Die englische „Limited“ – eine Alternative?

Kleinere Unternehmen und Existenzgründer sehen in der englischen „Limited“ - eingetragen in Großbritannien, betrieben in Deutschland - eine günstige und weniger aufwendige Alternative. Aber ist sie auch praxistauglich?

Mit der fortschreitenden europäische Integration können Unternehmen die sich in anderen Mitgliedsstaaten ergebenden Vorteile wirtschaftlicher Art nutzen. Juristisch sind zwei Entwicklungen von besonderem Interesse: die Gesellschaft nach englischem Recht (“Limited”). Und die Europa AG (“Societas Europaea”; „SE“).

Die Rechtsanwälte Wulf P. Viola und Carsten Lexa, LL.M. analysieren die beiden Gesellschaftsformen auf ihre Praxistauglichkeit. In dem vorliegenden Teil I des Beitrages widmen sie sich der englischen Limited, in einem weiteren Beitrag (Teil II) werden sie die Chancen der Europa AG diskutieren.

Nur ein englisches Pfund Stammkapital?
Die Limited ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach englischem Recht. Auch hier haftet – wie bei einer deutschen GmbH – ausschließlich das Gesellschaftsvermögen. Während die Gründer einer GmbH jedoch zusätzlich zu den Gründungskosten eine Einlage von 25 000 € Stammkapital vorlegen, könnten sie ihre Aktivitäten als Limited tatsächlich mit einem englischen Pfund Stammkapital starten. Neben Kapitalbedarf und Haftungsbegrenzung, sind allerdings weitere Faktoren zu erwägen:

    Das Deutsche Institut für kleine und mittlere Unternehmen (DIKMU) e.V. in Berlin lässt derzeit die Erfahrungen mit der Limited in Deutschland bei etwa 1000 Unternehmen erfragen. Die Auswertung der ersten Rücklauftranche zeigt Ergebnisse, die der Verein so so nicht erwartete: Die Forscher stellen im Geschäftsverkehr mit Lieferanten gegenüber anderen bekannten Rechtsformen keine Imagenachteile fest. Etwa 36 Prozent der Befragten beklagen jedoch eine öffentlich wahrzunehmende „Ächtung“. Dies zeige sich auch im Verhalten der Banken. Bei einer kleinen Gruppe der Befragten führte die Limited-Gründung beziehungsweise der Wechsel zur Limited sogar zum völligen Abbruch der Bankbeziehung. Als zentralen Vorteil der Limited nennen die Befragten mehrheitlich die positive und vertraute Wahrnehmung im internationalen Geschäft. Das Deutsche Institut für kleine und mittlere Unternehmen stellt die endgültigen und vollständigen Ergebnisse der Studie in Kürze in Berlin vor. Weitere Informationen unter www.dikmu.de.

    • Dauer der Errichtung
      Das englische Gesellschaftsrecht ist gegenüber dem deutschen deutlich einfacher strukturiert, der Gründungsakt verläuft unbürokratischer und dadurch schneller, einfacher und billiger. Ein Vergleich macht dies deutlich: während Unternehmen auf die Errichtung einer GmbH aufgrund der bestehenden Notarbeteiligung und der Eintragungspflichten im besten Fall 2 bis 3 Monate warten, können sie eine Limited im Regelfall in 1 bis 2 Wochen eintragen. Es besteht sogar die Möglichkeit einer “Schnellgründung” in 24 Stunden. Eine Notar ist nicht beteiligt.
    • Steuerliche Vorteile
      Der Betrieb einer Limited in Deutschland hat aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Großbritannien und Deutschland zur Folge, daß Unternehmen ihre Steuern in Deutschland zahlen. Dabei zahlt die Limited wie die GmbH Körperschaftssteuer. Der Körperschaftssteuersatz liegt derzeit bei einheitlich 25 Prozent. Damit ergibt sich eine steuerliche Begünstigung gegenüber Personengesellschaften, bei denen maßgeblich der Einkommensteuersatz der Gesellschafter ist, ab einem Gewinn der Gesellschaft vor Steuern von cira. 50 000 € . Bei mittelständischen Limiteds ist zu bedenken, dass bei der Übertragung von Gesellschaftanteilen an die nächste Generation nicht unerhebliche Freibeträge zum Tragen kommen. Bei juristischen Personen wie der Limited besteht die Möglichkeit, alle 10 Jahre einen Freibetrag von 256 000 € zu nutzen, um das Unternehmen schrittweise – beispielsweise auf Erben – umzuschreiben.
    • Organe der Gesellschaft
      Es besteht auch hier die Notwendigkeit einer Gesellschafterversammlung und einer Geschäftsleitung. Die Gesellschafterversammlung wird als “general meeting” bezeichnet und ist die Versammlung der Anteilseigner der Gesellschaft, die in dieser ihre Rechte ausüben. Allerdings besteht bei der Limited die Möglichkeit, das Abhalten der jährlichen Gesellschafterversammlung auszuschließen. Die Geschäfte der Limited werden geleitet durch den Geschäftsführer, “director” genannt. Wenn mehrere Personen als Geschäftsführer bestellt werden, spricht man von einem “board of directors”, dem Vorstand beziehungsweise der Geschäftsführung.

