Die Insel Sansibar im Indischen Ozean, die in der Sprache der ursprünglichen Einwohner mit „Küste der Schwarzen“ übersetzt werden kann, gehörte im Rahmen des Ostafrika-Engagements zur Interessensphäre des Deutschen Kaiserreichs.
Es war keine klassische Kolonie, wenngleich es der Volksmund bis 1890 so auffasste. In diesem Jahr wurde der Mythos vom Tausch „Hose gegen Hosenknopf“ geboren. Ursächlich dafür war der später so genannte „Sansibar-Helgoland-Vertrag“, in dem das Deutsche Reich gegenüber dem Vereinigten Königreich unter anderem auf Ansprüche auf das Territorium Sansibars verzichtete und im Gegenzug die seit 1807 britisch besetzte Insel Helgoland ins eigene Reichsgebiet übernahm.
FKK-Stand als Ausgangspunkt der Marke
Wer nicht an diese Insel denkt, wenn er oder sie „Sansibar“ hört, denkt an eine andere, nämlich an Sylt, das Promi-Restaurant Sansibar und die daraus entstandene Gastro-, Food- und Lifestyle-Marke. Die Verbindung ist schnell hergestellt. Anfang der 1930er Jahre gab man den FKK-Stränden der Insel exotische Namen. Der Strand bei Wenningstedt hieß „Abessinien“ und die beiden Strände bei Rantum hießen „Samoa“ und „Sansibar“.
Üblicherweise hießen die „Strandbuden“, das heißt die Imbiss-Kioske genauso wie die Strände. So war es auch in den 70er Jahren, als der schwäbische Koch Herbert Seckler mit Anfang 20 den Kiosk am Rantumer FKK-Strand übernahm. Dort verkaufte er zunächst Hausmannskost, Würstchen und Pommes Frites. In der Nebensaison arbeitete er noch auf den damals beliebten Butterschiffen, um seine Haushaltskasse aufzubessern. 1982 brannte die Bude ab und Seckler beschloss, das Ganze wesentlich größer wieder aufzubauen.
Dann entdeckte Peter Boenisch, Sprecher der Kohl-Regierung und enger Freund von Axel Springer, das Restaurant für sich und seine Freunde und brachte so immer mehr Medienprominenz in den unscheinbaren Holzschuppen. Als schließlich auch Ur-Playboy Gunter Sachs das Lokal besuchte, war der Durchbruch als Promi-Restaurant geschafft.
Promi-Restaurant, Weinversand und Lifestylemarke
Heute bewirtet die Sansibar an 364 Tagen im Jahr bis zu 5000 Gäste täglich auf 160 Plätzen innen und im Sommer zusätzlich auf 250 Plätzen im Außenbereich. Es ist das umsatzstärkste Restaurant Sylts und wahrscheinlich der gesamten Nordseeküste und wurde mit zahlreichen Auszeichnungen bedacht. Wikipedia schätzt den Jahresumsatz auf circa 24 Millionen Euro (2020). Legendär ist der extrem gut sortierte Weinkeller mit 30.000 Flaschen in einem Gewölbe unter dem Restaurant, aus dem sich schnell der Wert einer Eigentumswohnung verflüssigen lässt. Seckler, der das Restaurant 2022 an seinen Sohn Niklas übergab, hat es geschafft, das gastronomische Niveau über viele Jahre und verschiedene Küchenchefs hinweg zu halten und zusätzlich einen gut beleumundeten Weinversand und eine Lifestylemarke aufzubauen.
Ein kleines Problem bildet der bestimmte Artikel: Heißt es „die“ Sansibar oder „das“ Sansibar? Wäre es nur eine Bar, wäre die Antwort einfach. Die eigenen Medien sprechen in den meisten Fällen von „der“ Sansibar, aber „das“ Sansibar(-Restaurant) kommt auch vor und wäre grammatisch korrekter.
Markenanmeldung erst im Jahr 2003
Bei dem weiteren Ausbau und der Lizensierung der Marke gab und gibt es Aufs und Abs. Markenrechtlich war das Ganze nicht so einfach. Natürlich gab es vorher schon diverse Sansibar-Marken und viele „Bars“ nannten sich Sansibar oder Sansi-Bar. Die erste haltbare Markenanmeldung erfolgte in Form einer Wortbildmarke als „Sansibar – Sylt“ mit gekreuzten Schwertern erst 2003.
Daraus ergab sich auch eine ernste Auseinandersetzung mit der ältesten Marke Deutschlands, nämlich mit dem Meißener Porzellan. Denn das wird ebenfalls durch gekreuzte Schwerter symbolisiert, die seit 1731 als Markenzeichen benutzt werden und seit 1875 amtlich geschützt sind. Das war ein Problem für den Schutz bestimmter Markenklassen, auch wenn die Sansibar-Schwerter eher an Piratensäbel erinnern sollten. Nach langen Verhandlungen wurde der Konflikt schließlich durch eine Kooperation beigelegt. Jetzt gibt es diverse Gefäße aus Meißener Porzellan mit Sansibar-Branding zu kaufen.
Inzwischen gibt es unter der Marke Sansibar außer Wein zahlreiche Lebensmittel von Kaviar bis Salz, Textilien und Geschenkartikel unterschiedlichster Art. War dies bislang eher im Hochpreissegment positioniert, gibt es jüngst auch Sansibar-Produkte beim Discounter Lidl, von der Duftkerze bis zum Teeservice. Das mag gut für den Gesamtumsatz sein, könnte aber langfristig die Wertigkeit der Marke beschädigen.