„Der weitere Ausbau des Service-Bereichs gehört zu unserer strategischen Ausrichtung“, konstatiert Hans Friedrich Kähny, Bereichsleiter Vertrieb beim Maschinenbauer Rietschle Thomas Schopfheim GmbH. Damit liegt der Schopfheimer Vertriebsmanager des Weltmarktführers für Vakuumpumpen und Kompressoren voll im Trend, denn für viele Unternehmen entpuppt sich der Service zunehmend als ein bedeutender Gewinnbringer. Während die Margen im Produktgeschäft eher mager ausfallen, erweist sich der Service-Bereich als hoch profitabel. So halten 63 Prozent der Unternehmen laut der gemeinsamen Studie „Service Trends 2005“ von absatzwirtschaft und Impuls Management Consulting ihren Service für deutlich profitabler als das Produktgeschäft. Mit Netto-Renditen von bis zu 40 Prozent subventioniert der After-Sales-Service häufig das Produktgeschäft.
Deshalb heißt auch das wichtigste Thema im Vertrieb der nächsten Jahre Ausbau der Service-Kompetenz. Die großen Gewinne aus dem Service-Geschäft kommen jedoch nicht über Nacht. „Der Ausbau des Service-Bereichs allein oder mit einem Partner zusammen ist ein langer, mühsamer Weg“, mahnt Wolfgang Wenzel, Bereichsleiter Marketing/Export beim Mess- und Regeltechnikhersteller Jumo GmbH & Co. KG.
Der Kunde treibt die Margen
Ein florierendes Service-Geschäft baut zudem auf langfristigeren Kundenbeziehungen auf. Statt der Jagd auf den Kunden gewinnt ihre Hege und Pflege damit an Bedeutung. Der Heger und Pfleger wird aber nicht den Jäger vollends ablösen. „Wir geben nicht die Jagd auf, aber wir haben etwas dagegen nur zu jagen“, differenziert Kähny. Im Zuge dieser Hinwendung zu mehr dauerhaften Kundenbeziehungen gewinnen auch die Themen Key-Account-Management und Customer Relationship Management für die Vertriebsmanager größere Bedeutung.
Der angenehme Nebeneffekt dieses Wandels: Die Kundenprofitabilität, das insgesamt zweitwichtigste Thema für die Vertriebsmanager, steigt. Und was man zukünftig verdient, möchte man nicht so schnell wieder verlieren. Deshalb ist den Befragten das Vertriebscontrolling genau so wichtig wie die Kundenprofitibalität. Ein ausgefeiltes Vertriebscontrolling hilft zudem Fehlentwicklungen frühzeitig zu erkennen und zu beheben.
Insgesamt gesehen lässt sich eine stärkere Fokussierung auf den Kunden erkennen, denn die Unternehmen haben den Kunden als Treiber ihrer Margen erkannt.
Mehr Transparenz schaffen
Im Vertriebsalltag zeichnet sich jedoch ab, dass die Unternehmen noch erhebliche Hürden auf dem Weg zu mehr Profitabilität nehmen müssen. Denn wie schon die Vertriebsumfrage des Vorjahres zeigte, fehlt den Unternehmen eine durchgängige Synchronisation von Unternehmens- und Vertriebsstrategie sowie eine offensive Kommunikation der Strategie zu den Mitarbeitern. Wie sollen Vertriebsmitarbeiter eine Strategie umsetzen, wenn sie diese kaum kennen? Was nutzt es, wenn in der Ausrichtung der Unternehmens- und Marketingstrategie die Service-Orientierung angestrebt wird, diese Strategie aber weder kommuniziert noch in entsprechende Vertriebsziele umgesetzt wird? So verfügen zwar zwei von drei Unternehmen über eine vollständige Verbindung von Unternehmensstrategie und Vertriebs-/Marketingstrategie, aber nur bei vier von zehn Unternehmen ist diese auch transparent.
Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung der Service-Strategie als auch dem erreichen von höherer Kundenprofitabilität wäre eine Orientierung an den Potenzialen, die durch eine Segmentierung nach Produkten, Kunden oder Märkten realisiert würde. Doch hier zeigen sich noch Defizite, orientieren sich die befragten Unternehmen immer noch an klassischen operativen Größen wie Umsatzwachstum und Deckungsbeitrag. Produkt-Service-Kombinationen, also der Bereich, wo zukünftig die Profite herkommen sollen, spielen dagegen in den Aussagen zur Vertriebs-/Marketing-Strategie noch keine tragende Rolle. Erst ein Drittel der Unternehmen formuliert zu diesem Punkt Aussagen in ihren Strategien.
