„Unser Ansatz ist nicht mehr, wie mache ich Druckmaschinen besser, sondern wie mache ich unsere Kunden erfolgreicher“, so Thomas Göcke. Er leitet das Marketing der Dresdner KBA-Sheetfed Solutions, eine B2B-Einheit. Bei einem Roundtable-Gespräch des IT-Dienstleisters Salesforce in München beleuchteten er und andere Experten kundenzentrierte Unternehmensstrategien. Die eigentliche Nachricht war dabei nicht, dass es eine gute Idee ist, den Kunden in den Mittelpunkt des Geschäfts zu stellen, sondern dass die digitale Unterstützung dafür immer besser wird.
Vernetzte Maschinen
Die Technik von Druckmaschinen beispielsweise gilt als weitgehend ausgereift, und preislich kann ein deutscher Hersteller die Konkurrenz aus Asien kaum unterbieten. KBA profiliert sich anders, etwa durch vorbeugende Wartung: Die Maschinen sind vernetzt und melden selbst, wenn sich ein Problem abzeichnet – das Internet der Dinge in Aktion. Wenn Maschinen seltener ausfallen und Druckereien die größere Zuverlässigkeit als Wettbewerbsvorteil an ihre eigenen Kunden weitergeben können. Ein klassischer B2B-Ansatz. KBA hat auch seine Mitarbeiter besser vernetzt: Die Kundenberichte des Außendiensts, live ins Smartphone gesprochen, sind jederzeit von den Servicetechnikern abrufbar. Was zählt, ist die Sicht des Kunden. „Wir denken von außen nach innen, nicht umgekehrt“, sagt Göcke.
Das ist wohl auch nötig, denn die Ansprüche der Kunden werden immer größer – weltweit. Das steigende Bedürfnis nach Individualität sei ein Mega-Trend, erklärt Hans-Peter Erb, Sozialpsychologe und Professor an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Geo-Targeting sei Dank
Selbst für Mittelständler liegen darin aber Chancen. Seit November können Kunden des „Norderney Zimmerservice“, der auf der Nordseeinsel rund 1500 Betten betreut, ihre Zimmer garantiert ohne Wartezeit beziehen. Vorausgesetzt, sie laden eine App auf ihr Smartphone. Dank Geo-Targeting weiß der Zimmerservice dann genau, wann die Gäste eintreffen. Die kriegen außerdem Infos zur Verkehrslage und zum Fährbetrieb, und während des Urlaubs individuelle Ausflugstipps, je nachdem, ob es sich bei den Gästen um Paare in den Flitterwochen, Familien mit Kindern oder Senioren handelt. Laut Geschäftsführer Hans Vollmer lädt mehr als die Hälfte der Kunden die App herunter, Sorge um den Schutz der Privatsphäre gibt es offenbar kaum. „Im Tourismus geben die Leute gerne ihre Daten weiter, wenn sie dadurch einen echten Mehrwert haben“, ist Vollmers Erfahrung. Und der Aufwand für sein Unternehmen? Halte sich in Grenzen, da sich durch die Zusatzinformationen die Zimmer effizienter bewirtschaften ließen. Auch Akzeptanz-Probleme bei den Mitarbeitern, wiewohl erwartet, habe es kaum gegeben – „die meisten sind mit digitaler Technik aufgewachsen“. Vor allem aber setzt sich die regionale Firma mit dem Service von der nahezu übermächtigen Konkurrenz von Plattformen wie AirBnB ab. Vollmer: „Das ist unsere einzige Chance.“
Kundenzentrierung genau messen
Kundenzentrierung sei kein Marketing-Thema mehr, sondern „die ultimative strategische Antwort“ auf den technologischen Fortschritt, der die Machtbalance zwischen Unternehmen und Kunden verändert habe, findet Andreas Brandenberg, Leiter des Instituts für Kommunikation und Marketing an der Hochschule Luzern. „Die Kunden waren noch nie so stark“ – vor allem weil die Preise so transparent sind. Der Big-Data-Experte arbeitet an einer Kriterienliste, mit deren Hilfe Unternehmen ihre Kundenzentrierung messen können – etwa wie isoliert Mitarbeiter vom Kunden sind und wie ausgeprägt das Silodenken ist. „Kundenzentrierung ist eine Organisationsleistung“, sagt Brandenberg. Und sie ist, wie Salesforce-Manager Bernd Wagner betont, nicht optional. „Was man selbst nicht macht, macht ein anderer.“