      Eine Besonderheit besteht in dem Erfordernis eines sogenannten “company secretary”. Diese Position ist vom britischen Gesetzgeber vorgeschrieben; es gibt keine dem deutschen Recht entsprechende Position. Die Aufgabe des company secretary besteht in erster Linie in der Erledigung von Verwaltungsangelegenheiten, wie der Unterzeichnung des Berichts der Direktoren im Jahresabschluß, der Vorbereitung und Unterstützung bei der Anfertigung des “annual return”, der Vervollständigung und Unterzeichnung diverser Formulare des Gesellschaftsregisters, der Erstellung verschiedener gesetzlich vorgeschriebenen Listen sowie der Überwachung der Einhaltung ordnungsgemäßer Verfahren bei der Versammlung der Direktoren und Gesellschafter.

      Der company secretary bedarf keiner besonderen beruflichen Qualifikation. Jedoch sollte derjenige, den man mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben betraut, sich mit den entsprechenden Pflichten nach englischem Recht auskennen, da ein Verstoß gegen diese Pflichten zum Teil erhebliche Sanktionen nach sich zieht. Es ist üblich, hier einen englischen Spezialisten zu bestellen. Dies ist ohne weiteres zu überschaubaren Kosten möglich.

    • Bilanzierungs- und Buchhaltungspflichten
      Der Betrieb einer Limited bringt bestimmte Bilanzierungs- und Buchhaltungspflichten mit sich. Zum einen ist jedes Jahr ein Jahresbericht, der erwähnte “annual return”, beim Gesellschaftsregister einzureichen. Dieser besteht im Wesentlichen aus einer Übersicht der “officers” (company secretary und directors). Zum anderen ist jede Limited verpflichtet, spätestens 22 Monate nach ihrer Gründung, und danach jährlich, den Jahresabschluß (“account”) beim Gesellschaftsregister einzureichen. Dieser besteht regelmäßig aus dem Geschäftsbericht (“annual report”), der Bilanz (“balance sheet”), der Gewinn- und Verlustrechung (“profit and loss account”) sowie aus den Anmerkungen und dem Testat des Wirtschaftsprüfers (“auditor”).

      Anders als in Deutschland hat das Gesellschaftsregister erhebliche Möglichkeiten, die Bilanzierungs- und Buchhaltungspflichten durchzusetzen, und nimmt diese auch wahr. Diese reichen von Strafandrohung und -verfolgung (möglich sind Strafzahlungen bis zu 5 000 Pfund) bis zur zwangsweisen Auflösung der Gesellschaft. Die beim Handelsregister eingereichten Unterlagen sind öffentlich und können gegen eine geringe Gebühr angefordert werden. Die Einsicht in das englische Handelsregister ist ohne weiteres für jedermann – auch über das Internet unter www.companieshouse.gov.uk – teilweise kostenfrei möglich.

    Das sollten Gründer einer englischen Limited beachten
    Gegründet wird die englische Limited durch das Eintragen in das Gesellschaftsregister und das Aushändigen der Gründungsurkunde durch die Registerbehörde. Ab diesem Zeitpunkt ist sie in der Lage, ihre Geschäfte aufzunehmen und Verträge abzuschließen. Die Satzung einer Limited ist in zwei Urkunden enthalten, in einem “Memorandum of Association”, welches die Grundlagen und das Außenverhältnis der Gesellschaft festlegt, sowie in den “Articles of Association”, die das Innenverhältis regeln.

