke dann sofort klar erkennbar) „31cm Schneehöhe, 100% Fahrfreude”. Heute steht BMW wie keine andere Marke für „Fahrfreude“ beziehungsweise „Freude am Fahren“. Entscheidend dafür war, dass über Jahrzehnte so gut wie jede Werbung, egal wie letztendlich die Headlines oder die Themen im Detail lauteten, auf diese Fahrfreude-Idee einzahlte. Anders ausgedrückt: Jede Werbung verstärkte – mal mehr, mal weniger kreativ – die Position „Fahrfreude“ von BMW in den Köpfen der Kunden und am Markt.
Oder nehmen Sie Red Bull! 1987 etabliert, machte die Marke 2023 weltweit einen Umsatz von 10,5 Milliarden Euro. Interessant dabei ist aus Markensicht vor allem, dass die Marke beim Design und bei der Werbung heute noch genauso auftritt wie im Gründungsjahr. Dabei waren die gezeigten Spots – isoliert betrachtet – sicher auch einmal kreativer, einmal weniger kreativ, einmal witziger, einmal weniger witzig. Aber in Summe haben alle Spots gemeinsam die Marke und deren Position stärker und stärker gemacht.
Interessantes gab es dazu in diesem Jahr auch bei der Marke Audi zu beobachten: Über 50 Jahre setzte der Autobauer auf den Slogan „Vorsprung durch Technik“. So war es auf der einen Seite aus Markensicht extrem verwunderlich, dass Audi im Oktober 2020 diesen Langzeitslogan durch „Future is an attidude“ ersetzte. Auf der anderen Seite war es nur logisch, dass man sich kürzlich wieder auf „Vorsprung durch Technik“ zurückbesonnen hat. Genau diese Gedanken sollte man sich auch bei einer anderen VW-Tochter machen. So würde es aus Markensicht auch bei Skoda Sinn machen, den aktuellen Slogan „Let’s explore“ wieder durch den früheren Slogan „Simply clever“ zu ersetzen.
Trump, Harris und zwei einfache Fragen zum Erfolg
Gerade in der Politik ist es unheimlich schwer, einen Fokus zu finden und zu bewahren. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass Politiker und Politikerinnen in den Medien zu unzähligen Themen Stellung nehmen müssen. Aber gerade dadurch wird es noch wichtiger, eine einfache, zentrale Idee zu besitzen, um sich mental nicht zu verzetteln. Genau diese Idee hatte Donald Trump mit „Make America great again“. Das ist eine Seite. Auf der anderen Seite versäumte es Kamala Harris – speziell in der ersten Phase der Euphorie – selbst eine einfache, zentrale Idee für ihren Wahlkampf zu finden. Oder wissen Sie, wofür Harris in diesem Wahlkampf wirklich stand?
Wenn Sie selbst Ihre Marke heute und morgen auf den Prüfstand stellen möchten, um wirklich die Macht der kumulativen Wirkung zu nutzen, sollten Sie sich die folgenden beiden Fragen stellen:
Frage 1: Hat die angedachte Werbung, egal in welcher Form, die Kraft, Neukunden für die eigene Marke zu gewinnen?
Frage 2: Verstärkt die angedachte Werbung, egal in welcher Form, die Position der eigenen Marke und bestätigt so auch die eigenen Stammkunden in ihrer Kaufentscheidung?
Wie wichtig und mächtig diese kumulative Macht einer einfachen Aussage oder einer einfachen Position sein kann, wusste bereits der römische Feldherr Marcus Porcius Cato Censorius, genannt Cato der Ältere. Er beendete laut Überlieferungen jede Rede mit: „Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Karthago zerstört werden muss.“ Hätte er das nur einmal in einer Diskussion über Karthago im Senat gesagt, würde sich niemand mehr daran erinnern. So aber wurde es zu seinem persönlichen „Markenzeichen“, das bis heute überdauert hat.