Die letzte Tupperparty? 

Tupperware, einst Pionier der wiederverwendbaren Verpackungen, kämpft ums Überleben. Mit einem neuen Markenauftritt und frischen Designs versucht das Unternehmen, zu seiner einstigen Stärke zurückzufinden.
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Es ist unruhig geworden um Tupperware. Seit letztem Jahr mehren sich die Gerüchte um eine Insolvenz. (© Tupperware, Montage: Olaf Heß)

Sie haben eine Kategorie definiert, Sales-Modelle neu erfunden und zuerst die USA, dann den Rest der Welt verpackt; wiederverwendbar. Man könnte sagen, sie haben bereits 1946 ein Prinzip der Circular Economy vorweggenommen und im großen Maßstab in der Gesellschaft verankert: das Prinzip Re-Use.

Und dennoch sind sie gestrauchelt – nicht einmal, sondern mehrfach. Seit letztem Jahr mehrten sich die Gerüchte um eine Insolvenz. In den USA ist sie nun Wirklichkeit geworden. Dieses Jahr muss das letzte amerikanische Werk schließen, die Produktion wird nach Mexico verlegt. Es ist unruhig geworden um Tupperware. Eine Marke, die Teil der Alltags- und Popkultur wurde und einen ähnlichen Stellenwert und Kultstatus hat(te) wie Tempo Taschentücher oder Bic Kugelschreiber.

Die Frage ist: Wieso?

Trotz des gefühlten Niedergangs investierte die Marke nun in einen neuen Markenauftritt, der inzwischen das Licht der Welt erblickt hat und verpflichtete dafür mit Landor USA eine der renommiertesten Adressen. Die Frage ist nur: Wieso? 

Bevor der Sinkflug in einem unweigerlichen Crash mündet, also die Flucht nach vorn: neue Materialien, neue Designs und eben ein neuer Markenauftritt, der einfach Weltklasse ist! (© Tupperware)

Fakt ist, dass das Sales-Modell des Haustür-Verkaufs und der Tupper-Partys nicht mehr die Gewohnheiten der Millennials und Gen Z spiegelte. Wahr ist aber auch, dass Tupperware schon früh in E-Commerce investierte und vor allem in der Pandemie damit erfolgreich war. Als allerdings viele andere, modernere Marken mit ökologischen Versprechen auf den Markt drängten, wirkten die Plastik-Packungen plötzlich wie ein Dinosaurier, der dem Aussterben geweiht war. “Culture eats strategy for breakfast” – selbst wenn etwas, luftdicht verschlossen, Tage hält. 

Der neue Markenauftritt setzt dort an, wo die Marke die Mütter verloren hat

Nun, kurz bevor der Sinkflug in einem unweigerlichen Crash mündet, also die Flucht nach vorn: neue Materialien, neue Designs und eben ein neuer Markenauftritt, der einfach Weltklasse ist! Allein das Logo, welches mit einem simplen gebogenen Strich das ganze Ur-Prinzip der Tupperware-Packungen einfängt. Dazu eine Farbigkeit, die die bunte Produktvielfalt zeitgemäß spiegelt, gepaart mit einem Grafik-Look, der modernen Food Brands oder Delivery Start-ups in nichts nachsteht. Tupperware ist wieder da. “Taking back the category”, wie sie es selbst formulieren.

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Die geplante „Rückeroberung“ des Namens beginnt beim Logo: Ein simpler gebogener Strich fängt das ganze Ur-Prinzip der Tupperware-Packungen ein. (© Tupperware)

Was auch auffällt: Tupperware besinnt sich wieder ihres nachhaltigen Ursprungs – das extrem lang haltbare Material ist zwar aus Plastik, aber hilft eben auch bei der Vermeidung von Verpackungsmüll. Unterm Strich entsteht so eine bessere Umweltbilanz für viele Nutzer*innen.

Dieses Statement passt in die Zeit. Jahrelang galt Plastik per se als umweltschädlich. Heraus kamen so groteske Stilblüten wie die “Paper-straw-law“, die sicher nicht das Klima retten, aber dafür den Millennials ein gutes Gefühl gaben. Heute ist auch die Diskussion um Nachhaltigkeit erwachsen geworden – und wir reden mehr über CO2-Bilanz als über braune Kartons. Vielleicht reicht die Zeit noch, damit Tupperware wieder den Weg nach oben findet. Der neue Markenauftritt hätte eine Party verdient. 

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Möglicherweise stehen in Zukunft wieder Tupper-Partys bevor. (© Tupperware)

Es lohnt sich immer, in gutes Design zu investieren 

Ich leite aus diesem Case noch eine weitere Botschaft ab: Es lohnt sich immer, in gutes Design zu investieren, gerade wenn eine Marke dunklen Zeiten entgegensieht. Viel schlimmer als der Misserfolg wäre die Tatsache, es nicht wirklich versucht zu haben. Gutes Branding ist darum immer auch das Ergebnis unternehmerischen Handelns.

Heinrich Paravicini ist Co-Gründer und Chief Creative Officer von Mutabor, Designagentur und Markenberatung mit Sitz in Hamburg, München und Berlin. Mit mehr als 180 Mitarbeiter*innen gehört Mutabor heute zu den größten unabhängigen Agenturen der Kreativbranche in Deutschland. Paravicini lebt und arbeitet in Hamburg und überall dort, wo Mutabor-Projekte entstehen.