Von Gastautor Björn Bauer, Senior Solutions Consultant EMEA bei Zendesk
Das Prinzip jedes Algorithmus’ ist gleich: nach einer bestimmten Regel wird in Einzelschritten ein Problem gelöst. Die schriftliche Division aus Grundschulzeiten folgt einer solchen vorgegebenen Handlungsvorschrift: Die erste Stelle des Divisors wird durch den Dividenden geteilt und man erhält die erste Stelle des Quotienten. Zum Rest holt man die nächste Stelle des Divisors, teilt wieder durch den Dividenden und ermittelt damit die nächste Stelle des Quotienten. Dieses Vorgehen wiederholt man so lange, bis der ganze Divisor geteilt ist. Schwieriger wird es schon beim Lösen eines Zauberwürfels. 43 Trillionen mögliche Spielzüge können schnell zur Verzweiflung führen, aber der konsequente Einsatz von sechs Algorithmen führt tatsächlich zuverlässig zu den gewünschten einheitlichen Farbflächen. Einem Computer wird ein solches Regelwerk beigebracht, und wesentlich komplexere Aufgaben oder Probleme können in kürzester Zeit gelöst werden.
Was können Algorithmen?
Es gibt verschiedene Ziele, die Algorithmen erreichen können. In der Kommunikation sind es meist Entscheidungen, die der Computer treffen oder vorschlagen soll. Das kann zum Beispiel sein, dass er eine Nachricht nach Schlüsselwörtern filtert und zu diesen eine passende Reaktion liefert. Im Kundenservice ist es eine hilfreiche Antwort aus den FAQs, im Shop vielleicht ein geeigneter Produktvorschlag und in der Warenwirtschaft sind es passende Zubehörteile oder eine automatisierte Bestellung. Die Möglichkeiten sind unendlich und funktionieren um so besser, je genauer hinterlegten Daten und je präziser die Reaktionsmöglichkeiten angepasst sind.
Selbstlernende Algorithmen
Im Machine Learning erwarten wir, dass der Computer auf Basis der eingehenden und zu analysierenden Daten eigenständig dazulernt, sich selbst weitere Parameter auferlegt, und die Entscheidungsfindung präzisiert. Hier kommt Wahrscheinlichkeit ins Spiel, in Verbindung mit der Erfahrung aus den vorangegangenen Prozessen. Soll der Algorithmus beispielsweise Kundenbewertungen klassifizieren, so werden ihm Schlüsselwörter beigebracht. Nach diesen filtert er zuverlässig, lernt dann aber auch aus der Kombination mit anderen Schlüsselwörtern und den Reaktionen auf seine ausgelöste Aktion. Eine andere Aufgabe kann sein, Daten zu gruppieren, um Kundengruppen mit ähnlichen Eigenschaften zu finden. Das hilft bei einer Zielgruppenfindung in sozialen Netzwerken oder dem Shop mit „Kunden wie Sie kauften auch …“. Kauft ein Kunde dann tatsächlich das vorgeschlagene Produkt, trainiert das den Algorithmus.
Informatik und Statistik sind gefragt
Klar ist, wer Künstliche Intelligenz, Predictive Analytics und Machine Learning erfolgversprechend einsetzen möchte, sollte nicht nur Fachwissen zu Data und Informatik haben. Wer mit selbstlernenden Algorithmen arbeitet, muss auch eine gute Portion an Statistikverständnis aufbringen. Es gibt drei verschiedene Typen von Algorithmen, die sich in Vorgehensweise und Komplexität unterscheiden:
- Lineare Regressionen sind sehr einfach und führen zu numerischen Antworten wie „ja/nein“ oder zur Klassifizierung.
- Zu komplexeren Entscheidungen sind Diagramme in Baumstruktur fähig, da sie Merkmale und Eigenschaften mit einbeziehen können. Entscheidungsmodelle auf dieser Basis sind schon hochwertig und dabei einfach zu trainieren. Allerdings wird es hier schon schwieriger, die Vorhersage, also die Predictive Analytics, aus dem Machine Learning nachzuvollziehen.
- Die komplexeste Variante ist das neuronale Netzwerk, bei dem die Funktionsweise des menschlichen Hirns nachgeahmt wird. Die Verbindung von Neuronen wird gemäß den gemachten Erfahrungen stärker oder schwächer. Erfahrungen könnten hier zum Beispiel die erfüllte oder nicht erfüllte Kaufempfehlung von oben sein. Beim neuronalen Netz ist es sehr schwer nachvollziehbar, wie eine Entscheidung getroffen wurde.
Welcher Algorithmus für die eigene Aufgabe am sinnvollsten ist, sollte nicht nach Bauchgefühl oder durch Ausprobieren ausgewählt werden. Nur wer die grundlegenden Kenntnisse zur Statistik hat, kann erkennen, wie gut Machine Learning im eigenen Fall funktioniert.
Über den Autor
Björn Bauer ist Senior Solutions Consultant EMEA bei Zendesk, einem Anbieter für Kundenservice-Software. Zuvor war er über zwölf Jahre bei der CoreMedia AG tätig und hat dort den globalen Kundenservice aufgebaut und verantwortet. Für Zendesk ist er sowohl in der Akquise als auch in der Umsetzung von Projekten beteiligt.