Die Markenlektion 2020

Ein Wort oder besser ein Virus hatte das Jahr 2020 fest im Griff: Corona. Natürlich machte Covid-19 auch nicht vor der Werbung und dem Marketing halt. Welche Erkenntnisse können Marken nun aus der Pandemie ziehen? Hiermit befasst sich die Markenlektion 2020 unseres Kolumnisten Michael Brandtner.
Marke
Markenlektion 2020: Achten Sie immer auf den richtigen Ton, aber vergessen Sie dabei nie Ihre eigene Marke! (© iStock/oshcherban)

Die Coronavirus-Pandemie dominierte die analogen und digitalen Medien, egal ob Politik, Wirtschaft, Tagesgeschehen oder Kultur, egal ob News oder Fake News, egal ob Aufklärung, Panikmache oder Verharmlosung, egal ob berufliche oder private Kommunikation.

Zudem hat Corona auch unsere Sprache verändert. Laut Leibniz-Institut sind rund tausend neue Wortschöpfungen wie etwa AHA-Regel, Corona-Sex, Gabenzaun, Hotspot, Lockdown Light, Superspreader oder Zoomparty entstanden. Heißt: Niemand, wirklich niemand konnte Corona entkommen.

Werbung und Marketing by Corona

Corona hat nicht nur Werbe- und Budgetpläne beeinflusst, sondern es ging vor allem auch darum, den richtigen Ton in der Werbung zu finden. Damit ließen sich – vor allem im ersten Lockdown im Frühjahr – drei zentrale Verhaltensweisen ableiten.

  1. Auf der einen Seite stellten Unternehmen, darunter etwa auch das Marken- und Marketingschwergewicht Coca-Cola ihre Werbung komplett ein.
  2. Andere Unternehmen setzten weiterhin auf Werbung, wobei dies auf zwei unterschiedliche Arten geschah: Während die einen wie etwa Check 24 ihre Werbung weitgehend unverändert ließen, …
  3. … suchten viele andere wie Edeka und Rewe den direkten Bezug zu Corona in der Kommunikation. Laut einer Nielsen-Studie wurden so allein im März 2020 in Deutschland Corona-Kampagnen mit einem Gesamtwert von fast 100 Millionen Euro registriert.

Im Nachhinein erscheinen vor allem die beiden letztgenannten Verhaltensweisen aus Marken- und Marketingsicht sinnvoll. Bereits im April zeigte eine Studie von Ad Alliance, dass die gestiegene Mediennutzung offensichtlich auch zu einer gesteigerten Wahrnehmung von Werbung führte. Dabei gewannen laut dieser Studie die einen Unternehmen, weil sie mit ihrer unveränderten Werbung einen Bezug zum normalen Leben und zu normalen Konsumgewohnheiten herstellten. Die anderen Unternehmen, die mit Corona-Bezug arbeiteten, konnten vor allem Sympathiepunkte sammeln.

Megatrends by Corona

Zudem gab es drei ganz klar durch Corona-mitbedingte Megatrends im Jahr 2020:

  1. Digitalisierung
  2. Regionalität
  3. Verantwortung und Engagement

Während die ersten beiden Trends die Markenwelt je nach Ausgangssituation unterschiedlich betrafen, dürfte der dritte Trend – Verantwortung und Engagement – vor keiner Marke dieser Erde haltmachen.

Bereits im Frühjahr zeigte ein Spezialreport des „Edelman Trust Barometer“ zur Corona-Krise, dass die Verbraucher eine hohe Erwartungshaltung an Marken in dieser Krise haben. Laut der Studie forderten rund 89 Prozent der Deutschen eine Zusammenarbeit von Marken mit Regierung und Hilfsorganisationen, um die Krise zu bewältigen. International betrug dieser Anteil 90 Prozent.

Diese Tendenz wurde aktuell in einer weiteren Studie von „Edelman Trust Barometer“ zum Thema „Marken inmitten der Krise“ noch einmal untermauert und sogar verstärkt. So gaben nicht nur 55 Prozent der weltweit Befragten an, dass Marken aktuell eher dazu beitragen können, soziale Probleme zu lösen als Regierungen, sondern auch, dass für 50 Prozent der Befragten ihr Vertrauen in bestimmte Marken eng mit deren sozialem Engagement verknüpft ist.

Werbung und Marketing by Marke

Damit wird das Leben für Marken- und Marketing-Entscheider nicht einfacher, gilt es doch vor allem auch, dass sie sich – speziell in einer Krise wie dieser – nicht nur richtig verhalten, sondern dass sie vor allem auch den richtigen Ton in der Kommunikation treffen.

Die aktuelle Studie von Edelman belegte deutlich, dass weltweit den Aussagen von Marken wieder mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird:

  • In den USA stieg die Zahl der Befragten, die auf die Aussagen von Werbung und Marketing achten, von 45 Prozent im Jahr 2019 auf 54 Prozent im Jahr 2020.
  • in Deutschland stieg die Zahl von 33 auf 46 Prozent.
  • Global wuchs der Anteil von 50 auf 64 Prozent.

Wie wichtig es mehr denn je durch Corona für Marken ist, den richtigen Ton zu treffen, zeigte dieses Jahr auch eine Studie von Hype Collective. So werden von gut jedem zweiten jungen Briten Stellungnahmen von Marken zu sozialen Problemen als zynisch und heuchlerisch wahrgenommen. Die Umfrage wurde unter tausend Briten im Alter zwischen 18 und 24 Jahren durchgeführt. Insgesamt 59 Prozent bezweifeln dabei die Ehrlichkeit von Markenaussagen zu gesellschaftlichen Problemen.

Fazit

Speziell durch die Corona-Krise wird die Erwartungshaltung an Marken eindeutig höher. Auf der einen Seite profitieren sie ganz klar von der erhöhten Aufmerksamkeit, auf der anderen Seite müssen sie auch wirklich den richtigen Ton in Verhalten und Auftreten treffen. Gleichzeitig erhöht sich aber auch so die Gefahr, dass vor lauter „neuen“ Entscheidungstatbeständen, auf die sie achten sollten, der Kern und die Positionierung der Marke vergessen wird.

Denn wenn der Großteil der Marken ähnlich mit Corona-Bezug wirbt, steigt auch die Gefahr, dass Marken letztendlich mehr für Corona als für sich selbst werben. Das sollte nicht sein. Vielmehr sollten Marketing-Entscheider immer darauf achten, dass jede Kommunikation immer auch auf den Markenkern und die Markenpositionierung einzahlt – speziell auch unter dem Gesichtspunkt, dass (hoffentlich) keine Krise ewig währt. Und so lautet die Markenlektion 2020 in einem Satz: Achten Sie immer auf den richtigen Ton, aber vergessen Sie dabei nie Ihre eigene Marke!