1. Schmerz, lass nach: Welches Digitalthema im Marketing bereitet Ihnen aktuell am meisten Kopfzerbrechen?
ANJA URLICHS: Keinen stechenden Kopfschmerz, aber ein sanftes Pochen ab und zu stellt weiterhin die Frage nach der Messbarkeit von Influencer- und anderen Social-Media-Kampagnen dar. Natürlich kann man wunderbar Interaktionen erkennen, verfolgen und messen. Doch oft ist es schwer, den damit verbundenen Businessimpact zu messen, denn es geht nie nur um Awareness allein. Wir wollen hier folgende Frage beantworten: Wie ergibt sich ein sichtbarer Mehrwert in Form von Neukundengewinnung oder Produktnutzung für das Unternehmen, wenn ich Betrag X investiert habe? Hier trifft Marketing auf Business und wir sind dabei, neue Messmethoden dafür zu untersuchen.
2. Buzzword Bingo: Das derzeit überschätzteste Digitalthema im Marketing ist…?
In fast jedem Thema steckt ein Fünkchen an Richtig- und Wichtigkeit. Doch es kommt darauf an, ein gesundes Maß zu finden und nicht direkt auf jeden neuen Trend draufzuspringen. Ich denke, dass ein kompletter Wechsel der Vermarktung ins rein digitale Marketing nicht erfolgsversprechend ist. Reichweite und ein optimaler Mediamix sind entscheidend, ebenso der Fokus auf die Kernzielgruppe und damit die Anpassung der Marketingstrategie. Wo bewegt sich meine Zielgruppe? Was ist ihr Umfeld? Was ist ihr wichtig? Welche Kanäle muss ich deshalb bedienen? Wie interagiere ich bestmöglich mit der Zielgruppe und das dann auch möglichst nachhaltig?
Das war immer so und ist heute umso wichtiger – gerade, weil medial heute viel mehr passiert und sich die Aufmerksamkeitsspanne von uns allen minimiert hat. Es ist schnelllebiger geworden, doch gleichzeitig sehen wir, dass besonders bei der jüngeren Zielgruppe Achtsamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Ehrlichkeit eine große Rolle spielen. Dementsprechend sind neue Trends natürlich super, doch zu Beginn werden sie oft noch weniger genutzt, weswegen Reichweite und Impact noch eher klein sind. Dranbleiben, ausprobieren ist hier wichtig, bevor zu früh entschieden wird, ob das neue Format das richtige oder gegebenenfalls falsche ist.
Unsere Kunden sind kritischer geworden und nicht eindimensional. Für mich passt das altbekannte Thema „Mehr bringt mehr“ nicht unbedingt: Der richtige Mix mit der richtigen Interaktion und Präsenzspanne angepasst an die gewünschte Zielgruppe sind das, was sich immer wieder auszahlt.
3. Butter bei die Fische: In welchem digitalen Marketing-Thema bräuchten Sie dringend mal einen Auffrischungskurs?
In keinem natürlich! Nein, im Ernst: Ich denke wir haben gewisse Vorteile, da unsere Kunden und auch Paypal bereits sehr digital sind. Doch Corona hat uns gezwungen, noch digitaler zu werden. Unsere Nutzer sind ganz besonders aufgeschlossen, wenn es um neue Digital-Trends geht. Deshalb möchten wir ganz vorne mit dabei sein und eben diese digitalen Trends, Tools und Formate kennen und im besten Fall auch erkennen.
Wir wollen „First Mover“ sein und noch näher beim Konsumenten sein, wie eben der „Pal“ – der „Freund an Deiner Seite“. Deshalb informiert Paypal seine Mitarbeiter regelmäßig über die neuesten Digitalentwicklungen und motiviert diese dazu, auch selbst zu recherchieren und auszuprobieren. Selbstverständlich holen wir uns auch Unterstützung von unseren Partneragenturen, die sich darauf spezialisiert haben, digital am Puls der Zeit zu sein – ein großes, gemeinsames Team.
4. Events post Corona: digital und effizient oder physisch und persönlich?
Hier möchte ich der Fragestellung etwas widersprechen: Digital ist längst nicht immer effizient und es muss auch nicht unpersönlich sein. Gerade die aktuelle Situation zeigt, dass Digitalisierung die Menschen nicht anonymisiert oder entfremdet, sondern vielmehr zusammenführen kann, wenn dies sonst nicht möglich wäre. Der intrinsische Bedarf des Menschen sich zu verbinden, ist da – auch wenn das nicht physisch geht. Deshalb bin ich mir sicher, dass nach Corona weiterhin digitale wie physische Events stattfinden werden, sieht man ja auch bereits gerade in Deutschland und es ist spannend zu sehen, welche neuen Formate dabei entstehen.
Wir bei Paypal sagen: „Whilst virtually being apart, we are closer than ever.“ Und das merkt man doch bei allen während der Pandemie: Wir skypen, chatten, zoomen mehr als vorher, denn jetzt geht es nicht um Small Talk, sondern darum, Kontakt miteinander zu halten. Der Austausch miteinander bekommt eine neue und ganz andere Wichtigkeit. Wir sind soziale Wesen, Herdentiere wenn man so will. Sicherlich wird nach Corona wieder ein Ausgleich stattfinden und es werden auch physische Events wieder viel mehr gefragt sein. Ich denke aber, dass wir auch eine Kombination von digital und physisch und damit neue Formate sehen werden. Wir wissen doch alle, wie sehr Vor-Ort-Aktionen mit Menschen Spaß machen und wie gut diese funktionieren. Das wird bleiben.
5. Empfehlung des Hauses: Was ist Ihre digitale Lieblings-Anwendung im Privatleben?
Nicht wundern: Natürlich die Paypal-App für digitales „Person-to-Person“-Bezahlen, damit kann ich auch per QR-Code beim Restaurant um die Ecke bezahlen, das ist aktuell natürlich superpraktisch.
Für das „cozy feeling“ daheim: die „Hue Smart Home“-App! Damit kann man sich bequem per Handy gemütliches Licht in jedem Raum zaubern. Ist zwar nicht neu, aber für mich ein Essential.
Eine weitere App, die mein Leben erleichtert, ist „Journi“. Damit können ganz einfach Handy-Fotos bearbeitet und in Foto-Bücher übertragen werden.
Ganz aktuell habe ich zudem „Fever“ runtergeladen, um langsam mal wieder rauszukommen und dem Trott zu entfliehen. Mit der App erfährt man, was gerade so in der Gegend spannendes los ist – gerade auch an neuen Event-Formaten – man kann dann auch direkt das Event oder Ähnliches buchen.
Und schließlich, für digitalen Fun mit meiner Tochter, hier meine Top-Apps zur Bespaßung: „Pou“ (eine Art digitales Haustier), „Monument Valley“ (surreales und schönes Geometriespiel) und „Bouncemasters“ (kurzweilig und lustig). Außerdem machen uns Piano-Apps und der „Sticker Maker“ sehr viel Freude.
Vita: Anja Urlichs
Anja Urlichs arbeitet bereits seit 2003 in unterschiedlichen Funktionen im Marketing von Paypal. 2014 wurde sie Director Marketing für die DACH-Region des Bezahldienstes, inzwischen ist sie Marketingchefin von Paypal Europe. Zuvor hatte sie unter anderem als Strategy Consultant für Arthur D. Little und als Business Development Manager für Paybox.net gearbeitet.