Die Geschichte hinter dem Markennamen Toggo

Wie kam die Kindermarke zu ihrem Namen und was ist der Unterschied zwischen Toggo und Toggolino? Über eine Eier legende Wollmilchsau – mit Charakter.
Toggo-Zug
Toggo wurde nicht nur als Kinderkanal, sondern als umfassende, multimediale Kindermarke entwickelt. Sie sollte von vornherein auch als Lizenzmarke vermarktet werden. Die Idee ist aufgegangen. (© Super RTL/Bernd-Michael Maurer (Montage: Olaf Heß))

Die Story darüber, wie dieser Name entstanden ist, darf als besonders authentisch angesehen werden, da der Autor dieses Beitrags aktiv daran beteiligt war. Als in den 90er-Jahren immer mehr ­TV-Spartenkanäle – darunter der amerikanische Kinder-TV-Marktführer ­Nickelodeon – die Zielgruppe auch in Deutschland ins Visier nahmen und auch der öffent­lich-rechtliche Rundfunk unter Führung des Mitteldeutschen Rundfunks öffentlich über einen Kinderkanal nachdachte, wollte man bei Super RTL nicht untätig bleiben. Der Sender wurde damals noch zu 50 Prozent vom Disney-Konzern gehalten und war innerhalb der erweiterten RTL-Familie für die sehr jungen Zielgruppen zuständig.

Dabei ging es nicht einfach um einen weiteren Kanal, sondern um eine umfassende, multimediale Kindermarke, die von vorneherein auch als Lizenz­marke vermarktet werden sollte. ­Entsprechend hoch waren die Anforderungen an den Markennamen. Er sollte keine Vorbedeutung besitzen; denn, wenn man im Idealfall Fahrräder, Radios, Lutscher und Kinderreisen so benennen möchte, könnte eine bestimmte semantische Deutung hinderlich sein. Insofern kam nur ein reiner Kunstname infrage. Natürlich musste der Name attraktiv für Kinder ­aller ­Altersschichten sein, aber auch von Erwachsenen angenommen werden, die häufig über entsprechende Medien­nutzungen und auch sonstige Käufe ­ihrer Kinder mitentscheiden. Weiterhin sollte der Name für breite Markenerweiterungen ausbau- und kombinierbar sein und natürlich leicht zu merken, leicht zu sprechen und gut ­visuell umsetzbar sein. Also suchte man 1999 nichts Geringeres als die Eier legende Wollmilchsau – aber mit Charakter.

Die Entwicklung des MarkennamensToggo

Die mit dieser Aufgabe betraute Agentur Endmark beschloss, die Phonetik in den Mittelpunkt zu stellen und bei Pre-Tests mit Kinder-Fokusgruppen zu arbeiten. Das ist ein sensibles Feld, bei dem man aufpassen muss, sich nicht an Kindersprache anzubiedern. Kinder haben ein gutes Gefühl für Authentizität, und wenn der Name zu kindlich wirkt, finden ihn oftmals schon Achtjährige nicht mehr cool, und wenn er zu erwachsen ist, kommt er hingegen bei Vorschulkindern nicht an.

Um diesen Spagat nicht zu breit und zu schmerzhaft werden zu lassen, wurde die Option ins Auge gefasst, zwischen Schul- und Vorschulkindern zu unterscheiden und für Letztere eine Submarke möglich zu machen.

Durch Befragungen von Kindern auf der Grundlage bekannter Kindermarken kam heraus, dass zwei phonetische Komponenten bevorzugt wurden: zum einen kurze Namen mit zwei Silben, wie zum Beispiel bei „Bobby“ oder „Bingo“, und längere Namen mit einer guten Sprachmelodie, wie etwa beim „Li-La­-Launebär“. Da noch mögliche Markenerweiterungen berücksichtigt werden sollten, wurden zunächst jede Menge „bedeutungsloser“ Zweisilber kreiert. Nachdem diese markenrechtlich vor­gecheckt worden waren, wurde eine ­Auswahl an jeweils drei Kindergruppen gegeben.

Aus Toggo wurde Toggolino

Denen wurden folgende Aufgaben gestellt: Gruppe 1 sollte einen Namen für einen süßen Hund auswählen, Gruppe 2 sollte damit eine neue Limonade benennen und Gruppe 3 einen neuen rhyth­mi­schen Tanz. Bei allen drei Gruppen wurde Toggo der Favorit und bewies damit bereits eine gewisse inhaltliche Bandbreite.

Für die Vorschulkinder wurde dann das Sprachmelodiekonzept bemüht, und aus Toggo wurde Toggolino. Beide Namen bestanden dann auch die weiterfüh­renden markenrechtlichen Überprüfungen und linguistische Tests, mit denen ausgeschlossen wurde, dass etwa in ­bestimmten Migrantensprachen dieser Name unerwünschte Assoziationen erzeugt.

Das war der Start einer einzigartigen Markenkarriere. Die Kernmarke wurde aufgeladen mit den Attributen: „Intel­ligente und Freude machende Unter­haltung für 6- bis 13-jährige Kinder.“ Der erste Claim im Jahr 2000 lautete: „Toggo – Heißt so. Ist so“. Inzwischen hat die RTL Group die Disney-­Anteile von Super RTL aufgekauft und Toggo ist gegenüber Super RTL eigenständig geworden. Es gibt unend­lich viele Toggo-Programme und -Produkte. Seit 2020 auch ein „Toggo ­Radio“, ansonsten gab und gibt es zum Beispiel den Toggo Cleverclub, die ­Toggo Tour und Toggo Plus. Lizenzeinnahmen für die Verwendung von Logo und Namen für alle möglichen Produkte – darunter tatsächlich Fahrräder und Lutscher – machen heute einen Großteil der Markenwertschöpfung aus. Der Plan ist also aufgegangen.

Dr. Bernd M. Samland ist Gründungsgeschäftsführer von Endmark und verantwortet seit 30 Jahren die Entwicklung von mehr als 2000 Markennamen. Er ist Fachbuchautor sowie Lehrbeauftragter und Gastdozent an mehreren deutschen und österreichischen Hochschulen. Sein Buch zur Kolumne titelt „Warum heißt die Marke so“ und ist mit einhundert der besten Storys zu bekannten Markennamen bei Heel / dfv erschienen.