    Des Weiteren bedarf die Gesellschaft eines Firmensitzes in Großbritannien (“registered office”), welcher dem Gesellschaftsregister zu melden ist. Am registered office können wichtige Dokumente sowie Klagen der Gesellschaft wirksam zugestellt werden. Außerdem werden dort wichtige Dokumente der Gesellschaft aufbewahrt, die Dritte dort zum Teil auch eingesehen können. Am registered office sind auch sämtliche Unterlagen der Buchhaltung aufzubewahren. In den Fällen, in denen diese außerhalb Großbritanniens liegen, müssen Unternehmen aktuelle Unterlagen in bestimmten zeitlichen Abständen (in der Regel 6 Monate) nach Großbritannien schicken.

    Kostenvergleich, Betriebsarten und offenstehende Fragen
    Bei der Gründung einer GmbH ist mit Kosten von circa 500 € zu rechnen, zuzüglich den Kosten für das Handelsregister. Die Kosten für die Gründung einer Limited belaufen sich auf circa 100 £. Dazu können je nach Einzelfall weitere Kosten – sowohl bei der Gründung als auch bei laufendem Betrieb – kommen. Diese aufzuführen würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Um alle Möglichkeiten erschöpfend zu bedenken, empfiehlt es sich, bei der Gründung einer Limited die Hilfe von spezialisierten Kanzleien oder Agenturen in Anspruch zu nehmen.

    Das grundsätzliche Bild vom Betrieb einer Limited in Deutschland sieht so aus, dass Unternehmen die Limited in Großbritannien gründen und in Deutschland mit einer selbständigen Zweigniederlassung betreiben. In dieser Form ist die Limited in Deutschland steuerpflichtig. Es gibt jedoch auch andere Möglichkeiten: Unternehmen könnten beispielsweise die Limited in England gründen und auch dort betreiben. In diesem Fall können sie Geschäfte in Deutschland tätigen, nur eben von Großbritannien aus. Mit dieser Konstruktion ist es möglich, die englische Steuerpflicht mit den für Unternehmer günstigeren Steuersätzen zu erreichen.

    Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Limited in Deutschland als „Limited & Co. KG“ zu betreiben. Die Limited übernimmt dabei die Komplementärsfunktion in dieser Gesellschaft. Die eigentlich unbegrenzte Haftung des Komplementärs wird so begrenzt auf das Stammkapital der Komplementär-Limited.

    Nicht alle Fragen, welche die Verwendung einer Limited in Deutschland betreffen, sind abschließend geklärt. Besonders zu erwähnen sind drei spezielle Problembereiche. Zum einen gibt die Eintragung der Limited in das deutsche Handelsregister, zum anderen die Mitgliedschaft in der IHK immer wieder Anlass zu Diskussionen. Insoweit istt die gesetzliche Lage klar: ist eine selbständige Zweigniederlassung der Limited in Deutschland vorhanden, ist diese gem. §§ 13 d und 13 e HGB in das deutsche Handelsregister einzutragen und unterliegt dort allen registerrechtlichen Anforderungen, denen auch deutsche Gesellschaften unterliegen. Es ist jedoch anzumerken, dass das Fehlen der Handelsregistereintragung nicht die Haftungsbeschränkung entfallen lässt. Mit anderen Worten: der Direktor einer Limited haftet nicht persönlich, wenn die Eintragung in das Handelsregister unterbleibt (BGH vom 14.03.2005 II ZR 5/03).

    Hinsichtlich der Mitgliedschaft in der IHK regelt § 2 Abs.1 IHK-Gesetz, dass die Limited, sofern sie eine gewerbliche selbständige Niederlassung in Deutschland betreibt, zur IHK gehört und damit an die örtliche IHK Mitgliedsbeiträge entrichtet. Noch ungeklärte Fragen bestehen hinsichtlich einer insolventen Limited. Grundsätzlich sind für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Gerichte dort zuständig, wo der Schuldner den Mittelpunkt seiner Interessen hat. Bei Gesellschaften und juristischen Personen ist zu vermuten, dass dieser Mittelpunkt der satzungsmäßige Sitz ist. Sollte der Satzungs- und der Verwaltungssitz jedoch auseinander fallen und die Gesellschaft im Gründungsstaat keine Geschäftstätigkeit entfalten, liegt der Mittelpunkt des hauptsächlichen Interesses am Verwaltungssitz. Dies bedeutet für die englische Limited mit Verwaltungssitz in Deutschland, dass deutsches Insolvenzrecht vor einem deutschen Gericht am Ort der Niederlassung Anwendung findet.