Dass der Wandel zur Kundenorientierung noch im Gange ist, bestätigen auch die Zielgrößen, die für die Vertriebssteuerung von Bedeutung sind. Aktuell dominiert mit 100 Prozent immer noch der Umsatz, erst an zweiter Stelle kommt der zufriedene Kunde. Zukünftig gewinnen jedoch die Zielgrößen Produktportfolio (69 Prozent) und Deckungsbeitrag (62 Prozent) die Oberhand. Viele Unternehmen üben sich jedoch noch im Blindflug, weil beispielsweise die entscheidende Information fehlt, wie viel es mit einem Kunden verdient. Wolfgang Wenzel weiß heute genau, welchen Deckungsbeitrag welcher Kunde liefert. „Es gab schon einige Überraschungen bei dem einen oder anderen Kunden als wir die Deckungsbeitragsrechnung einführten“, berichtet Wenzel. Heute weiß der Marketing-Manager, wo die Stärken und Schwächen in der Preisverhandlung liegen. In einzelnen Fällen führten diese Erkenntnisse auch zu einem Umdenken in der Kundenbetreuung. Aber nicht immer sollte das reine Deckungsbeitragsdenken durchschlagen. „Die Wertigkeit des Kunden muss auch politisch gesehen werden“, mahnt Wenzel. Beispielsweise kann es unter Referenzaspekten durchaus sinnvoll sein, auch einen geringeren Deckungsbeitrag bei einem Kunden in Kauf zu nehmen.
Die zunehmende Bedeutung des Produktportfolio signalisiert, dass die Unternehmen bereit sind, sich breiter aufzustellen, um so über das Portfolio auch den Deckungsbeitrag besser beeinflussen zu können. Das bedeutet gleichzeitig, dass der Trend auch in Richtung Lösungsverkauf geht. Damit streben die Unternehmen neben dem Service ein weiteres margenträchtiges Betätigungsfeld an.
Den Innendienst als Vertriebskanal nutzen
Voraussetzung für ein erfolgreiches Agieren am Markt ist ein konsequentes Zielmanagement. Dieses basiert auf einer richtigen und ausgewogenen Setzung der Ziele für die Mitarbeiter in den verschiedenen Bereichen. Ein bewährtes Instrument zur Erfüllung und Umsetzung der Unternehmensstrategie stellt die Balanced Scorecard dar. Sie „balanciert“ die wirtschaftliche, kundenbezogene, interne Prozess- sowie Lern- und Entwicklungsdimension gegeneinander aus. Die aktuelle Hierarchie der Zielgrößen findet sich bei der Steuerung der Vertriebsfunktionen in der Gewichtung der Zielgrößen wieder. Während beim Vertriebsleiter naturgemäß die finanziellen Ziele (39 Prozent) dominieren (Kundenziele 28 Prozent), gewinnen mit zunehmender Marktnähe der Funktionen die Kundenziele an Bedeutung.
Nicht optimal ausgerichtet zu sein scheint der Innendienst. Bei ihm dominieren immer noch die Prozessziele mit 38 Prozent der Nennungen. Dabei könnte man davon ausgehen, dass die Unternehmen mittlerweile ihre Prozesse beherrschen und die Koordination von Außendienst und Innendienst schon längst optimiert haben. Doch im heutigen Vertriebsalltag dominiert die Administration immer noch den Innendienst. Sowohl die Unterstützung für den Außendienst als auch eine Weiterentwicklung des Vertriebs zu einem eigenständigen Vertriebskanal, der die Entwicklung der B- und C-Kunden übernimmt, scheinen noch nicht weiter vorangekommen zu sein.
Übertrieben bürokratische Organisationen hindern den Vertrieb daran, den Kundenanforderungen nach Flexibilität, Schnelligkeit und Kundenähe entgegen zu kommen. In der Entbürokratisierung steckt noch ein großes Effizienzpotenzial für die Unternehmen.
Weitere Steigerungen der Effizienz ließen sich noch durch ein besseres Schnittstellenmanagement zwischen Front- und Back-Office realisieren, die meistens auf unterschiedlichen Kanälen mit den Kunden kommunizieren. Vor allem web-basierte Tools ermöglichen ein team-orientiertes Arbeiten und damit einen funktionierenden Kundenkontakt. Damit verringert sich auch der administrative Aufwand für den Vertriebsmitarbeiter, der mehr Zeit für den Kunden gewinnt. Eine solche Neuausrichtung führt nach Erfahrung von Mercer Human Resource Consulting zu einer Effizienzsteigerung von bis zu 30 Prozent je nach Ausgangslage des Unternehmens.
Das Management macht den Unterschied
Die Verdienstchancen im Vertrieb sind nach wie vor ganz ausgezeichnet – und motivieren herausfordernde Ziele zu erreichen. So liegen die durchschnittlich gezahlten variablen Vergütungen über alle Vertriebsfunktionen hinweg über der möglichen variablen Vergütung bei hundert Prozent Zielerfüllung. Dies korrespondiert mit der überwiegend im vergangenen Jahr erzielten Umsatzsteigerung der Unternehmen.
Doch die besten Strategien und Pläne helfen dem Umsatz nicht auf die Sprünge, wenn die Umsetzung nicht funktioniert. Strategien lassen sich leicht auf dem Papier entwerfen. Doch was Gewinner und Verlierer im Markt in aller Regel unterscheidet, ist die Qualität der Umsetzung der Strategien.
