Herr Ackley, was verstehen Sie unter der „Googlifizierung der Werbung“?
MATT ACKLEY: Alles begann mit „Suche“. 2004 öffnete Google die Adwords-Schnittstelle. Zu diesem Zeitpunkt war ich bei Ebay und wir waren der größte Google-Kunde. Deshalb haben wir damals schon eine Plattform darauf aufgebaut, um unsere Werbeausgaben zu optimieren. Das geschah natürlich auf der Grundlage der Daten, die Ebay hat, vor allem auch den starken Signalen aus dem Kaufprozess.
Um 2009 hat das dann auch Display ergriffen. Die Zeiten waren vorbei, wo mich die Publisher zum Golfspielen einluden, um neue Deals zu besprechen. Plötzlich wurden auch Display-Anzeigen automatisch gebucht und an spezifischen Kennziffern wie der Conversion-Leistung gemessen. Danach kamen Retargeting, Real Time Bidding und natürlich Facebook mit einem ähnlichen programmatischen Ansatz.
Heute haben wir Search auf der einen Seite – und das bleibt auf Dauer das wichtigere Segment – und auf der anderen Seite Display und Facebook. Während Suchmaschinenwerbung aber nach wie vor auf Grundlage von Keywords funktioniert, sind die Mechanismen bei Facebook zielgruppen-orientiert. Das ist effizienter. Und jetzt gerade wird Suchmaschinenwerbung immer mehr auf Zielgruppenmerkmale oder Individuen geschaltet. Nun ist man also in der Lage, Zielgruppensegmente über die Kanäle hinweg zu adressieren und spezifisch anzusprechen und zwar von zentraler Stelle.
Wie funktioniert das bei Google?
ACKLEY: Google hat RSLA eingeführt. Das ist ähnlich wie die Facebook Custom Audiences. Sie können eigene Zielgruppendaten hochladen und dann die Werbung auf diese Segmente hin optimieren. Das können First-Party-Daten vom Advertiser sein oder Daten aus Drittquellen, was in den USA absolut üblich ist. Hierzulande ist man da wohl etwas vorsichtiger. Es entsteht also eine einheitliche Zielgruppensegmentierung über die Kanäle hinweg.
Wie spiegelt sich das in der Praxis wider?
ACKLEY: Nehmen Sie einen Autoversicherer: Auf Facebook erhält der Bestandskunde Werbung, die zum Beispiel auf Upselling zielt. Sobald er aber nach einer Autoversicherung bei Google sucht, erkennt der Versicherer das Risiko eines potenziellen Kundenverlusts und bietet mit einem spannenden Angebot dagegen.
Das hört sich in der Theorie gut an, aber entsteht daraus nicht ein Reichweitenproblem? Wird das nicht sehr kleinteilig?
ACKLEY: Nein. Sie können ja die Daten auch als Grundlage zur Neukundengewinnung nehmen, wenn Sie zum Beispiel nach Statistischen Zwillingen suchen. Dadurch erhöhen Sie die Reichweite wieder. Aber der große Hebel ist natürlich der Effizienzgewinn. Sehr viele Advertiser nutzen noch nicht mal First-Party-Daten. Da lauern riesige Einsparpotenziale.
In Deutschland zögern einige Werber dabei, zum Beispiel Facebook ihre Daten zu übergeben. Wie sehen das UK und USA?
ACKLEY: Interessant, dass Sie das fragen. Tatsächlich sehe ich das als einen großen Vorteil der Entwicklung. Facebook oder Google kennen doch die Bedeutung nicht, die die jeweilige Zielgruppe für den Advertiser hat. Allerdings nur, wenn Sie Google nicht die Information über die Conversion geben. Ebay zum Beispiel macht das genau deshalb nicht.
Tatsächlich sind ja sowohl Google als auch Facebook bestrebt, ihre eigenen Honigtöpfe in Sachen Daten aufzubauen und diese an den Advertiser zurück zu verkaufen. Im Zweifel hat der Advertiser aber die besseren Daten. Noch deutlicher wird das, wenn Cookies verschwinden sollten. Dann hätten Facebook und Google wegen des Log-Ins ja einen viel wertvolleren Datenschatz. Es sei denn, der Advertiser nutzt seine eigenen Daten.
Wenn Plattformen wie Facebook den Druck in Richtung Werbung verstärken, wie das soeben geschieht, ist das doch eine riskante Strategie, oder?
ACKLEY: Nein. Sie folgen nur Google. Vor zehn Jahren waren noch zehn Prozent der Suchergebnisseite Werbung, heute sind es bis zu 60 Prozent, mobile sehen Sie im ersten Screen nur noch Werbung.
Das Gespräch führte Frank Puscher.
Lesen Sie in Kürze an dieser Stelle die Fortsetzung des Gesprächs mit Matt Ackley.