Wie enthusiastisch die Stimmung noch vor einem Jahr war, zeigte die Einladung der SMiCS 2011, der Social Media Marketing & iCommerce Summit, die im Juli 2011 in Monte Carlo stattfand. So lautete die bombastische Headline: „Engage or die!“ In der Einladung selbst hieß es dann: „Social Media ist der brisanteste Trend auf dieser Erde seit der industriellen Revolution. … Heute sehen wir Social Media als einen weiteren Kanal unter vielen, aber in einigen Jahren mag es der einzige Kanal sein.“
Vom Enthusiasmus zur Ernüchterung
Heute fragen sich eher viele, ob Facebook und Co. selbst jeweils ein Geschäftsmodell finden, das ihnen dauerhafte Gewinne und damit das Überleben sichert. Wie aber sollte man nun aus Marken- und Marketingsicht wirklich mit Social Media umgehen?
Vor noch einem Jahr gab es dazu in der Regel drei Typen oder Meinungen im Unternehmen: (1) Den Social-Media-Enthusiasten, (2) den Social-Media-Skeptiker und (3) den Social-Media-„Realisten“. Für die Enthusiasten war klar, dass Social Media die Markenführung in Summe revolutionieren wird. Die Skeptiker waren für Abwarten und Tee trinken und erinnerten an die erste Internetblase und an Second Life. Die sogenannten Realisten sahen die Wahrheit genau in der Mitte.
Wie ein Medium behandeln
War hat nun recht? Keine der drei Gruppen, weil alle drei pauschalieren. Man sollte Social Media endlich wie normales Medium im Media-Mix behandeln. Hat Fernsehen als Medium für jedes Unternehmen dieselbe Bedeutung? Natürlich nicht! Hat Print als Medium für jedes Unternehmen dieselbe Bedeutung? Natürlich nicht! Hat Radio als Medium für jedes Unternehmen dieselbe Bedeutung? Natürlich nicht!
Hat Social Media als Medium für jedes Unternehmen dieselbe Bedeutung? Natürlich nicht! Für manche Unternehmen ist Social Media-Marketing von enormer Bedeutung und damit ein extrem wichtiger Beststandteil im Media-Mix. Für andere Unternehmen wird Social Media nur eine Art „Basisinfokanal“ ergänzend zur Web-Site werden.
Dabei gibt es eine Daumenregel: Je größer das generelle Mundpropaganda- und Nachrichtenpotential eines Unternehmens oder einer Marke ist, desto wichtiger sind auch die sozialen Medien für Ihr Marketing. Das heißt: Für alle Marken, die in regelmäßigen Abständen für ihre Kunden wirklich interessante und relevante Nachrichten haben, sind die sozialen Medien perfekt geeignet. Für den Rest wird eine Präsenz auf Facebook und Co. den Stellenwert haben, den auch die Web-Site hat. Für eine Automarke mag Facebook genial sein, weil Autos generell ein hohes Mundpropaganda-Potential haben. Für eine Taschentuchmarke mag Facebook nur eine Ergänzung zur Web-Site sein.
Die wahren Profiteure
Wer aber werden die wahren Profiteure von Social Media sein? Die Antwort darauf ist leichter als man denkt, nämlich die: „Die starken Marken!“ Nur auch das war immer so. Auch vom Radio oder vom Fernsehen haben starke Marken mehr profitiert als schwache. Sie haben damit ihren kommunikativen Druck (auf Kosten der schwachen Marken) noch einmal erhöhen können.
Mehr noch: Je größer die Kommunikationsüberlastung generell wird (die sozialen Medien leisten dazu einen weiteren wesentlichen Beitrag), desto schwerer wird es generell für die schwachen Marken. Damit kann man sogar zwei Lektionen aus dem Jahr 2012 für die Zukunft mitnehmen: Lektion 1: Auch Social Media ist nur ein Medium und sollte so behandelt werden. Lektion 2: Es wird noch wichtiger, eine starke Marke zu haben.
Über den Autor: Markenstratege Michael Brandtner ist der Spezialist für strategische Marken- und Unternehmenspositionierung in Rohrbach, OÖ und Associate im Beraternetzwerk von Al Ries. Er ist Autor des Buches „Brandtner on Branding“. Sein Markenblog lautet: www.brandtneronbranding.com