Er kauft weiterhin ein, als wäre nichts geschehen. Dies offenbart zumindest der von der GfK monatlich veröffentlichte Konsumklimaindex, der zuletzt im Juni, verglichen zum Vormonat, sogar auf 2,9 Punkte etwas zulegte. Was also ist los mit den Deutschen? Sind sie von der Krise nicht betroffen? Oder blenden sie die Krise um sich herum einfach völlig aus und kaufen deshalb ein wie immer?
Eine von Musiol Munzinger Sasserath erhobene repräsentative Studie zeigt, spurlos geht die Krise nicht an Deutschlands Verbrauchern vorbei. Denn unabhängig davon, ob aktuell von der Krise betroffen oder nicht, fast alle Konsumenten ändern Ihr Kaufverhalten. Die Konsumlust ist zwar ungebrochen, aber die Menschen kaufen sehr viel bewusster und nach anderen Kriterien ein. Der „Autopilot“ ist weitestgehend ausgeschaltet.
Normalerweise ist das Kaufverhalten der meisten Menschen stark habitualisiert, sie kaufen dieselben Produkte in denselben Einkaufsstätten, ohne groß darüber nachzudenken. Dieses gewohnheitsmäßige Verhalten ist durch die Krise unterbrochen. Es wird sehr viel stärker reflektiert. Die Deutschen fragen sich vor jedem Kauf: brauche ich das wirklich? Gibt es ein anderes Angebot, dass mir zum gleichen Preis mehr bietet?
Oder bekomme ich mein Wunschprodukt in einem anderen Kanal günstiger, zum Beispiel im Factory Outlet oder im Internet? Das Internet zählt übrigens zu den Gewinnern der Krise wie sich an der Umsatzentwicklung von Anbietern wie Amazon und Otto ablesen lässt. Die Menschen wollen weiter konsumieren und sind sogar bereit, mehr zu zahlen, wenn ihnen Produkte und Marken einen echten Mehrwert bieten.
Diese Mehrwerte können sich auf unterschiedlichen Dimensionen gründen, auf geringe Folgekosten etwa bei technischen Geräten, auf besondere Qualität und Gesundheitsverträglichkeit wie bei einigen Lebensmitteln, die darauf hinweisen, frei von künstlichen Zusatzstoffen zu sein. Auch Umweltorientierung und soziales Engagement sind Aspekte, mit denen Unternehmen selbst in der Krise bei Konsumenten punkten können.
Dass die Krise sogar ein guter Zeitpunkt für Launches sein kann, zeigen gleich zwei Beispiele von Henkel. Das Unternehmen lancierte mit Persil Gold erfolgreich ein Premium-Angebot, das argumentativ sehr stark auf Qualität und Nachhaltigkeit setzt. Mit der Haarpflegeserie Syoss erreichen sie Verbraucher, die gerne Friseurprodukte privat benutzen möchten, aber das zu einem vernünftigen Preis.
Aber Achtung! Der Autopilot ist nur für ein relativ kurzes Zeitfenster deaktiviert. Sobald die Menschen Ihre bisherigen Kaufentscheidungen reevaluiert haben, wird der Autopilot wieder eingeschaltet und der Mensch wieder zum Gewohnheitstier. Es ist also jetzt an der Zeit zu handeln und deutlich zu machen, welchen besonderen Mehrwert die eigene Marke, das eigene Angebot, bietet.
Über den Autor: Uwe Munzinger ist geschäftsführender Gesellschafter bei der Markenberatung Musiol Munzinger Sasserath.