    Ausblick
    Das englische Gesellschaftsrecht hat den Ruf, flexibler und einfacher in der Handhabung zu sein als das deutsche Gesellschaftsrecht. Dies macht schon der vergleich der entsprechenden Regelungen deutlich. Das Ende der Rechtsentwicklung scheint jedoch noch nicht erreicht. Mit dem Ziel, das englische Gesellschaftsrecht für das 21. Jahrhundert wettbewerbsfähiger zu machen, ermächtigte „Department of Trade and Industrie“ 1998 eine Expertengruppe mit der Initiative. „Company Law Review“ (CLR), das bestehende englische Gesellschaftsrecht zu überprüfen. Nach Vorlage des Abschlußberichts gab die britische Regierung im Juli 2003 bekannt, das Gesellschaftsrecht umfassend zu reformieren. Die abschließenden Vorschläge zur Gesellschaftsrechtsreform der britischen Regierung – im März 2005 veröffentlicht – werden derzeit beraten.

    Inhalt des CLR ist insbesondere eine Deregulierung für kleinere und mittlere Unternehmen, die regelmäßig die Rechtsform der Limited wählen. Da die Änderungen zum Teil sehr tief greifend sind, aber noch nicht in abschließender Form vorliegen, lässt sich an dieser Stelle lediglich ein Ausblick auf die zu erwartenden Änderungen geben. So wird sich die grundlegende Struktur des Companies Act 1985 ändern. Zurzeit ist das Grundmodell in diesem Gesetz die „public company limited by shares“, welche der deutschen Aktiengesellschaft entspricht. Die Regelungen für die „private company limited by shares“ (die hier besprochene Form der Limited) basieren auch auf diesen Grundregeln und werden lediglich für den Zweck der „private limited“ modifiziert. Diese Regelungsstruktur wird sich ändern: künftig wird die weit häufiger anzutreffende „private limited“ die Grundfigur des englischen Gesellschaftsrechts bilden.

    Weitere Änderungen finden sich in den einzelnen Regelungen. So will die Initiative beispielsweise die Gründung einer englischen Limited noch weiter vereinfachen – statt der Aufspaltung in ein memorandum und articles sollen die Limited-Gründer zukünftig ein einheitliches Dokument der Unternehmensverfassung, „constitution“ genannt, beim Gesellschaftsregister einreichen. Die Regierung will auch die jährliche Hauptversammlung abschaffen, wobei die Gesellschafter jedoch die Möglichkeit haben, sich für das Abhalten einer solchen zu entscheiden („opt-in“).

    In Hinblick auf die Organe der Gesellschaft ist vorgesehen, zum einen die Pflichten der Direktoren, welche bisher lediglich von der Rechtsprechung in Urteilen konkretisiert worden sind, zu kodifizieren und in einem Anhang als „statement of directors´ duties“ zum Companies Act aufzuführen, zum anderen das gesetzliche Erfordernis, einen company secretary zu benennen, abzuschaffen. Die Aufgaben, die dieser in der Gesellschaft wahrzunehmen hat, sollen zwar als Pflichten weiterbestehen, ein eigens dafür bestellter Sekretär muss diese nicht mehr notwendigerweise wahrnehmen.

    Weitere Änderungen betreffen die Kapitalherabsetzung, die bisher ein Gericht genehmigen musste – eine Erklärung der Direktoren soll diese ersetzen, sowie Erleichterungen für kleine und mittelgroße „private limiteds“. Die Regierung will die Schwellenwerte, die Unternehmen einer kleinen oder mittleren „private limited“ zuordnen, künftig erhöhen.

    Fazit
    Nicht umsonst entstehen zahlreiche Unternehmen in Deutschland in der Rechtsform der Limited. Sie ist einfach, schnell, effektiv und kostengünstig zu gründen und damit zweifellos eine interessante Alternative. Insbesondere die Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen erlaubt es, das private Vermögen vor Zugriffen von Gläubigern zu schützen. Dennoch: Auch bei der englischen Limited sind die Details sorgfältig zu beachten, deren Unkenntnis führt zu Bußgeldern und gravierenden Sanktionen. Hier können spezialisierte Kanzleien oder Agenturen kompetent beraten.

    Autoren
    Die Rechtsanwälte Wulf P. Viola und Carsten Lexa, LL.M. arbeiten für die Kanzlei WPV-Rechtsanwälte in Eibelstadt.

    eingestellt am 25. März 2006