Die Geschichte hinter dem Markennamen Samsung

Was heute für ein Hotel wenig ist, bedeutete dem Gründer von Samsung, Lee Byung-chull, sehr viel. Wie man mit nur drei Sternen zur weltweiten Spitze zählen kann.
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Im Werbespot „Liebe kennt keine Grenzen“ verliebt sich die Spinne Sam in das neue Samsung Galaxy S22 Ultra. (© Samsung, Montage: Olaf Heß)

Anfang der 1930er Jahre: Lee Byung-chull, der Sohn eines wohlhabenden Landbesitzers, studiert Politik in Tokio. Nach zwei Jahren verlässt er die Uni ohne Abschluss, aber mit vielen Ideen im Kopf, und kehrt nach Korea zurück, das damals noch eine japanische Provinz ist. Seine unternehmerischen Vorbilder sind Mitsubishi und Mitsui. Das japanische Wort „mitsu“ bedeutet „drei“, Mitsubishi bedeutet „drei Diamanten/Rauten“ und Mitsui „drei Quellen“.  

1938 gründet Lee einen Agrarhandel und gibt ihm ebenfalls einen Dreier-Namen: Das koreanische „Samsung“ heißt so viel wie „drei Sterne“. Im Gegensatz zu Marken wie Samsonite oder Simson hat der Name also nichts mit einem biblischen Helden zu tun.

Lees Ziel ist es, so erfolgreich zu werden wie seine japanischen Vorbilder. Vor dem Zweiten Weltkrieg handelt das junge Unternehmen hauptsächlich mit China und der Mandschurei. Kommt Samsung während des Weltkriegs vergleichsweise glimpflich davon, so wird im Koreakrieg wenige Jahre später fast alles zerstört. Das hält Lee nicht davon ab, noch einmal neu anzufangen. 

Damals ein Konzern für alles

Nach dem Waffenstillstand 1953 importiert Samsung alles, was für den Wiederaufbau des Landes nötig ist. So entwickelt sich die Firma schnell zum Mischkonzern. Samsung gründet in den 50er Jahren Zucker- und Papierfabriken sowie Textilwerke. In den 60ern folgt der Einstieg in die chemische Industrie. Erst 1969 wird jener Bereich gegründet, der später international das Image von Samsung prägt: Samsung Electronics. Auch in den 70er Jahren liegt die Bedeutung dieses Bereichs noch nicht an erster Stelle. Es entwickeln sich Samsung Heavy Industries (1974), Samsung Ship-Building, Samsung Camera (1977) und viele weitere. Später kommen Versicherungen, Zahlungssysteme und Datenverarbeitung dazu sowie 1994 Samsung Motors als Joint Venture mit Nissan.  

Es gibt kaum ein Geschäftsfeld in dem Samsung damals nicht tätig war und es zum Teil heute noch ist: Hotels, Duty-Free-Shops, Arzneimittel, Kriegswaffen, TV-Sender und sogar Mode. Die TV-Sender werden auf politischen Druck schon früh dem Staat übertragen, von anderen Geschäftsfeldern trennt man sich im Zuge der Asienkrise der 90er Jahre. Trotz diverser Skandale, unter anderem wegen Korruption, Verurteilungen und Milliarden an Straf- und Steuernachzahlungen in den 2000ern, befindet sich das Unternehmen immer noch maßgeblich in Familienbesitz und unter familiärer Führung.  

Als der Gründer Lee Byung-chull 1987 stirbt, übernimmt sein dritter Sohn das Zepter, Lee Kun-hee. Dieser hat drei Töchter und nur einen Sohn. In der koreanischen Tradition herrschen trotz formal gleicher Rechte immer noch patriarchale Strukturen. Und so verwundert es nicht, dass dieser einzige Sohn, Lee Jae-yong, die Führung übernimmt, als Lee Kun-hee im Jahr 2020 stirbt, zumal er bereits seit einem Herzinfarkt seines Vaters 2014 mit am Führungstisch sitzt.  

Heute Weltmarktführer Samsung Electronics

Heute sind viele der früheren Geschäftsfelder Geschichte. Samsung Electronics ist jedoch seit vielen Jahren Weltmarktführer unter anderem in den relevanten Bereichen Smartphones, Tablets, TV-Geräte, Kühlschränke, bei diversen Medizingeräten und in zahlreichen Speichertechnologien. Mit einem Jahresumsatz von 234 Milliarden Euro (2022) ist Samsung Electronics die Nummer 25 der weltweit größten Unternehmen (laut Fortune Global 500 von 2022/23) und beschäftigt über 270.000 Mitarbeiter in 84 Ländern. Allein der jährliche Forschungsetat von Samsung Electronics ist seit Jahren größer als die von Sony, IBM und Intel zusammen. 

Insofern scheinen die magischen „drei Sterne“ nach wie vor Glück zu bringen. 

Dr. Bernd M. Samland ist Gründungsgeschäftsführer von Endmark und verantwortet seit 30 Jahren die Entwicklung von mehr als 2000 Markennamen. Er ist Fachbuchautor sowie Lehrbeauftragter und Gastdozent an mehreren deutschen und österreichischen Hochschulen. Sein Buch zur Kolumne titelt „Warum heißt die Marke so“ und ist mit einhundert der besten Storys zu bekannten Markennamen bei Heel / dfv erschienen.