Damit kommt dem Faktor Mensch eine entscheidende Rolle zu. Ein Faktum, dass die Unternehmen erkannt haben, denn den Themen Qualifizierung von Vertriebsmitarbeitern sowie des Vertriebsmanagements und Mitarbeiterführung wird eine extrem hohe Priorität eingeräumt. Vielleicht signalisiert die hohe Bewertung des menschlichen Faktors auch nur einen hohen Nachholbedarf. „In vielen Unternehmen ist die Qualifizierung der Mitarbeiter im Zuge der Kostenoptimierungen in den Hintergrund geraten“, macht Vertriebsleiter Kähny die Ursache für die Vernachlässigung des Faktors Mensch in der Vergangenheit aus.
Der Druck zu einer höheren Professionalisierung des Vertriebs kommt aber auch von der Kundenseite. Denn die Kunden sowohl im Investitionsgüter- als auch im Konsumgüterbereich werden kritischer und souveräner. Bei zunehmender funktionaler Vergleichbarkeit der Produkte stellen sie immer häufiger die Frage nach dem Mehrwert, den sie beim Kauf erhalten. Die Antwort kann nur ein qualifizierter Vertrieb liefern.
Erkannt haben die Unternehmen die Bedeutung der Führung für den Erfolg des Unternehmens. Denn wie effektiv ein Unternehmen am Markt agiert, entscheidet letztlich die Qualität der Führung. Die Führungskräfte sind der zentrale Ausgangspunkt für notwendige Veränderungen und Verbesserungen.
Den Unterschied zwischen erfolgreichen und weniger erfolgreichen Unternehmen machen Manager aus, die es schaffen, ihren Mitarbeitern zu vermitteln, was von ihnen erwartet wird und die mit ihnen gemeinsam Aktivitäten für die Erreichung dieser Erwartungen und Ziele entwickeln. Die Notwendigkeit, dass es hierzu einer höheren Qualifikation des Managements bedarf scheint erkannt.
Der Mitarbeiter, ein wertvolles Gut
Aber gute Manager brauchen auch gute Mitarbeiter. Deshalb wollen die Befragten zukünftig wieder stärker in die Qualifizierung ihrer Mitarbeiter investieren, um ihre Stärken weiter auszubauen. Die Qualifizierung der Mitarbeiter beginnt dabei für Marketing-Leiter Wenzel schon bei der Einstellung. „In dieser Phase ist schon das technische Verständnis oder die Wertschätzung des Kunden zu prüfen“, nennt Wenzel zwei Prüfsteine. Damit trägt der Fuldaer aktuellen Forschungserkenntnissen Rechnung, dass sich wiederkehrende Verhaltens- und Denkmuster von Menschen nur schwer ändern. Der Versuch, eventuelle Schwächen oder fehlende Kompetenzen auszugleichen endet zumeist in Demotivation. Deshalb ist es entscheidend für ein erfolgreiches Unternehmen erstens die Vertriebsmitarbeiter mit den für das jeweilige Kundensegment richtigen Fähigkeiten und Verhaltensweisen zu rekrutieren und zweitens, die Stärken der Mitarbeiter aufzudecken und zu fördern. Über diese Vorgehensweise lassen sich außergewöhnliche Leistungen generieren.
Gesamtvergütungssystem motiviert zusätzlich
Dass der Weg dahin durchaus mühselig ist, zeigt der Vertriebsalltag. Von den befragten Unternehmen verfügt lediglich ein Drittel über einheitliche Funktionsprofile, die zur Auswahl, Beurteilung und Entwicklung der Mitarbeiter herangezogen werden. Ein weiteres Drittel macht dies nur fallweise. Weniger gut steht es um das ernsthafte Bemühen, die angestrebte Qualitätssteigerung der Organisation zu erreichen. Lediglich 30 Prozent der Befragten gehen dies systematisch an, indem sie Entwicklungspläne zum Ausbau der Stärken mit ihren Mitarbeiter vereinbaren. Jedes zweite Unternehmen macht dies nur gelegentlich. Nur wenn motivierte und engagierte Mitarbeiter Voraussetzung für zufriedene Kunden sind, haben die Unternehmen noch einen weiten Weg vor sich, um dieses Ziel auch tatsächlich zu erreichen.
Große Effizienz- und Motivationspotenziale schlummern noch in einem ganzheitlichen Entlohnungssystem. Ein solches Gesamtvergütungssystem kombiniert Vergütungs-, Nebenleistungs- und Karriereelemente. Der Vorteil für die Unternehmen: Mit diesem ganzheitlichen Ansatz kommunizieren sie alle Vergütungselemente. Vertriebsmitarbeiter sehen so nicht nur die Barvergütungs- sondern zum Beispiel Karriereoptionen, die besonders für Top-Performer von Bedeutung sind. Mit diesem Gesamtvergütungssystem realisieren Unternehmen trotz Kostendruck eine zusätzliche Mitarbeitermotivation.
Und hier können Sie die detaillierten Ergebnisse der absatzwirtschaft-Mercer-Vertriebsumfrage herunterladen.
Autor:Bernd Thomaszik ist Geschäftsbereichsleiter von Mercer Human Resource Consulting in Frankfurt.