Er feierte Traumquoten mit absurden TV-Events und krönte nebenbei Popsternchen. Stefan Raab ist der erfolgreichste Entertainer, Showmaster, Moderator und Unternehmer des heutigen Medienzeitalters. Das ließ sich der Sender auch Einiges kosten: Einem Bericht des „Manager Magazins“ zufolge zahlte die ProSiebenSat1-Gruppe der zur Kölner Brainpool-Gruppe gehörenden Produktionsfirma RaabtTV für den letzten Fünfjahresvertrag rund 185 Millionen Euro, also 37 Millionen Euro pro Jahr. An der Produktionsfirma Brainpool ist Raab mit 12,5 Prozent beteiligt und fungiert innerhalb der Firma als eine Art inoffizieller Chief Creative Officer. Neben seinen eigenen Sendungen produziert Brainpool Formate wie „Stromberg“, „Pastewka“ und „Ladykracher“.
Die Marke Raab, sie wirkt auch bis in den Kapitalmarkt hinein: Nach Bekanntwerden der Unterzeichnung 2011 beflügelte das die Aktienkurse von ProSieben. Raab selbst äußerte sich zu der Vertragsverlängerung gewohnt flachs mit den Worten: „Das ist doch mal eine gute Nachricht, über die ich mich sehr freue. Alles Weitere lesen Sie bei Wikileaks.“ Die schlechte Nachricht kommt fünf Jahre später mit Auslauf des Vertrags: Die Aktie des Konzerns gibt heftig nach, wie das Handelsblatt berichtet.
Prof. Dr. Esch kennt die Faktoren, die Raabs Markenimage so stark werden ließ: „Für ProSieben ist Stefan Raab ein Zugpferd, was nun verloren geht. Er hat alle Aspekte, die eine starke Marke ausmachen. Einen hohen Bekanntheitsgrad, stabile Werte und Charaktereigenschaften wie seine ausgeprägte Ironie. All diese Komponenten machen ihn zu einem starken Markenbild. Er ist ein kreativer Querdenker, der sich nicht gerne in eine Schublade pressen lässt.“
Symbiotische Beziehung zwischen der Person Stefan Raab und dem Sender ProSieben
Stephan Raab ist für ProSieben das wichtigste Sendergesicht und prägt nicht nur dessen Image wie kein anderer, das wissen auch die Aktionäre. Quoten-Giganten wie “Schlag den Raab” hielten die Zuschauer zuletzt bis zu fünf Stunden hinweg vor den TV-Geräten. Das Format wurde mittlerweile in 16 Länder verkauft. Auch “TV total” lief zuletzt wieder hervorragend. ProSieben ließ Stefan Raab in den letzten Jahren nach Lust und Laune walten, probierte alles aus, was das Fernseh-Wunder hervorbrachte. Und Raab macht Quote. Mit seinem Rückzug aus dem TV-Geschäft trifft er den Sender wie mit einem Schlag ins Gesicht.
ProSieben-Chef Wolfgang Link äußerte sich zu Raabs Rückzug so: “Mit Stefan Raabs Entschluss, seine TV-Karriere zu beenden, geht eine TV-Ära zu Ende. Stefan Raab hat ProSieben und das deutsche Fernsehen geprägt. Er hat uns viele neue Shows und unzählige magische Momente geschenkt. Ich erinnere mich besonders gerne an zwei: Lenas Sieg beim ‘Eurovision Song Contest’ in Oslo und an das TV-Duell zur letzten Bundestagswahl. In diesen Events zeigt sich die ganze Bandbreite seiner kreativen Leistung. Mit ‘TV total’ hat er mehrere Generationen begeistert. ‘Schlag den Raab’ hat die Samstagabend-Unterhaltung verändert. Die Show wurde in der ganzen Welt adaptiert. Ich bedanke mich für seine künstlerische Kraft und seine Loyalität sehr herzlich bei Stefan Raab.“
Was für ProSieben übrig bleibt
Wofür also steht die Marke ProSieben ohne Stephan Raab in Zukunft noch? Können Joko Winterscheidt und Klass Heufer-Umlauf die Lücke schließen? Obwohl die beiden Entertainer der neuen Generation ähnliche Wege bestreiten und in ihrer eigenen Show „Cirkus Halligalli“ immer wieder neue Formate ausprobieren, floppten die zwei ersten Ausgaben der abendfüllenden Sendung „Mein bester Feind“. Dass die 41-jährige Heidi Klum ihren Vertrag für „Germany’s next Topmodel“ verlängert hat, dürfte für das Image des Münchner Privatsenders angesichts der sinkenden Quoten der Castingshow nur ein kleiner Trost sein.
„Ein Vakuum ist da. Nun muss ProSieben schauen, wie sie das füllen. Ich glaube, dass sich die Zukunftsaussicht des Senders verschlechtern kann. Denn solch einen Typen kann man erst einmal nicht ersetzen“, so Esch. Egal, auf welcher Bühne der Entertainer Stefan Raab arbeitete, im TV Total Studio oder in seinem Wok, einen Eiskanal hinunter bretternd – bezahlt wurde immer für die Marke Stefan Raab – und die hat der beliebte Provokateur in 16 Jahren ProSieben erfolgreich perfektioniert.