Eine Version besagt, dass im Jahr 1792 der junge Kaufmann Wilhelm Mülhens von einem Kartäusermönch als Hochzeitsgeschenk das Rezept für ein Aqua Mirabilis – ein Wunderwasser – erhielt, das sowohl als Medizin als auch als Duftwasser verwendet werden konnte. Eine andere Version sagt aus, dass er dieses Rezept von einem Mitglied der Familie Farina bekam, die bereits seit 1709 in Köln Duft- und Heilwasser herstellte, in deren Verwandtschaft aber kein Mönch bekannt war.
Die Gründung von 4711 im Jahr 1799
Auf jeden Fall nutzte Mülhens dieses Rezept und verkaufte wenige Jahre später – verbrieft ist das Jahr 1799 – auf seiner Basis recht erfolgreich ein Duft- und Heilwasser. Dabei führte er – ob mit oder ohne anfänglichen Segen der Familie Farina, ist unklar – den folgenden Firmennamen: Franz Maria Farina, Glockengasse 4711, Cölln.
Der Standort der Firma Mülhens war das Haus Zum Güldenen Stern auf der Kölner Glockengasse. Bereits 1794, nach der Besetzung Kölns durch französische Revolutionstruppen unter Napoleon, wurde eine erste systematische Neunummerierung der Häuser in der Stadt angeordnet. Das Haus Zum Güldenen Stern erhielt dabei zunächst die Nummer 4711. Später, als die Nummerierung nach Straßen eingeführt wurde, bekam das Haus noch andere Nummern.
Napoleon erließ 1810 ein Dekret – quasi als eines der ersten Verbraucherschutzgesetze –, das die Offenlegung der Rezepturen für einnehmbare Heilwasser forderte. Mülhens wollte aber sein Rezept vor Nachahmern schützen. Deshalb produzierte er fortan nur noch Duftwasser zur äußeren Anwendung, aber das sehr erfolgreich.
Ausbau des Vertriebsnetzes von 4711
Zwischen 1820 und 1840 wurde das Netz der nationalen und internationalen Vertretungen vom Sohn des Gründers, Peter Joseph Mülhens, ausgebaut und der Vertrieb seines Eau de Cologne bis nach Indien und Indonesien erweitert. 1854 begann Mülhens den Neubau des Geschäftshauses in der Glockengasse.
Zum Erfolg des Duftwassers trug auch sein ikonischer Flakon bei. Dieser stammt aus den 1820er-Jahren. Das nach seinem Erfinder „Molanus-Flasche“ benannte Gefäß erleichterte durch seine eckige Form den Transport und das Anbringen von Etiketten.
Mülhens ließ zusätzlich zwischen Flaschenschulter und Kappe eine Art Kropf anbringen, der die Ausdehnung des alkoholhaltigen Inhalts bei Temperaturschwankungen ermöglichte. In dieser Flasche wird 4711 bis heute angeboten.
Ein weiterer Erfolgsfaktor war das Etikett. Mit der royalen Inschrift „Dieu et mon droit“ (auf Deutsch „Gott und mein Recht“, Wahlspruch der britischen Monarchie seit 1422) und der Darstellung des Kölner Doms sowie des Bonner Münsters schaffte es das Unternehmen Mülhens, sein Eau de Cologne in gedanklicher Nähe von Weihwasser zu positionieren.
Farina gegen Mühlens: Die Plagiatsprozesse
Die Farinas fanden aber die Nutzung ihres Namens dabei nicht gut und führten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verschiedene Plagiatsprozesse gegen die Familie Mülhens, die sie schließlich 1881 gewannen: Im Firmennamen durfte nicht mehr „Farina“ vorkommen.
Nach diesem Verbot nannten die Mülhens ihre Firma „Eau de Cologne- und Parfümerie-Fabrik Glockengasse No. 4711 gegenüber der Pferdepost von Ferd. Mülhens“. Das war sehr schlau – heute würde man das einen Marketing-Clou nennen. Da der Name so lang war, sprachen alle nur von 4711, dem Kontinuum der Marke, zumal das Produkt in Frankreich bereits unter No. 4711 Eau de Cologne vertrieben wurde. 4711 ist nicht nur eine einprägsame Zahl, sie wirkt nicht zuletzt auch wie eine Formel, insbesondere dann, wenn sie „siebenundvierzig-elf“ ausgesprochen wird und nicht etwa „viertausendsiebenhundertelf“. Die Zahl 4711 wurde als gestaltete Wort-Bild-Marke erst 1908 im Reichswarenzeichenregister angemeldet.
Im weiteren Verlauf des 20. Jahrhunderts nahm der Erfolg von 4711 Fahrt auf. Das Unternehmen stellte viele der besten Parfüms der damaligen Zeit her. Die Duftwässer schafften es bis an kaiserliche und königliche Höfe der ganzen Welt und in Bade- und Schminkzimmer der Hautevolee. So überstand die Marke auch zwei Weltkriege, wenngleich Gebäude und Anlagen im letzten Krieg stark zerstört wurden. Das heutige „Dufthaus 4711“ in der Glockengasse 4 in Köln ist eine fantasievolle Rekonstruktion eines herrschaftlichen Hauses im gotischen Stil.
Wirtschaftswunder und Verkauf des Unternehmens
Mit dem Wirtschaftswunder ging es auch mit der Marke 4711 zunächst steil bergauf, neu hinzu kamen diverse Seifenprodukte und die Submarke Tosca. Allerdings vernachlässigte man die Markenführung und hatte keine passende Antwort auf das Aufkommen der Designer-Parfüms. Spätestens in den 1980er-Jahren war der Zug der Zeit ohne 4711 abgefahren. 4711 und Tosca galten als Oma- und Alte-Tanten-Parfüms.
Die daraus resultierenden Umsatzrückgänge sowie Querelen innerhalb der Besitzerfamilie führten 1994 zu einem Verkauf des Unternehmens an die durch Haarpflegeprodukte bekannte Wella AG. 1997 überführte Wella seine Kosmetik-Engagements in die Cosmopolitan Cosmetics GmbH – bis Wella selbst 2003 von Procter & Gamble (P&G) übernommen wurde. Damit wurde 4711 für ein paar Jahre amerikanisch. Aber P&G wurde nicht glücklich mit der Marke.
2006 trennte P&G Produktion und Marke und verkaufte die Markenrechte an 4711, Tosca und einigen weiteren Marken sowie das Haus Glockengasse 4 im Bieterverfahren an das zur dalli-group gehörende Unternehmen Mäurer & Wirtz aus Stolberg. Am 23. Mai 2007 lief die erste Flasche 4711 in Stolberg vom Band. Seitdem geht es mit der Marke wieder aufwärts. Mäurer & Wirtz gelang es, das Image von 4711 aufzufrischen. Unter der Dachmarke 4711 werden nun unter anderem das traditionelle Echt Kölnisch Wasser und diverse moderne Acqua Colonia-Produkte angeboten, für die es auch ein neues 4711-Logo gibt.
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