Kurz vor der Hessenwahl am 8. Oktober hat die Frankfurter Agentur Kastner eine Werbekampagne gestartet, die sich sehr konkret gegen die AfD richtet. Im Auftrag der Initiative Demokult zeigt die Kampagne „AfDnee“, wie sich die selbsternannte Alternative für Deutschland künftig Work und Culture in Deutschland vorstellen würde.
Kastner zitiert dafür aus dem Wahlprogramm der hessischen AfD, etwa dass Kinder unter drei Jahren künftig wieder von den Eltern selbst betreut werden sollten und dass Gleichstellungspolitik sowie Frauenquoten „ideologischer Unsinn“ seien. Ob und was die Kampagne tatsächlich bewirkt, bleibt abzuwarten. Aber schaden können Aufklärung und Faktenchecks in diesen aufgeheizten Zeiten sicher nicht.
GenZ im Fokus
Einen ganz anderen und wesentlich erfreulicheren Blick auf die Zukunft liefert die Beschäftigung mit der GenZ. Die heute 14- bis 28-Jährigen sind bekanntlich heiß begehrt – als Zielgruppe fürs Marketing und fürs Recruiting. Doch wie umgehen mit den „jungen Leuten“?
Auf dem Deutschen Marketingtag 2023 (10. und 11. Oktober in Augsburg) werde ich darüber mit sechs Expertinnen und Experten sprechen: Joshua Bach (Play the Hype), Ilias Benameur (Gen-Up), Max Dorn (Enkime), Marene Gernandt (Sparkassen Finanzgruppe), Lara Kleimeyer (Kleinanzeigen) und Bülent Özdemir (Cosnova). Ich bin sehr gespannt auf die Diskussion mit den GenZ-Kenner*innen, und ich werde im Nachgang natürlich auch an dieser Stelle über die wichtigsten Learnings und Einschätzungen berichten.
Aissu Pentzien: „Realitycheck bringt schnell Klarheit“
Schon vor ein paar Tagen habe über die GenZ mit Aissu Pentzien gesprochen, die mir schon deshalb sympathisch ist, weil sie sich offiziell ablichten lässt vor der Frage: „What would Beyoncé do?“ Aber das nur am Rande.
Pentzien ist Digitalchefin bei der Düsseldorfer Agentur Butter und Mitglied im Young Board des GWA. Geboren 1992, zählt Pentzien selbst zwar ganz knapp nicht mehr zur GenZ, doch hat sie beruflich naturgemäß viel mit den jungen Menschen zu tun.
Hier das Interview:
Liebe Aissu Pentzien, es heißt ja immer: Die GenZ sei besonders anspruchsvoll. Stimmt das überhaupt?
Aissu Pentzien: Ich finde nicht. Der Unterschied ist, dass die GenZ ihre Ansprüche sehr viel deutlicher und lauter formuliert als ältere Generationen das in dem Alter getan haben. Ich glaube, durch Social Media ist es für diese Generation viel selbstverständlicher, ihre Meinung zu teilen und das teilweise auch ungefilteter, als beispielsweise Millennials. Hinzu kommt, dass das Thema Workplace auf TikTok ziemlich populär ist. Dadurch wird die Diskussion natürlich befeuert – sowohl online als auch offline.
Eine Studie sagt: „40 Prozent der GenZ ist lieber arbeitslos als unglücklich“. Wie versnobt ist das denn?
Ich glaube, das muss man differenziert betrachten. Zunächst einmal lässt sich sowas in Umfragen natürlich leicht sagen. Nicht nur von der GenZ. Mich würde mal interessieren, wie viele Millennials in so einer Umfrage sagen würden, dass sie lieber ein Café als einen Bürojob hätten. Der Realitycheck bringt dann meist schnell Klarheit. Außerdem gibt es ja nicht nur die eine GenZ. Für sehr viele junge Leute sind ein fester Job und ein sicheres Einkommen extrem wichtig.
Was müssen Arbeitgebende generell tun, um für den Nachwuchs attraktiv zu sein?
Über das Thema Benefits wissen wir inzwischen alle Bescheid. Remote Work, unbegrenzte Urlaubstage, Mental-Health-Angebote und so weiter. In diesem Bereich tut sich bereits viel. Meiner Meinung nach ist das Thema Leadership aber viel wichtiger. Die GenZ will einfach anders geführt werden als andere Generationen vor ihr.
Was heißt das konkret?
Es wird immer behauptet, dass die GenZ kein Feedback verträgt. In Wirklichkeit wünschen sie sich aber viel mehr Feedback, als ältere Generationen. Das ergibt meiner Meinung nach aber auch Sinn, denn durch ihre Social-Media-Nutzung sind sie es gewohnt, permanent Reaktionen in Form von Likes, Kommentaren und so weiter zu bekommen. Und genau das fordern sie auch im Job.
Als Digitalchefin bei Butter sind Sie selbst Führungskraft. In Ihrem zehnköpfigen Team kommen vier aus der GenZ, alle anderen sind Millennials und meist sogar älter als Sie. Wie sieht Ihre Leadership Strategie aus?
Das Wichtigste: Ich spreche nicht nur einmal im Jahr zu Themen außerhalb des Daily Business, sondern alle sechs Wochen. Feedback versuche ich kontinuierlich zu geben.
Viele sprechen vom „Clash of Cultures“ zwischen Jung und Alt. Sie auch?
Ich würde eher von einem „Clash of Mindset“ sprechen. Die GenZ traut sich, Dinge zu sagen und zu hinterfragen, die viele Millennials vielleicht denken, aber niemals aussprechen würden. Das führt dann mitunter zu Recht widersprüchlichen Situationen.
Zum Beispiel?
Zum Beispiel habe ich im Laufe meiner Karriere mitbekommen, dass ein junioriger Kreativer kritisiert hat, dass er seine eigenen Ideen noch nicht selbst beim Kunden präsentieren darf. Und als man dann gesagt hat: „Ok, hast Recht, dann mach das gerne“, war die Verunsicherung groß.
Generation Widersprüchlichkeit?
Absolut. Tatsächlich geht es bei der GenZ trotz großem Selbst- und Sendungsbewusstseins oft darum, den jungen Menschen Ängste und Unsicherheiten zu nehmen. Mein Eindruck ist: Die GenZ wird in vielen Dingen sehr schnell unruhig. Nicht nur bei negativem Feedback, auch in ganz grundsätzlichen Situationen herrscht eine große Verunsicherung. Das finde ich aber auch absolut nachvollziehbar. Viele haben sehr konkrete Angst vor der Zukunft, dem Klimawandel, den Kriegen in der Welt. Ich versuche deshalb, die Menschen immer als Ganzes zu sehen und mit ihnen auch mal eine halbe Stunde über private Dinge zu sprechen.
In diesem Sinne: Eine beruhigende Woche mit viel Zeit für Gespräche und bleiben Sie gut drauf!